Grete Minde. Nach einer altmärkischen Chronik (1879)

Theodor Fontane: Grete Minde. Nach einer altmärkischen Chronik. Bearbeitet von Claudia Schmitz. Berlin: Aufbau 1997 (Große Brandenburger Ausgabe. Das erzählerische Werk. Bd. 3) – Nachweise von Zitaten erfolgen unter Angabe der Kapitel- und Seitenzahl (z.B. 8/43 = 8. Kapitel, S. 43).

Flößer

Drei Männer und eine Frau, allem Anschein nach Böhmen, die mit einem großen Floß auf der Elbe in Richtung Hamburg unterwegs sind und Grete und Valtin am Tag nach ihrer Flucht aus Tangermünde gegen ein kleines Entgelt mitnehmen. Gegen Abend fühlt Grete sich von den stechenden Blicken der jungen Frau mehr und mehr beunruhigt und fürchtet, dass man sie ausrauben wird. In der Nacht verlassen beide heimlich das Floß (vgl. 14).

Gigas

Lutherischer Pastor von Tangermünde, ein alter Herr mit »rothen Augen« (I/8), der »sich aus erbitterten Glaubenskämpfen her auch einen Schatz echter Liebe gerettet hatte« (5/28), in Fragen der Rechtgläubigkeit aber auch Unduldsamkeit an den Tag legen kann (vgl. 1/8). Trud Minde, für die er eine durchaus weltliche Schwäche hat (vgl. 5/31), schickt Grete zu ihm, damit er ihr das von der mütterlichen Erziehung her etwa noch vorhandene »Kathol’sche« austreibe, doch er geht recht einfühlsam mit ihr um und wirbt bei Trud um Verständnis für das Kind, dessen Herz eher verzagt als trotzig sei (5/31). Beim Besuch des zum Calvinismus übergetretenen Kurfürsten hält er eine kluge Predigt, worauf der Landesherr den Tangermünder Bürgern Religionsfreiheit zusichert (vgl. 11).

Johann Sigismund, Markgraf von Brandenburg (1572-1619), von 1608 bis 1619 Kurfürst von Brandenburg, war im Dezember 1613 zum Calvinismus konvertiert, hatte seinen Untertanen aber erlaubt, an ihrem lutherischen Bekenntnis festzuhalten.

Guntz, Peter

Bürgermeister von Tangermünde, den die Bürger, obwohl er »an die Achtzig zählte«, wegen seiner »Klugheit und Treue« schon zum vierten Mal gewählt haben (3/17). Dass er Grete Mindes Erbansprüche nach »Tangermündisch Recht« zurückweisen muss (19/111), versetzt ihn in »Sorg’ und Unruh‘«. Er nennt das geltende Erbrecht ein »unbillig Recht, ein todtes Recht« und lässt den habsüchtigen Gerdt Minde seine Geringschätzung spüren (19/112).

Hinterlachr

Einer der Puppenspieler, mit denen Grete und der todkranke Valtin in Arendsee Station machen. Er ist der einzige in der fröhlichen Runde, der des sterbenden Valtin im Obergeschoss gedenkt und die anderen zur Ruhe ermahnt (vgl. 15/84 f.).

Jagow, Fräulein von

Domina des Klosters Arendsee, eine kleine alte Dame, »aber mit scharfen Augen, aus denen noch Geist und Leben blitzte« (16/92). Sie ist fast 95 Jahre alt und war, wie sie Grete erklärt, »schon geboren und getauft, als der Wittenberg'sche Doctor gen Worms ging und vor Kaiser Carolus Quintus stand« (16/93). Grete sucht sie auf, nachdem Roggenstroh, der Pastor von Arendsee, sich geweigert hat, Valtin ein Grab auf dem Kirchof und ein christliches Begräbnis zu geben. Die Domina erklärt sich sofort bereit, den Toten auf dem Klosterkirchhof zu begraben, und freut sich, dem engherzigen Roggenstroh »einen Strich durch die Rechnung machen« zu können: »Ich hasse den Hochmuth und weiß nur das Eine, daß unser All-Erbarmer für unsre Sünden gestorben ist und nicht für unsere Gerechtigkeit.« (16/93) Sie sieht Gretes Unglück voraus: »Unglücklich‘ Kind. Sie hat das Zeichen.« (16/94) Nach Valtins Beerdigung fragt sie Grete nach ihrer Geschichte, bietet ihr das Kloster als Zuflucht an und segnet sie zum Abschied. Sie ist sich aber sicher, dass sie sie nicht wiedersehen wird: »Und hab‘ Acht, Ilse«, sagt sie zu Ilse von Schulenburg, »sie lebt keinen dritten Tag mehr!« (16/97) Als drei Tage später die Nachricht eintrifft, dass Tangermünde niedergebrannt ist, ist sie sofort im Bilde: »Armes Kind… Ist heute der dritte Tag … Ich wußt‘ es…« (20/118)

