Maske, Theobald
Theobald, ein »einfacher Beamter« (I, 1), ist mit dem Platz, an dem er steht, zufrieden. »Nur besondere Tüchtigkeit oder außerordentliche Schande könnten mich um die Sicherheiten bringen, die er verbürgt« (III,1). Ihm liegt entschieden daran, nicht aufzufallen, denn nach seiner Überzeugung garantiert seine Unscheinbarkeit ihm seine Freiheit, ist die »Tarnkappe, unter der ich meinen Neigungen, meiner innersten Natur frönen darf« (III,1). Die Reize seiner Frau Luise gefährden dieses Programm, weshalb sie sie nach seinem Willen in möglichst unmodischer Kleidung verstecken muss (I,1). Ihr Malheur mit der rutschenden Unterhose bringt ihn folgerichtig aus der Fassung (I,1).
Es beschert ihm aber auch zwei Untermieter, Scarron und Mandelstam, die seine Kasse aufbessern. Ihre erotischen Absichten und Luises Schwäche für Scarron scheint er nicht zu bemerken, zumindest tut er so. Allerdings hängt in Scarrons Zimmer ein Bildnis mit dem Titel »Joseph vor Potiphar«, das er nach Scarrons Auszug und vor dem Einzug des Fremden gegen ein weniger beziehungsreiches Bild (»Boa Constriktor im Kampf mit einem Löwen«) austauscht (IV, 8).
Über Mandelstams und Scarrons Ansichten von höherer Bildung und gesellschaftlichem Fortschritt macht er sich lustig und vertritt ungerührt seine philiströse Lebensanschauung. Scarrons Suada über Männlichkeit und ›Herren-Moral‹ hält er die Einsicht entgegen, dass Frauen ein Herz haben, Kinder zur Welt bringen und die Hälfte der Menschheit ausmachen (III,1). Seine Sympathie mit dem weiblichen »Gemüt« hindert ihn freilich nicht, Luise jederzeit über den Mund zu fahren, ihr Schläge anzudrohen und ein Verhältnis mit der Nachbarin Deuter anzufangen (IV,4 und IV,7).
Am Ende ist Theobald, der betrogen werden sollte, auf ganzer Linie siegreich: Mandelstam, durch Theobalds Vortrag über zerrüttete Nerven paralysiert, gibt seine Absichten bei Luise auf; Scarron, durch Theobalds Weltanschauung verunsichert, findet ein neues erotisch-poetisches Projekt, zahlt eine volle Jahresmiete und überlässt Theobald das Zimmer zu neuer Vermietung an den erotisch ungefährlichen Stengelhöh; Luise nimmt von ihren ehebrecherischen Wünschen Abstand und geht in die Kirche. Und Theobald überschlägt seine unerwarteten Einnahmen und kommt zu dem Schluss, dass er es nun ›verantworten‹ kann, mit Luise ein Kind zu zeugen (IV, 9).
Dieses Kind wird, wie man drei Jahre nach Erscheinen der »Hose« erfahren konnte, auf den Namen Christian getauft werden. Sternheim macht ihn zum Helden seiner 1914 erschienenen Komödie »Der Snob«.