Der kleine Herr Friedemann (1897)
Friedemann, Familie
Die Familie Friedemann gehört zu den »ersten Kreisen« der Hansestadt. Konsul Friedemann starb vor der Geburt des Sohnes Johannes (siehe Friedemann, Johannes). Die drei älteren Töchter, Friederike, Henriette und Pfiffi, sind »ziemlich häßlich« (89) und nicht reich genug, um trotzdem zu heiraten (wie die Töchter von Gotthold Buddenbrook, mit denen sie auch ihre Namen und ihr Äußeres teilen). Die Mutter stirbt, als der Sohn 21 Jahre alt ist.
Friedemann, Johannes
»Die Amme hatte die Schuld« (87) – sie war betrunken und ließ den vier Wochen alten Johannes vom Wickeltisch fallen, so dass er als Buckliger heranwuchs. Der Kopf sitzt ihm zwischen den Schultern, aber er hat ein beinahe schönes Gesicht mit rehbraunen Augen und feine Haare (89).
Mit sechzehn empfindet er eine Neigung zu einem Mädchen, als er es aber mit einem andern sieht, verzichtet er bewusst auf »dies alles«. »Es ist für mich abgethan« (91). Der ›kleine Herr Friedemann‹ wird Kaufmann, zunächst in einer Holzhandlung, dann macht er sich mit einer Agentur selbstständig. Er führt ein ruhiges, harmonisches Leben im Elternhaus mit den Schwestern und genießt als Kenner Literatur, Musik und Theater.
Als er aber dreißig geworden ist, verliebt er sich rettungslos in die junge Frau des neuen Bezirkskommandanten, Gerda von Rinnlingen. Einem Höflichkeitsbesuch, den das Paar bei Friedemanns macht, weicht er aus, doch dann sitzt Gerda von Rinnlingen in einer »Lohengrin«-Aufführung neben ihm.
Trotz seiner Verzweiflung über das, was ihm geschieht, macht er einen Besuch bei ihr. Er weiß, dass »es« ihn zugrunde richtet (112). Aber er geht doch zu einer Einladung der Rinnlingens eine Woche später. – Nach dem Essen bittet die Gastgeberin ihn, sie in den Garten zu begleiten. Auf einer Bank am Fluss sitzend fragt sie ihn sanft nach seinem Leiden und nach dem Glück, das ihm fehlt, und scheint ihn zu verstehen. Auf den Knien gesteht er ihr seine Liebe, doch sie schleudert ihn heftig fort und geht. Und der kleine Herr Friedemann lässt sich in den Fluss fallen.
Hagenström, Frau
»Frau Rechtsanwalt« Hagenström urteilt kritisch über die neu in die Stadt gezogene Frau von Rinnlingen, sie findet sie kalt und nicht »weiblich« genug (95).
Rinnlingen, Gerda von
Gattin des Bezirkskommandanten, Oberstleutnant von Rinnlingen, der neu in die Heimatstadt Johannes Friedemanns kommt. Der aufwendige Lebensstil des kinderlosen Paares erregt Aufsehen. Gerda von Rinnlingen ist 24 Jahre alt, ihr Mann in den Vierzigern; sie hat rote Haare, ein mattweißes Gesicht und eng beieinanderstehende Augen mit bläulichen Schatten (97 – ähnlich wie Gabriele Klöterjahn und Gerda Buddenbrook).
Der kleine verwachsene Johannes Friedemann sieht sie einmal vorüberfahren und liebt sie seitdem, obgleich er sich dagegen zuwehren versucht. In der Loge des Theaters sitzen sie bei einer »Lohengrin«-Aufführung nebeneinander.
Er macht einen Besuch bei den Rinnlingens, Gerda von Rinnlingen gibt sich wechselnd einfühlend und »unerbittlich« kalt. Friedemann wird zu einer Gesellschaft eingeladen, Gerda fordert ihn auf, mit ihr in den Garten zu kommen. Wieder spricht sie verständnisvoll mit ihm – bis er ihr seine Liebe gesteht und sie ihn von sich schleudert. Er lässt sich in den Fluss sinken.
Stephens, Herr
Großkaufmann in der Heimatstadt der Friedemanns, groß und vierschrötig geht er neben dem verwachsenen kleinen Herrn Friedemann, als sie Frau von Rinnlingen vorüberfahren sehen (96).