Carla

Freundin von Washington Price und Tochter von Herrn und Frau Behrend. Sie ist 30 Jahre alt (II, 85) und hat einen elfjährigen Sohn, Heinz. Mit achtzehn hatte sie, bereits schwanger (II, 84), einen deutschen Soldaten geheiratet, der seit Kriegsende als verschollen gilt (II, 84). Während des Kriegs hatte sie im »deutschen Wehrmachtsbüro« als Sekretärin des »Platzkommandanten« (II, 48) und nach dem Krieg in der »Kaserne der Schwarzen« gearbeitet (II, 47).

Dort hat sie Washington kennengelernt. »Sie träumte von Negern. Im Traum wurde sie vergewaltigt. Schwarze Arme griffen nach ihr: wie Schlangen kamen sie aus den Kellern der Ruinen. Sie sagte: ›Ich kann nicht mehr.‹ Er kam mit auf ihr Zimmer. Es war wie ein Ertrinken« (II, 49).

Kurz darauf gibt Carla die Stellung in der US-Kaserne auf und mietet zwei Zimmer in der Wohnung von Frau Welz, die in den übrigen Zimmern ihrer Wohnung ein Bordell betreibt (II, 83 f.). Deshalb und weil sie mit einem Schwarzen zusammen ist, hat Carla mit Vorurteilen zu kämpfen, denen sie teilweise selbst verhaftet ist. Sie möchte das Kind, das sie von Washington erwartet, durch Dr. Frahm abtreiben lassen (II, 50), weil es das Kind eines Schwarzen ist. Sie mag Washington zwar, aber sie bereut es, sich mit einem schwarzen Amerikaner eingelassen zu haben. »Carla war in den falschen Zug gestiegen. […] Nur der Zug der weißen Amerikaner führte in die Traumwelt der Magazinbilder, in die Welt des Wohlstandes, der Sicherheit und des Behagens« (II, 123).

Bei einer Begegnung mit der Mutter an deren »Nachmittagssitz«, dem Domcafé (II, 110), entsteht kein Gespräch, obwohl beide ihre Gedanken kennen. Carla weiß, dass die Mutter ihre Verbindung mit einem Schwarzen ebenso verabscheut wie eine Abtreibung, und »ihr eigenes Denken bewegte sich nicht fern von den Mutter-Gedanken, vielleicht war es Schande, war es Verbrechen, was sie tat und tun wollte« (II, 114).

In der Klinik erfährt sie, dass kein Bett für sie reserviert worden ist. Dr. Frahm, der nach seinem Gespräch mit Washington stillschweigend von seiner Zusage an Carla Abstand genommen hat, leugnet ihre Abmachung und weigert sich, den Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen.

Carla ahnt, dass Washington dahinter steckt. Sie macht ihm Vorwürfe und bewirft ihn voller Wut mit Tellern und Tassen. Aber Washington nimmt sie in die Arme. » Wir lieben uns doch, warum sollen wir’s nicht durchstehen? Warum sollen wir’s nicht schaffen? Wir müssen uns nur immer lieben.« (II, 160).

Als sie später mit Washington am Fluss entlang fährt, fühlt sie sich plötzlich befreit von dem »Traum an die faule Glückseligkeit«, den ihr die Magazine vorspiegeln. »Sie glaubte wieder. Sie glaubte an Washington« (II, 172) und an seinen Traum von einem Leben ohne Anfeindungen in Paris, wo er ein Lokal eröffnen möchte. »Die Franzosen freuten sich, wenn einer bei ihnen leben wollte. Carla und Washington würden das Lokal errichten, Washington’s Inn, die Wirtschaft, in der niemand unerwünscht ist« (II, 172 f.).

Im Klub der amerikanischen Soldaten begegnet Carla ihrem Vater und dessen tschechischer Freundin Vlasta. »Sie waren alle drei verlegen. Aber sie dachten nichts Böses voneinander.« Nur für einen Moment »regte sich in allen das Gift des Zweifels. Sie dachten ›wir verkehren miteinander, weil wir alle deklassiert sind‹. Aber weil sie sich an diesem Abend froh fühlten, hatten sie die Kraft, den Zweifel zurückzudrängen« (II, 195).

Als der Klub von einer aufgebrachten Menge bedroht wird, verlassen Carla und Washington das Gebäude. Auf dem Weg zum Auto werden sie von der wütenden Menge, die Washington, fehlgeleitet durch einen Ruf von Carlas Mutter, für den ›Taximörder‹ hält, mit Steinen beworfen (II, 210).