Fortunio

Ein vierundzwanzigjähriger Witwer und Mirandas Vetter. Im Dialog mit seinem Freund Livio erläutert Fortunio seine Lebensphilosophie: Auf das »Schattenspiel« des Lebens sei kein Verlass (IIIl, 153). Der Mensch besitze sein Leben nicht. Da alles im Werden begriffen sei, seien die Dinge an sich wertlos, seien nur, was der Mensch aus ihnen mache. Fortunio geht ganz in seiner sich selbst auferlegten Rolle des trauernden Witwers auf. Er versagt sich jeden Kontakt zum weiblichen Geschlecht, das ihm heute im Gegensatz zu seinen Jugendzeiten ohnehin reizlos erscheint. Einzig die Erinnerung an seine geliebte Frau hält ihn aufrecht. Bewusst lebt er ein schattenhaftes Dasein, in dem Erinnerung und Vergangenheit ihm alles sind. Nach dem Gespräch mit seiner Großmutter bleibt er allein auf dem Friedhof zurück und trifft dort auf Miranda. Ihr, die ebenfalls verwitwet ist, wirft er übermäßige Traurigkeit vor. Er erteilt ihr den Rat, ihr nonnenartiges Leben endlich aufzugeben. Sie versündige sich damit gegen das Leben. Mit seinen guten Ratschlägen bespiegelt Fortunio sich auch selbst: »Aber es gibt hochmütige, eigensinnige Seelen, die mehr für ein Ding bezahlen wollen, als das Leben verlangt [...]. Und an diesen rächt sich das Dasein« (III, 169). Nachdem Miranda abgegangen ist, gerät er ins Grübeln und es bahnt sich die Möglichkeit einer Befreiung von Einsamkeit und Trauer an.