Mortemart, Vicomte de
Gast auf der Soirée von Anna Pawlowna Scherer zu Beginn des Romans, eingeführt von Hippolyte Kuragin (1/I,II,16). Er ist ein »gutaussehender junger Mann mit weichen Zügen und Manieren, der sich offenbar für eine Berühmtheit« hält, es aber der Gesellschaft überlässt, »davon Gebrauch zu machen« (1/I,III,21). Um ihn bildet sich sogleich ein Kreis, in dem von der Hinrichtung des Herzogs von Enghien die Rede ist. Er ist Royalist und erklärter Verächter Napoleons, was ihm die Antipathie des Fürsten Andrej und den hitzig vorgetragenen Widerspruch Pierres einbringt, die zu dieser Zeit beide noch Verehrer Napoleons sind (1/I,IV, 34-39). Auf dem Heimweg mit Hippolyte Kuragin zeigt der Vicomte sich von Hippolytes (höchst plumpen) Avancen gegenüber der ›kleinen Fürstin‹ Lisa beeindruckt und macht sich über ihren Mann, Fürst Andrej, »ce petit officier«, lustig (1/I,V,43).
Die Figur ist dem Staatsmann und politischen Philosophen Joseph de Maistre (1753-1821) nachempfunden (vgl. Kommentar Bd.1,1055f.). – Mortemart erzählt die Geschichte von der Entführung und Hinrichtung des Louis Antoine Henri de Bourbon-Condé, Herzogs von Enghien (1772-1804) durch Napoleon, einer »damals kursierende[n] Anekdote« (1/I,III,25) folgend, als Resultat einer Liebesaffäre mit der berühmten Schauspielerin Mademoiselle Georges (Marguérite-Josephine Weimer), einer zeitweiligen Geliebten Napoleons. Tatsächlich handelte es sich um einen politischen Schachzug Napoleons gegen die emigrierten Royalisten (vgl. Kommentar Bd.1,1054f. und 1058), den Pierre als eine »staatspolitische Notwendigkeit« verteidigt (1/I,IV,35).