Vorwort

»Teil der Lösung« ist ein Roman der Gegenwart (er spielt im heißen Juni 2003) und ein Berlin-Roman, in dem die Stadt eine Hauptrolle spielt. Was sie visuell und akustisch anbietet und zumutet, wird in genauen Beschreibungen präsent, die Personen bewegen sich in ihr wie Fische im Wasser. Wie andere Großstadtromane ist auch dieser ein Roman der Gleichzeitigkeit, der in Filmtechnik von Person zu Person und von Ort zu Ort springt. Meistens wird in medias res erzählt, d.h. die Leser werden in eine Situation gestellt, die zunächst unerklärt bleibt. Zwar gibt es eine zeitlich nach vorn strebende Handlung, aber das Sittengemälde intellektueller und subversiver Milieus in der Großstadt dominiert. Es ist eine Mentalitätsgeschichte aber auch ein Kriminalroman und eine Liebesgeschichte. Die Personen nehmen vor allem durch ihre Reden und Gedanken Gestalt an, meistens in Momentaufnahmen, die man zu einem Bilderbogen aneinanderreihen kann (gegen die Schreibweise des Autors). Viele repräsentieren typische Biographien der Zeit nach 1968; unter diesen Mitte 30jährigen gibt es nach der rebellischen Jugend in den 80er Jahren jetzt Etablierte ebenso wie Ziellose, Paranoiker, Zyniker. Der Kampf gegen die staatlichen Institutionen, mit dem sie früher sympathisierten, ist inzwischen historisch geworden (»Irrläufer der Geschichte« – S. 127). Der Titel des Romans bezieht sich auf den Slogan »Entweder du bist Teil des Problems oder du bist Teil der Lösung«.

Der Beginn – »Sony Center« – ist konkret und symbolisch: Am Potsdamer Platz, hoch oben im Sony Center, laufen Monitore, die die Bilder der unten postierten Überwachungskameras zeigen. Zwei Männer (Kremer und Fiedler) beobachten, was unten vorgeht, z.B. eine Szene, in der eine Person mit Melone und ein Clown Flyer verteilen, auf denen die Kamera-Positionen eingetragen sind. Viele haben Spaß daran, aber die Überwacher lassen die Polizei holen, die die Leute vertreibt (S. 14). Erst nach dieser Szene beginnt der Roman mit dem ersten von drei Teilen. Während der Handlungszeit im Juni 2003 weicht die ungewöhnliche Hitze nicht aus der Stadt.

September 2011                Eva D. Becker