Matthes

Einer der Puppenspieler, mit denen Grete und der todkranke Valtin in Arendsee Station machen. An seinem »starr und aufrecht stehenden rothen Haare« und »linsengroßen Sommersprossen« meint der Erzähler einen »Plattdeutsche[n]« zu erkennen, was sich mit den wenigen Worten, die er spricht, auch bestätigt (15/84).

Minde, Gerdt

Sohn des alten Jakob Minde aus dessen erster Ehe, Halbbruder von Grete Minde und Ehemann von Trud Minde. Seine Mutter, eine reiche, gleichwohl geizige und habsüchtige Brauherrntochter aus Stendal (vgl. 4/26), starb früh. Anders als sein Vater, der auch noch im hohen Alter Selbstdisziplin übt (vgl. 3/20), hat er ein schlaffes, nachlässiges Auftreten, das mit der Trägheit seines Herzens korrespondiert. Seine Schwester ist ihm bestenfalls gleichgültig, seine Frau erfährt von ihm keine Liebe. Seine einzige Leidenschaft sind Geiz und Habsucht, »wenn an seinem Besitz gerüttelt« wird, gerät er augenblicklich in Zorn (18/106). Das Unglück seiner Schwester lässt ihn kalt, ihren vor dem Rat der Stadt eingeforderten Erbanspruch weist er mit der eidlich bekräftigten Behauptung zurück, dass ihre Mutter keinerlei Gut in die Ehe gebracht und der Vater durch ungeschicktes Wirtschaften das Vermögen seiner ersten Frau dezimiert habe, so dass dem Kind aus zweiter Ehe nach geltendem Recht kein Erbe zustehe. Die Frage des Bürgermeisters Peter Guntz, ob er sein »Recht brauchen und behaupten, oder nicht aus christlicher Barmherzigkeit von ihm ablassen« wolle, verneint er ohne Zögern (19/111). Erst als er seinen kleinen Sohn mit Grete in einer Luke des brennenden Kirchturms stehen sieht, gerät das stumpfe Gemüt des Mannes in Bewegung, er »brach in die Knie und schrie um Hülfe«, freilich vergebens (20/117).

Die Feststellung im Kommentar, dass Fontane die Frage, ob Gerdt Minde vor dem Rat der Stadt einen Meineid schwört, »letztlich« offenlasse (Kommentar, 207), ist nicht nachvollziehbar. Zumindest die zweite Behauptung, wonach der Vater das Vermögen seiner ersten Frau dezimiert habe, wird eindeutig als Lüge, mithin der Eid, den Minde darauf schwört, als Meineid markiert: Trud Minde erinnert ihren Mann am Abend zuvor daran, dass der Vater, als Gretes Mutter ins Haus kam, das Vermögen seiner ersten Frau verdoppelt hatte. »Und so Du’s anders sagst, so lügst Du. Sie hat ein Erbe.« (18/106) Diese Äußerung qualifiziert nicht nur Mindes Aussage am nächsten Tag als Lüge, sondern stellt mit der gleich anschließenden Schlussfolgerung (»Sie hat ein Erbe«) auch unmissverständlich klar, dass dem Vermögensstand des Vaters zum Zeitpunkt der zweiten Eheschließung nach »Tangermündisch Recht« erbrechtliche Relevanz zukommt. Ob dies der historischen Rechtslage entspricht oder nicht (vgl. Kommentar, ebd.), ist demgegenüber ohne Belang.

