Kretzschmar, Wendell

Der junge Mann von Ende 20, untersetzt, rundschädlig, mit braunen, gern lachenden Augen, stammt aus Pennsylvania und tut sich nun als Musiker in der Heimat seiner Vorfahren um. Er ist zu Leverkühns Schülerzeit Organist in Kaisersaschern, gibt dem 14-18jährigen Adrian Klavierunterricht und hält begeisterte Vorträge über Musik, wobei ihn allerdings sein heftiges Stottern behindert (VIII). Er kontrastiert Beethovens Außer-sich-Sein beim Komponieren der Missa Solemnis mit Johann Conrad Beißel, der im 18. Jahrhundert in einer pennsylvanischen Wiedertäufer-Gemeinde rationale Kompositions-Schemata für jedermann lehrte. (Zur musikalischen Gelehrsamkeit vgl. Adorno/Mann).

Kretzschmar wird an das Konservatorium in Leipzig berufen und versucht, seinen Schüler zum Wechsel nach dort zu bewegen (XV, 188). Die Musik brauche ihn als Komponisten, als Neuerer. Adrian folgt ihm tatsächlich und arbeitet viereinhalb Jahre in Leipzig. Unter Anleitung Kretzschmars entstehen Kompositionen, es gibt sogar eine erste Aufführung in Genf, die Ansermet dirigiert (XXI, 261).– Später wirkt Kretzschmar in Lübeck (XXVII). In München, 1924, rühmt Leverkühn noch einmal seinen Lehrer, der alle Musik liebte (XXXVIII, 598 f.).