Glaube
Ist die Personifikation des tiefen christlichen Glaubens und wird von ›Werke‹ zur Hilfe gerufen, die Jedermann aufgrund ihrer Schwäche nicht allein helfen kann. ›Glaube‹ tritt Jedermann skeptisch gegenüber und traut seinen dahergesagten Glaubensbekundungen nicht (»Hast mich dein Leben lang verlacht / Und Gottes Wort für nichts geacht, / Geht nun in deiner Todesstund / Ein ander Red’ aus deinem Mund?« IX, 85) Auf ihr Drängen bekennt er zwar seinen Glauben an Christi Leiden, Tod und Auferstehung, gibt aber zu bedenken, dass das ewige Heil nur dem zugute komme, »der heilig ist und gut« (IX, 86).
›Glaube‹ kann ihn aber davon überzeugen, dass Gott nicht strafend, sondern barmherzig ist und verzeiht: »Glaubst du daran in diesem Leben, / So ist dir deine Sünd vergeben / Und ist gestillet Gottes Zorn.« (IX, 87) Als Jedermann daraufhin erleichtert seinen Glauben bekennt, schickt ›Glaube‹ ihn zur Beichte. Wenn er, frei von Sünde und Schuld, wiederkehre, seien auch seine ›Werke‹ gestärkt (vgl. IX, 88). ›Glaube‹ kommentiert Jedermanns Tod, bevor der Vorhang fällt: »Nun hat er vollendet Menschenlos, / Tritt vor den Richter nackt und bloß / Und seine Werke allein, / Die werden ihm Beistand und Fürsprecher sein. / Heil ihm, mich dünkt es ist an dem, / Daß ich der Engel Stimmen vernehm / Wie sie in ihren himmlischen Reihen / Die arme Seele lassen ein.« (IX, 95)