Minde, Grete

Tochter des alten Jakob Minde und seiner verstorbenen zweiten Frau, Halbschwester von Gerdt Minde, dem Sohn aus erster Ehe. Ihre Mutter war eine Fremde, noch dazu eine »Kathol’sche« und »Span’sche«, die der Vater aus Brügge in die protestantische Altmark entführt hatte (1/8). Schönheit wie ›Fremdheit‹ der Mutter haben sich der Tochter vererbt: Die zu Beginn der Geschichte knapp 14-jährige Grete ist ein hübsches Kind, »sehr zart gebaut, und ihre feinen Linien, noch mehr das Oval und die Farbe ihres Gesichts, deuteten auf eine Fremde« (1/6). Als der Vater kurz nach ihrer Einsegnung stirbt, ist sie der Kälte und Hartherzigkeit ihrer Schwägerin Trud schutzlos ausgesetzt, die sie wie eine Dienstbotin hält. Trost findet sie bei ihrer alten Kinderfrau Regine und bei Nachbarssohn Valtin Zernitz, der sie liebt. Sein Geständnis bedingungsloser Liebe gibt ihr, die sich von niemand geliebt glaubt, Kraft auszuharren (vgl. 9/51). Sie erträumt sich eine »Welt der Freiheit und des Glückes« (10/53) und sieht sich im Traum frei wie ein Vogel fliegen (12/62), gleichzeitig wächst in ihr ein »immer bitterer und leidenschaftlicher aufgährende[r] Groll« gegen Bruder und Schwägerin (10/53 f.). Nach einem heftigen Streit mit Trud Minde will sie Hals über Kopf fort und überredet Valtin, mit ihr zu gehen. Sie kennt »ihre Macht über ihn« (14/79). Drei Jahre ziehen sie mit einer Puppenspielertruppe durchs Land, bekommen ein Kind, dann stirbt Valtin, nachdem er ihr das Versprechen abgenommen hat, ihren Trotz zu überwinden, nach Hause zurückzukehren und ihren Bruder um Hilfe zu bitten. Zuvor bekennt Grete sich schuldig vor ihm, ihn nicht genug geliebt und aus Eigensucht, Hass und Ungeduld »um Glück und Leben gebracht« zu haben (15/86). Sie hält das ihm gegebene Versprechen, kehrt mit ihrem Säugling nach Tangermünde zurück, aber der Bruder verweigert ihr jegliche Hilfe. Als dann auch die Ratsversammlung der Stadt unter Leitung von Bürgermeister Peter Guntz ihr nach »Tangermündisch Recht« den Anspruch auf ein Erbteil versagt (19/111), verfällt sie dem Wahnsinn, setzt die Stadt in Brand, bemächtigt sich des kleinen Sohnes ihres Bruders und stirbt mit ihm und ihrem Kind im Feuer.

Die Heimatstadt der Mutter, Brügge, stand, wie die damaligen (das heutige Belgien einschließenden) Niederlande insgesamt, seit 1556 unter spanischer Herrschaft; die Bezeichnung der Mutter als »Span’sche« lässt vermuten, dass sie der Familie eines Mitglieds der spanischen Besatzung entstammt.

Minde, Jakob

Alter Kaufherr in Tangermünde, Vater von Gerdt und Grete Minde. Der Sohn stammt aus seiner ersten Ehe mit »eines reichen Brauherrn Tochter«, deren Mitgift seinen Reichtum begründete (4/26). Grete entstammt seiner zweiten Ehe mit einer Frau aus Brügge, die er sehr geliebt hat. Seit deren Tod vereinsamt er, »ein Herz fehlt ihm«, seine Schwiegertochter Trud behandelt ihn kalt (4/25). Er leidet am ›Zehrfieber‹ und stirbt kurz nach Gretes Einsegnung an einem Oktobertag (7/41).

