Manfras, Gabriel

Mitschüler von Gesine Cresspahl in der Hermann-Göring-Schule in Jerichow, in der Brückenschule und später in der Fritz Reuter-Oberschule in Gneez. 

897 »In der dritten Klasse geriet die Schülerin Cresspahl in die erste Verwirrung. Da fiel ihr ein Junge namens Gabriel Manfras auf, weil er nicht sprechen mochte. Auch sein Gesicht war verschwiegen, slawisch in den Backenknochen, schlitzig um die Augen. Wenn aber die Lehrerin es wollte, sprach er.« Um ihn auf sich aufmerksam zu machen, führt sie ihren Mitschülern ein Kunststück vor, bei dem eine Fensterscheibe zu Bruch geht.

1173-1176 Im August 1945 hilft der »maulfaule Kerl« Dr. Kliefoth bei der Beerdigung seiner Frau, »und wenn er später von diesem Morgen sprach als einem gewöhnlichen, so war er fast umgekommen vor Angst. Kliefoth betrug sich ja, als sei er nicht bei sich.«

1529 Nach dem Englischunterricht bei Frau Dr. Weidling an der Gneezer Brückenschule im Schuljahr 1947/48 schreiben Gesine und Gabriel Manfras zu Frau Weidlings Entsetzen »öffentlich (!) an die Tafel, was sie verstanden hatten, Gesine ›usually‹, nun ja, Gabriel ein ›jugewelly‹, strich dann Gesines Version durch«.

1557-1558 Beim Übergang zur Fritz Reuter-Oberschule 1948 ›strandet‹ Gabriel Manfras in der Neun A Eins, einer Parallelklasse von Gesine Cresspahls Neun A Zwei. Er verliebt sich in Gesines Banknachbarin Lise Wollenberg. Nach einem Treffen mit ihr ist er »noch mehr in sich gekehrt als wir gewöhnt waren von ihm«.

1682-1684 Wird zu Beginn des Schuljahrs 1950/51 »mit 220 Stimmen und einer Menge Enthaltungen« zum Ersten Vorsitzenden der ›Zentralen Schulgruppenleitung‹ der FDJ gewählt. »Nie hätten wir gedacht, Gabriel könnte auftreten als ein Redner! Und doch, was für eine tragende Stimme holte dies wortkarge Kind unversehens aus dem Hals.« Er hält eine linientreue Rede zur »Einschätzung der Weltfriedenslage sowie auch in Gneez«. Er sieht seine Mitschüler »fremd an, umfaßte das vordere Ende des Pults mit der Rechten, stemmte die Knöchel der Linken gegen die hintere Unterkante, blickte nieder in sein Manuskript, vermochte eine Rede zu halten. (Da stand ein Kind, das hatte Bescheid bekommen, es würde aufgestellt zur Wahl und angenommen: das besaß ein vorbereitetes Referat.)«

1719-1720 Beim Prozess gegen Sieboldt und Gollantz im Herbst 1950 gibt Gabriel Manfras mit vor Wut zitternder Stimme eine Stellungnahme ab, um sich von Sieboldt und Gollantz wirksam zu distanzieren, die ihn im Juni 1950 bei einer Protestveranstaltung gegen den Korea-Krieg mit einem offenbar nicht linientreuen Redetext »hereingelegt« hatten.

1761 Schlägt der FDJ-Schulgruppe am Ende des Schuljahres 1950/51 vor, sie möge Pius Pagenkopf »zum Dienst bei der bewaffneten Polizei delegieren; Pius betrachtete ihn aufmerksam so lange, bis Manfras, dem der Mumm zu solchem Dienst abging, ein Mal doch rot wurde im Gesicht«.

1778-1784 Gabriel Manfras leistet Spitzeldienste, die ihm den Weg zu einer Parteikarriere ebnen. Unter anderem liefert er die Lehrerin Habelschwerdt »ans Messer der Strafversetzung«. Erst spät kommen Gesine Cresspahl und ihre Freunde ihm auf die Spur und warnen ihre Mitschüler vor ihm. Als Manfras die Schüler, die sich vor dem Kartoffelkäfer-Einsatz drücken, an Bettina Selbich verrät, hält Anita Gantlik ihm mit einer »vor Leidenschaft orgelnden Stimme« eine Strafrede: »Wer Gespräche unter uns, die wir führen mit einander im Vertrauen, wer Sachen aus der Familie und dem Privatleben ins Rektorat schleppt und auf die Partei, der ist, der ist [...] der ist ein schlechter Mensch.« Gabriel versucht auszusehen »wie jemand, der für die politisch notwendige Sache auch dies noch zu erdulden gewillt ist«. – Für Gesine und ihre Freunde bleibt er unvergesslich: »Seitdem gedenken wir seiner, wenn die Rede ist von Les Lettres Françaises, oder vom Verleumden einer offenbarten Wahrheit. [...] Zuverlässig bist du uns erinnerlich. Denn du warst es, der hat unsere Klasse Zehn A Zwei verwandelt in einen Einschüchterungssalon. Dir ist zu danken, wenn die Schule von der elften Klasse an eine einzige Angstpartie war. Na, sei froh.« – Macht nach dem Abitur eine Parteikarriere, die freilich gewissen Einschränkungen unterliegt, weil er nicht Sohn eines Landarbeiters, sondern eines Büdners ist und darum »proletarischen Adels« entbehrt.

1802 Beim Prozess gegen Dieter Lockenvitz im Sommer 1952 verleumdet er seinen ehemaligen Mitschüler.

Vgl. auch 1534. 1656. 1658. 1715. 1728. 1800. 1815. 1817. 1822. 1832.