Nechwal, Kapellmeister
Leitet die Militärkapelle des Infanterieregiments Nr. X in der kleinen Bezirksstadt W. in Mähren, in der Franz Trotta Bezirkshauptmann ist. Er hat eine Frau »aus einfachen Verhältnissen« (164) und drei Kinder, von denen er den Ältesten auf die Kadettenschule der Infanterie schicken möchte.
Dank seinem »immer wachen Bedürfnis nach neuen Variationen alter Melodien« schreibt er in monatlichem Rhythmus Märsche, die einander gleichen »wie Soldaten« (156). Die Konzerte, die er sonntags vor der Bezirkshauptmannschaft dirigiert, beginnen immer mit dem Radetzkymarsch. Er nimmt seine Aufgabe sehr ernst und die Eigenart der meisten Kapellmeister, den ersten Marsch vom Musikfeldwebel dirigieren zu lassen, ist für ihn ein »deutliches Anzeichen des Untergangs der kaiserlichen und königlichen Monarchie« (156).
Nach dem Konzert geht er zu Trotta zum Kaffee, welchen er samt der dazugehörenden Zigarre schon herbeisehnt. Da er regelmäßig in Wien ist, gilt er als »Weltmann«, was sich vor allem darin äußert, dass er mit »pfiffigem Behagen« Judenwitze erzählt (164). Jahre später hat sich in diesen Abläufen nichts geändert, er steht kurz vor seiner Pension und selbst die Witze sind noch dieselben (357).
Der Radetzkymarsch wurde von Johann Strauss (Vater) komponiert und 1848 uraufgeführt. Seine enorme Wirkung sieht man unter Anderem daran, dass er seit 1939 in einer Konzertfassung jedes Jahr den Abschluss des Neujahrskonzertes der Wiener Philharmoniker bildet.