Sittah

Die kluge Schwester und gewitzte Schachpartnerin des Sultans Saladin hat großen Einfluss auf ihren Bruder. Als er in Geldnot gerät, finanziert sie ihm ohne sein Wissen die Hofhaltung (II, 2; LM III, 48) und berät ihn, als es darum geht, Nathan dazu zu bewegen, ihm Geld zu leihen: Saladins ›Fangfrage‹ nach der wahren Religion ist offenbar ihr Einfall (II, 3; LM III, 55; III, 4; LM III, 83-85).

Auf die Christen ist Sittah schlecht zu sprechen. Insbesondere wirft sie ihnen religiöse Intoleranz vor und argumentiert dabei ähnlich wie Nathan (II, 5; LM III, 63) im Namen einer die Unterschiede der Religionen übergreifenden Menschlichkeit: »Ihr Stolz ist: Christen seyn; nicht Menschen« (II, 1; LM III, 43). Nicht die Lehre ihres Religionsstifters (deren »Menschlichkeit« Sittah ausdrücklich anerkennt) sei Richtschnur ihres Handelns, sondern ihr Totalitätsanspruch: »Seine Tugend nicht; sein Name / Soll überall verbreitet werden; soll / Die Namen aller guten Menschen schänden, / Verschlingen. Um den Namen, um den Namen / Ist ihnen nur zu thun« (ebd.).

Gegen Juden hegt Sittah die übliche Geringschätzung, ist bestenfalls bereit, Nathan als Ausnahme von der Regel zu sehen (II, 3; LM III, 54 f.). Dass sie, nachdem sie erfahren hat, dass Recha nicht Nathans leibliche Tochter ist, keine Bedenken hat, sie dem »unrechtmäßigen Besitzer« zu entziehen und sie in den Sultanspalast holen zu lassen, mag damit zusammenhängen (IV, 5; LM III, 130).