Heinz

Der Sohn Carlas aus ihrer Ehe mit einem deutschen Soldaten, der aus dem Krieg nicht mehr heimgekehrt ist (II, 84) und an den Heinz sich nicht erinnern kann (II, 75). Heinz ist elf Jahre alt wie Ezra Gallagher, beide sind ›in der Kriegsfurcht (d.h. 1939) gezeugte Kinder‹ (II, 78). Er treibt sich viel allein oder mit einer »Kinderbande« (II, 78) in der Stadt herum.

Der »dunkle Freund« seiner Mutter, Washington Price, »die gabenspendende und dennoch fremde und störende Erscheinung in der Wohnung«, beschäftigt Heinz »unaufhörlich« (II, 74 f.). Eigentlich kann er Washington ganz gut leiden, verteidigt ihn auch manchmal gegen Angriffe (z.B. beim Baseballspiel), aber gegen ihn »sprach die schwarze Haut, das auffällige Zeichen des Andersseins. Heinz wollte sich nicht von andern unterscheiden. Er wollte genau wie die anderen Jungen sein, und die hatten weißhäutige einheimische überall anerkannte Väter« (II, 75). Deshalb distanziert er sich vor anderen Kindern von Washington, »und um sich für eine Haltung, die er im Grunde für feige hielt, zu quälen und um zu beweisen, daß er’s selber aussprechen konnte, womit die anderen meinten ihn unterzukriegen, krähte er unermüdlich sein ›Sie geht mit einem Nigger‹« (II, 76).

Am Parkplatz vor dem »Central Exchange« kommt er mit Ezra wegen des herrenlosen Hundes ins Gespräch, den er mit sich führt und an dem Ezra Interesse zeigt. Ezra gibt vor, Jude zu sein, und Heinz erwidert, seine Mutter lebe mit einem Neger; beide vermuten in diesen Bekenntnissen Drohungen (II, 78 f.). Heinz fordert für den Hund zehn Dollar. Die Jungen verabreden sich für den Abend am Bräuhaus, wo ihr Handel vonstattengehen soll (II, 79).

Beim Baseball-Spiel wird Washington wegen eines verlorenen Laufs ausgepfiffen, und Heinz »sträubte sich dagegen, daß sie Washington verjohlten und ihn fertigmachten. Aber auch er johlte und pfiff. Er heulte mit den Wölfen« (II, 127). Aber nach dem Spiel verteidigt er Washington und prügelt sich sogar mit anderen Kindern für ihn. Dabei entläuft ihm der Hund (II, 134).

Zur vereinbarten Zeit versteckt er sich am Eingang der geschlossenen ›Broadway-Bar‹ und beobachtet den Platz zwischen dem Bräuhaus und dem Klub der amerikanischen Soldaten. Er sieht Carla und Washington in den Klub gehen, was ihn verunsichert, da beide schon länger nicht mehr zusammen dort waren. »Wollte das Paar nach Amerika fahren? Sollte er mitfahren? Sollte er nicht mitfahren? Wollte er überhaupt mitfahren?« (II, 189).

Im Bräuhaus sieht er zu seiner Überraschung seine Großmutter, Frau Behrend, der er unerkannt einen Streich spielt (II, 197). Er gibt Ezra ein Zeichen, nach draußen zu kommen. Ähnlich wie Ezra phantasiert auch Heinz sich in eine Traumwelt hinein, die seiner Lektüre von »Indianergeschichten« (Karl May, J. F. Cooper, s.u.) entspringt: Ezra ist für ihn der Indianer »Rote Schlange«, er selbst »Wildtöter« (II, 196 f.).

Draußen führt Heinz den fremden Jungen in eine benachbarte Ruine, wo die beiden in Streit geraten und sich prügeln (II, 199 f.). »Ezra und Heinz waren auf die Steine der einstürzenden Mauer gefallen. Sie hatten sich weh getan. In der ersten Angst hatten sie um Hilfe gerufen. Aber dann, als sie die Polizeisirenen hörten, hatten sie sich gegenseitig von den Steinen aufgeholfen und waren zusammen in die Bäckergasse geflohen. […] Sie wollten nichts mehr voneinander. […] Sie waren aus Märchen und Indianergeschichten erwacht und schämten sich« (II, 209 f.).

Zurück auf dem Bräuhausplatz, auf dem sich inzwischen die wegen des ›Taximords‹ aufgebrachte Menge aus dem Bräuhaus versammelt hat, sieht Heinz seine Mutter, die gerade mit Washington aus dem amerikanischen Klub kommt. Er rennt schreiend zu ihr und wird von Steinen getroffen, die aus der Menge geworfen werden (II, 210).

Der Name »Rote Schlange«, den Heinz in seinen Phantasien Ezra gibt (II, 196 f., 199-201), mag auf den Yuma-Häuptling »Listige Schlange« aus Karls Mays »Satan und Ischariot« (Teil II) zurückgehen, der auch »Rote Schlange« genannt wird; Heinz' Selbstbezeichnung als »Wildtöter« verweist auf James Fenimore Coopers gleichnamigen Roman.