Minde, Trud

Ehefrau von Gerdt Minde, Schwägerin (»Schwieger«) von Grete Minde, eine »schöne, junge Frau«, aber »mit strengen Zügen« (2/10). Sie stammt wie ihre Nachbarin Emrentz Zernitz aus Gardelegen, kommt aus kleinen Verhältnissen und ist durch die Einheirat in eine Patrizierfamilie aufgestiegen (vgl. 2/13 f.). Sie leidet daran, dass sie nach drei Ehejahren noch immer kein Kind hat, und ist darüber religiös geworden, versucht »es nun mit Gigas und mit Predigt und mit Litanei« (2/14). Da sie in ihrem Leben »bis diesen Tag« keine Liebe erfahren hat (2/10), missgönnt sie Grete die unschuldige Liebe des Nachbarsohns Valtin und möchte erwirken, dass Valtin aus dem Haus kommt (vgl. 2/12), versucht zu diesem Zweck sogar, Emrentz‘ Verhältnis zu ihrem Stiefsohn durch üble Nachrede zu vergiften (vgl. 8/44 f.). Nach dem Tod des alten Minde behandelt sie Grete wie eine Dienerin. Sie bekommt schließlich doch noch ein Kind, einen Sohn, für dessen Pflege sie Grete über Gebühr beansprucht. Dass ihr Mann der verzweifelten Grete zuletzt jegliche Hilfe verweigert, macht ihr allerdings Angst, sie glaubt nicht, dass »diese Hexe« die Zurückweisung hinnehmen wird, und macht ihrem Mann Vorwürfe: »Ein Unheil giebt’s! Und Du selber hast es herauf beschworen.« (18/106)

Nazerl (Natzi)

Mitglied der Puppenspielertruppe, die zu Beginn der Erzählung in Tangermünde gastiert und der sich später Grete und Valtin anschließen. Vermutlich ist er der »Hagre, Schlackerbeinige mit dem weißen Hemd und der hohen Filzmütze« (15/82), dessen ähnlich gestaltete Puppe den »Schergen« in dem in Tangermünde aufgeführten Spiel »Das jüngste Gericht« darstellt (3/18 f.). Im Krug von Arendsee singt er ein Loblied auf den Muskateller (vgl. 15/85).

Puppenspieler

Mitglied und Wortführer der Puppenspielertruppe, die zu Beginn der Erzählung in Tangermünde gastiert und der Grete und Valtin sich später anschließen. Er hat schwarze Haare und eine Narbe an der Stirn (vgl. 15/81 f.). Beim Einzug in Tangermünde trägt er »lange, gelb und schwarzgestreifte Tricots und ein schwarzes, eng anliegendes Sammt- und Atlascollet« (2/14). Als er Emerentz Zernitz und Trud Minde am Fenster stehen sieht, bleibt er stehen und kündigt in wohlgesetzten Worten die für den Abend vorgesehene Vorstellung des Puppenspiels »Das jüngste Gericht« an (2/15). In der Schenkstube des Ausspanns in Arendsee, in dem sie drei Jahre später mit Grete und dem todkranken Valtin Halt machen, spielt er auch wieder die »Herrenrolle« und hält seine Mitspieler zum Singen und Trinken an (15/82).

Regine

Alte Haushälterin der Mindes, früher Kinderfrau von Grete Minde und deren einzige Vertraute im Haus. Sie hat ihre Kammer neben Gretes Giebelstube, erzählt ihr von ihrer Mutter und sucht das unglückliche Kind nach Möglichkeit zu trösten.

Roggenstroh

Alter Prediger von Arendsee, ein engherziger Lutheraner, der es in seinen Predigten besonders auf die Damen des Klosters Arendsee als Überbleibsel des alten Glaubens abgesehen hat (vgl. 16/91). Gretes Bitte um ein Grab und christliches Begräbnis für Valtin lehnt er ab.

Schulenburg, Ilse von

Von der »rechte[n] Hand« und designierten Nachfolgerin der Domina des Klosters Arendsee, in dem Grete um ein Grab für Valtin nachsucht, heißt es, sie habe »das Herz auf dem rechten Fleck« (16/90). Sie empfängt Grete freundlich. Sie hat einen großen, gelb und schwarz gefleckten Wolfshund, der seinen Kopf zutraulich an Gretes Hand legt. Bei der Beerdigung spricht sie den Grabspruch für Valtin (vgl. 16/95). Ein Bauer, der Grete auf ihrem Weg von Arendsee nach Tangermünde ein Stück auf seinem Wagen mitnimmt, ist des Lobes voll über Ilse, von der seine Tante immer sage: »Ils‘ is de best! Und so groot se is, so good is se.« (17/99) Drei Tage später lässt Ilses Großonkel, der altmärkische Landeshauptmann Achaz von der Schulenburg, ihr und der Domina die Nachricht vom Brand Tangermündes überbringen (vgl. 20/117 f.).

