adam qadmon

Hebräische Bezeichnung »des ersten oder des vollkommenen Menschen«, den eine »lange, auf wahrster Selbstempfindung des Menschen beruhende« und in die »Religionen, Prophetien und [...] Erkenntnislehren des Ostens, in Avesta, Islam, Manichäertum, Gnosis und Hellenistik« eingegangene »Denküberlieferung« als das »Urbild« des Menschen beschreibt (IV, 39). In ihm glaubt der Erzähler auf seiner Gedankenreise durch die ›Dünenkulissen‹ der Urgeschichte zu den Anfängen der Menschheit »das letzte ›Zurück‹« (IV, 42), den äußersten, noch hinter den biblischen Adam zurückreichenden Uranfang erreicht zu haben.

Dieser Urmensch, so berichtet die Überlieferung, ist »zu fassen als ein Jünglingswesen aus reinem Licht, geschaffen vor Weltbeginn als Urbild und Inbegriff der Menschheit, an welches sich wandelbare, doch im Entscheidenden übereinstimmende Lehren und Berichte knüpfen« (IV, 39).

Diesen Berichten zufolge war der Lichtmensch der »erkorene Streiter Gottes im Kampfe gegen das in die junge Schöpfung eindringende Böse gewesen«, habe sich dabei aber, von »Dämonen gefesselt«, in die materielle Welt verstrickt oder sich, was dasselbe besagt, auf eine ›Affäre‹ mit der Materie eingelassen, aus der er von einem »zweiten Abgesandten« Gottes habe befreit werden müssen. Dabei habe er »Teile seines Lichtes« zurückgelassen, die dann »zur Bildung der materiellen Welt und der Erdenmenschen mitbenutzt« worden seien. (IV, 39).

Nach einer zweiten, leicht abgewandelten Variante (die dem Erzähler noch mehr zusagt), geschah die Verstrickung des Lichtmenschen in die Materie nicht im Zusammenhang mit einem göttlichen Auftrag und wider Willen, sondern sei eine freiwillige »Sehnsuchtstat« des »Gotteskindes« gewesen, das »niederschauend sein Spiegelbild in der Materie erblickt« und es »liebgewonnen« habe und »so in die Bande der niederen Natur geraten« sei (IV, 39 f.). Daraus erkläre sich nach Auskunft der Überlieferung »die Doppelnatur des Menschen, welche die Merkmale göttlicher Herkunft und wesentlicher Freiheit mit schwerer Verfesselung in die niedere Welt unentwirrbar vereinige« (IV, 40).

Aus diesem »narzisstischen Bilde voll tragischer Anmut« gewinnt der Erzähler den Schlüssel zur Allegorese der überlieferten Geschichte: Der »vor Weltbeginn« geschaffene Lichtmensch ist eine Allegorie der Seele, der »Urmenschenseele«, der zweite Abgesandte, der zu seiner Rettung geschickt wird, eine Allegorie des Geistes, und die ganze Geschichte nichts anderes als die allegorische Fassung des ›Romans der Seele‹, der dann im weiteren kurz und bündig erzählt wird (IV, 40-44). 

TM stützt sich hier ganz auf Schaeder, der aus diversen persischen (v.a. zoroastrischen und manichäischen) Quellen berichtet (Großes Bundahischn, Avesta u.a.). Der Aufsatz, aus dem TM teilweise wörtlich abgeschrieben hat, ist online verfügbar in der Digitalen Bibliothek der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt in Halle.

Letzte Änderung: 17.08.2013  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeilZurück