Brußon, Olivier
Goldschmiedegeselle bei Cardillac und Verlobter von dessen Tochter Madelon. Nach Cardillacs gewaltsamem Tod gerät er unter Mordverdacht und wird zudem verdächtigt, Mitglied der Schmuckräuberbande zu sein, die man hinter den zahlreichen Raubmorden vermutet, die Paris seit Jahren in Atem halten, die aber in Wahrheit, wie sich am Ende herausstellt, sämtlich auf Cardillacs Konto gehen.
Zu Beginn der Geschichte taucht er zunächst als geheimnisvoller Fremder auf, der dem Fräulein von Scuderi mitten in der Nacht ein Schmuckkästchen ins Haus bringt. Einige Monate später lässt er ihr eine Nachricht zukommen, in der er sie dringlich auffordert, den Schmuck zu Cardillac zu bringen. Die Hintergründe dieser Ereignisse erfährt das Fräulein und mit ihr der Leser erst durch das nächtliche Gespräch, das Brußon nach seiner Festnahme unter Polizeiaufsicht mit der Scuderi führen darf.
Bei diesem Gespräch stellt sich zunächst heraus, dass er der Sohn der ehemaligen Ziehtochter der Scuderi, Anne Guiot, ist, den die Scuderi abgöttisch geliebt hatte. Als er drei Jahre alt war, zogen Anne und ihr Mann Claude Brußon, ein Uhrmacher, mit dem Kind nach Genf um, und der Kontakt brach ab (822f.). Olivier, dessen Eltern früh starben, erlernte in Genf das Goldeschmiedehandwerk. Nach Abschluss seiner Lehre ging er nach Paris und wurde Geselle bei Cardillac. Er und Cardillacs Tochter Madelon verliebten sich ineinander, woraufhin Cardillac ihn aus dem Haus warf mit dem Bescheid, für ihn, den »armen Schlucker«, hänge die »süße Frucht zu hoch« (825).
Mit der Erzählung der darauf folgenden Ereignisse legt Brußon dem Fräulein nun eine umfassende Beichte ab: Wenige Tage nach seinem Herauswurf wird er unfreiwillig Zeuge bei einem von Cardillacs Raubmorden. Cardillac erkauft sich sein Schweigen, indem er ihm seine Tochter verspricht und ihn wieder als Gesellen einstellt. Um seiner Liebe willen lässt er sich zum Komplizen machen, und so sehr ihn auch Gewissensnöte plagen, bringt er es mit Rücksicht auf Madelon nicht über sich, den Mörder der Polizei zu überliefern.
Als Cardillac ihn damit beauftragt, dem Fräulein das Kästchen mit wertvollem Schmuck zu überbringen, hofft er, sie sprechen, ihr alles beichten und Rat bei ihr finden zu können, doch diese Hoffnung scheitert an dem mutigen Eintreten der Martiniere für ihre Herrin. Als Cardillac nach dieser Übergabe wieder unruhig wird, hat Brußon Sorge, dass der Meister es nun auf die Scuderi abgesehen haben könnte. Um sie zu schützen, lässt er ihr die Nachricht mit der Bitte zukommen, den Schmuck zurückzubringen, und verfolgt Cardillac auf seinen nächtlichen Gängen. Dabei wird er Zeuge seines fehlschlagenden Überfalls auf den Grafen Miossens und dessen Gegenwehr. Er schleppt den tödlich verwundeten Cardillac in sein Haus und versorgt mit Madelon die Wunde, aber Cardillac stirbt noch in der Nacht. Am Morgen wird Brußon verhaftet.
Aus Sorge um Madelon, die der »gräßlichsten Verzweiflung« anheimfallen würde, wenn sie die Wahrheit über ihren Vater erführe, ist Brußon auch nach dieser Beichte entschlossen, die Wahrheit über Cardillac vor der Justiz zu verschweigen, und ist sogar bereit, dafür »den Tod des Verbrechers« zu erdulden (831).
Er verdankt es allein dem Einsatz des Fräuleins, dass er letztlich doch noch frei kommt, Madelon heiraten und das Geheimnis ihres Vaters vor ihr wahren kann.