Schlegel, Johnny

Landwirt im Jerichower Winkel. Vater von Inge Schlegel, Freund von Heinrich Cresspahl. Gründet nach dem Krieg auf seinem 150 ha-Hof mit Flüchtlingen eine landwirtschaftliche »Kommune«, die von den DDR-Behörden zerschlagen wird. 1953 wird er angeklagt und zu fünfzehn Jahren Zuchthaus verurteilt.

1269-1271 Im Sommer 1946 schickt Jakob Abs Gesine und Hanna Ohlerich auf den Schlegel-Hof zur Ernte. – Beschreibung des Hofes (1270 f.) und der Gründung der »Kommune« mit den Flüchtlingen: »Johnny Schlegel hatte dem Hof eine Verfassung gegeben, die Neuankömmlinge waren am Ertrag beteiligt, nach den mitgebrachten Pferden wie der geleisteten Arbeit, so wie er das nach Büchern über Gutsaufsiedlung angefangen hatte, bis die nationalsozialistischen Deutschen es verboten.« 

1271-1272 Johnny Schlegel aus der Sicht der beiden Mädchen: Sie »erwischten den Eindruck eines alten Herrn (er war achtundfünfzig), der sein Lebtag draußen gearbeitet hatte, einarmig, lächerlich lang gewachsen (er war abends einen Meter zweiundneunzig groß), turmschädelig, kahl (ihm saß noch lange ein kleines Beet krülliger blonder Haare auf der Schädelspitze), ein studierter Mensch, weil er manchmal eine märchenhaft kleine Brille aus ovalen Scheiben vor die Augen tat. Während die übrige Gesellschaft harmlos gleichberechtigt hin und her redete über den Tisch [...], schwieg Herr Dr. Schlegel, finster rechnend sah er aus, und die Mädchen [...] fürchteten sich vor ihm.«

1273 Sowjetische Offiziere von Gut Beckhorst, die abends gelegentlich zu Besuch kommen, haben offenbar geholfen, Johnnys Hof vor der Enteignung zu bewahren.

1274 Die Mitglieder der »Kommune« sind neben Johnny Schlegel, seiner Frau und seiner Tochter Inge: Herr Sünderhauf, Frau Sünderhauf, Frau von Alvensleben, Herr Leutnant, Frau Lakenmacher, Frau Schurig, Frau Bliemeister, Frau Winse, Anne-Dörte, Jesus, Axel Ohr, Huhn und Häuneken, Inglischminsch, Epi »und dann noch die Kinder unter dreizehn«, später kommt noch Frau Sünderhaufs Bruder dazu (vgl. 1841).

1275 Johnny erntet im Sommer 1946 mehr als vierzig Doppelzentner Weizen, die er an das Sowjetgut Beckhorst liefert; »nun standen die Herren ihm hübsch in der Kreide mit Bindegarn, Rohöl und Leumund«.

1276 Den Rest der Ernte zerstört ein unwetterartiger Regen am 27. August 1946.

1403 Johnny liefert im Ziegeleiweg zwei Sack Weizen an als Lohn für Gesines und Hanna Ohlerichs Erntearbeit.

1510-1516 Im Mai 1948 kommt der aus Fünfeichen entlassene Cresspahl auf Johnnys Hof und badet einen ganzen Tag lang in einem Wassertrog in Johnnys Blumengarten. Inge Schlegel bringt immer neue Eimer mit heißem Wasser, und Axel Ohr muss Cresspahls verlauste Kleidung hinter der Scheune verbrennen. Johnny Schlegel sitzt größtenteils schweigend neben dem Wassertrog. »Da Johnny nicht weniger aufgeregt war als sein Gast, hatte er seine liebe Not mit dem Schweigen.« Er brennt darauf, Cresspahl alle Ereignisse der zurückliegenden Jahre zu erzählen, aber Cresspahl schweigt und stellt keine Fragen. Johnny macht sich Luft, indem er Axel Ohr anbrüllt. Schließlich erzählt er ungefragt und macht mit Cresspahl »einen Schnellkurs in den Sachen, die der seit dem Herbst 1945 verpaßt hatte«, und liest ihm aus seinem Tagebuch vor, das er sich »für gutes Rapsöl bei Richard Maass« hatte anfertigen lassen. Mittags schickt er Axel Ohr zum Bahnhof Jerichow, um Gesine abzuholen, am Abend lässt er beide im Gummiwagen nach Hause bringen.

Johnnys »Förderer« vom Gut Beckhorst (vgl. 1273) sind inzwischen abkommandiert. Seitdem hat er häufiger Kontrollen von den »Volkskontrollausschüssen« auf dem Hof, und dem Gneezer Staatsanwalt ist die betriebliche Organisation des Schlegel-Hofes »ein Dorn im Auge«.

Johnnys Tagebuch »lag fünf Jahre später zu schlecht versteckt, und da er es frecher Weise für einen Roman ausgab, kam er erst 1957 wieder frei« (vgl. 1842-1843).

1550-1554 Im Juli 1948 ist Gesine Cresspahl erneut als Erntehelferin auf Johnny Schlegels Hof. – Johnny Schlegel beobachtet mit ihr die Sprengung des Flugplatzes Jerichow Nord von einer Anhöhe hinter dem Gräfinnenwald aus. – Das nahegelegene Kinderheim hatte Johnny Schlegel früher unterstützt mit Schrot und Fleisch, aber dann hatte die neue Leiterin »Anstoß genommen an einer ›gottesfeindlichen‹ Bemerkung Johnnys, da war er selber böse. So war Johnny auch; wenn Einer ihn dumm anredete, vergaß er den, und mochte das Kindern schaden.«

1840-1844 Über das Ende seiner »Kommune«: Die DDR-Behörden befördern den Ruin des Hofes, indem sie alle Mitglieder der Kommune einzeln als »Mittelbauern« veranlagen, so dass sie »ein Vielfaches« abliefern müssen »von dem, was den Siedlern, den Kleinbauern, auferlegt war«. Dennoch steht der Hof noch 1952 gut da. Bei der Prüfung seiner Bücher wird festgestellt, dass er ein den Maltzahns abgekauftes Stück Land bis 1950 abbezahlt hatte durch Überweisungen »über Westberlin auf deren Auslandskonto in Schleswig-Holstein. Privater Devisenverkehr.« Er wird im Februar 1953 verhaftet, kurz danach auch Otto Sünderhauf, Frau Bliemeister und Frau Lakenmacher. Johnny bekommt 15 Jahre Zuchthaus, die anderen Angeklagten »von acht bis zwölf. Einzug des Vermögens. Im April stand Johnnys Genossenschaft ausgeräumt. Die Mitglieder waren mit allen Kindern in die Flüchtlingslager von Westberlin abgehauen.«

Johnnys Tochter Inge versucht, den Hof noch weiterzuführen und für den wegen Schmuggels verhafteten und zu 5 Jahren verurteilten Axel Ohr zu sorgen. Nachdem das letzte Pferd auf dem Hof, Jakobs Fuchs, getötet wird, verlässt auch sie den Hof.

Vgl. auch 1277. 1402. 1437. 1522. 1537. 1678. 1848. 1855. 1863.