Valerio

Valerio ist der engste Vertraute des Prinzen, seine »Profession« ist, wie er mit ironischem Stolz verkündet, »die große Beschäftigung, müßig zu gehen« (I, 1). Er zelebriert geradezu die Sinnlosigkeit jeder Tätigkeit, wenn er sagt: »ich könnte mich in eine Ecke setzen und singen vom Abend bis zum Morgen: ›Hei, da sitzt e Fleig an der Wand! Fleig an der Wand! Fleig an der Wand!‹ und so fort bis zum Ende meines Lebens« (I, 1). Als er am Schluss des Stücks Staatsminister werden soll, möchte er festsetzen, »daß wer sich krank arbeitet kriminalistisch strafbar ist« (III, 3).

Als Leonce verzweifelt eine sinnstiftende Beschäftigung sucht, preist Valerio die Vorteile des Alkohols gegenüber der Liebe und der geistigen Tätigkeit an: »Ergo Bibamus. Diese Flasche ist keine Geliebte, keine Idee, […] sie wird nicht langweilig, wird nicht treulos« (II, 2). So wundert es nicht, dass in einer seiner Vorstellung nach perfekten Welt alle ein Leben der Untätigkeit und des Genusses führen: »dann legen wir uns in den Schatten und bitten Gott um Makkaroni, Melonen und Feigen, um musikalische Kehlen, klassische Leiber und eine kommode Religion!« (III, 3)

Valerio macht sich über das Äußere der Gouvernante lustig, indem er ihre Nase mit dem »Thurm auf Libanon, der gen Damaskus steht« (II, 2) vergleicht. Auch vor dem Prinzen hat er wenig Respekt und hält seine romantischen Liebesgefühle für eine Torheit: »Der Weg zum Narrenhaus ist nicht so lang […]. Ich sehe ihn schon auf einer breiten Allee dahin« (II, 2). Im Gegensatz zu dem durch die Liebe verklärten Blick des Paares auf Nacht und Natur nennt Valerio die Natur zwar »eine schöne Sache«, die aber noch schöner wäre, »wenn es keine Schnaken gäbe, die Wirthsbetten etwas reinlicher wären« (II, 4).

Als der Prinz sich vor Liebeskummer ins Wasser stürzen will, packt Valerio zu und rettet ihm das Leben, löst den Ernst der Situation aber sofort mit einem Wortspiel: »Ich werde Sie lassen, sobald Sie gelassen sind und das Wasser zu lassen versprechen« (II, 4). Er beschwert sich über Leonces »Lieutenantsromantik« und über seinen Undank (II, 4).

Um die Heirat zwischen Leonce und der noch Unbekannten zu ermöglichen, entwirft er einen Plan und verlangt von Leonce für den Fall, dass er gelingen sollte, einen Ministerposten. Er führt Leonce und Lena maskiert vor König Peter und stellt sie ihm als »Automaten«, als bloße »Pappdeckel und Uhrfedern« vor, bei denen der »Mechanismus der Liebe« in Gang gekommen sei, der zu seiner Besiegelung des kirchlichen »Amen« bedürfe (III, 3). Daraufhin lässt der König sie als Ersatz für den verschollenen Prinzen und die Prinzessin verheiraten. Als Valerio erkennt, dass die Braut niemand anderes als die Prinzessin ist, amüsiert er sich über den Zufall: »Ich muß lachen, ich muß lachen. Eure Hoheiten sind wahrhaftig durch den Zufall einander zugefallen« (III, 3).