Zenobia

Mitglied der Puppenspielertruppe, die zu Beginn der Erzählung in Tangermünde gastiert und der Grete und Valtin sich später anschließen. Sie ist eine »dunkelfarbige Frau«, »groß und stattlich« (2/15), in »halb spanisch halb türkischem Aufzug« (15/82) mit einem langen schwarzen Schleier, in dem »zahllose Goldsternchen« glitzern (2/15). Auch drei Jahre später, in Arendsee, ist sie »verwunderlich« gekleidet, trägt ein »scharlachrothes Manteltuch, das sie, voll Majestät und nach Art eines Krönungsmantels, um ihre Schultern gelegt hatte« (15/82). Grete fühlt sich ihr verbunden (vgl. 17/97). Am Abend nach dem Brand in Tangermünde geben die Puppenspieler das Stück »Der Sündenfall«. Zenobia spielt Gretes Rolle, den Engel (vgl. 20/118).

Zernitz

Nachbar der Mindes, Vater von Valtin, der aus seiner ersten Ehe mit einer »steifen und langweiligen Frau« stammt (2/11). Der Sechzigjährige ist in zweiter Ehe mit der dreißigjährigen Emrentz verheiratet (vgl. 2/13). Über deren scherzhafte Drohungen, dass sie Valtin heiraten werde, »wenn er nicht anders würde, ganz anders«, lacht er (8/45).

Zernitz, Emrentz

Nachbarin der Mindes, Stiefmutter von Valtin, 30 Jahre alt. Sie ist die zweite Ehefrau des alten Zernitz, stammt wie ihre Nachbarin und Freundin Trud Minde aus Gardelegen und aus kleinen Verhältnissen (vgl. 2/13 f.). Sie genießt den Wohlstand, den sie durch ihre Heirat erlangt hat, und tröstet sich über die Ehe mit dem 60-jährigen Zernitz mit dem Gedanken an eine zweite, reizvollere Ehe nach dessen Tod hinweg (vgl. 2/14). Anders als Trud Minde mit Grete geht sie mit ihrem Stiefsohn freundlich um und gönnt ihm und Grete das Glück ihrer noch kindlichen Liebe (vgl. 2/12 f.). Freilich bringt sie für Valtin keine mütterlichen Gefühle auf, überhaupt geht ihr, wie Valtin glaubt, »nichts zu Herzen, wenn's nicht eine neue Mod' oder ein Putz oder eine Gasterei ist« (8/45). Trud Mindes Versuch, ihr Verhältnis zu Valtin zu vergiften, hat zumindest vorübergehend Erfolg (vgl. 8/44 f.). Inwieweit in ihren scherzhaften Drohungen gegen ihren Mann, sie werde, wenn er sich nicht ändern würde, Valtin heiraten, ein Körnchen Wahrheit steckt, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen (vgl. 8/45).

Zernitz, Valtin

Sohn des alten Zernitz aus erster Ehe, zu Beginn der Geschichte knapp sechzehn Jahre alt (vgl. 2/12), ein Junge mit einem »ächt märkischen Breitkopf und vorspringende[n] Backenknochen« (1/6), der die Nachbarstochter Grete Minde liebt und sie, wenn sie groß ist, heiraten möchte. Nach dem Tod des alten Minde und der Geburt von Gerdt und Trud Mindes Kind sehen sie sich häufiger und gehen außerhalb der Stadt in freier Natur spazieren. Valtin gibt ihr Halt in ihren häuslichen Nöten und verspricht ihr, ihr in allem zu Willen sein zu wollen: »Sage, daß ich hier hinunter springe, so spring' ich, und sage, daß du fort willst, so will ich auch fort. Und wenn es in den Tod ging'! Ich kann nicht leben ohne dich. Und ich will auch nicht.« (9/51) Als Grete tatsächlich fliehen will, macht er sein Versprechen wahr und geht mit ihr. Drei Jahre ziehen sie mit einer Puppenspielertruppe durchs Land, bekommen ein Kind, dann aber wird Valtin todkrank und stirbt in dem Wirtshaus von Arendsee, vier Stunden Fußweg von Tangermünde. Zuvor nimmt er Grete das Versprechen ab, ihren Trotz zu überwinden, nach Hause zurückzukehren und ihren Bruder um Aufnahme zu bitten (vgl. 15/88 f.). Dank der Hilfe der Domina des Klosters Arendsee kann Grete ihn auf dem Klosterkirchhof unter einem Fliederstrauch begraben.

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