Fünfeichen
Sowjetisches Häftlingslager in der Nähe von Neubrandenburg. In der NS-Zeit war es ein deutsches Kriegsgefangenenlager.
1287-1298 Es liegt »vier Kilometer vom Stargarder Tor«. Heinrich Cresspahl wird hier von Februar 1947 bis Mai 1948 von den Sowjets gefangengehalten. Auf dem Marsch dorthin erkennt er das Lager, das er von früher kennt: »Hier liegt Fünfeichen, das Sanatorium! [...] noch 1944 hatte er in dieser Gegend für die Briten nicht nur den Fliegerhorst Trollenhagen ansehen sollen, auch wie die Deutschen in Fünfeichen ihre Kriegsgefangenen hielten.« – Seine Mithäftlinge glauben im KZ Neubrandenburg zu sein, Cresspahl weiß es besser: Er befindet sich »im alten Südlager von Fünfeichen, in der Baracke 9 oder 10 S«. – Über sein Gefangenenleben in Fünfeichen.
Vgl. auch 1331-1332. 1455. 1569. 1672. 1675. 1832.
Das Lager wurde 1939 auf dem Gebiet des Gutes Fünfeichen als Kriegsgefangenenlager ›Stalag II A‹ eingerichtet. Nach dem Krieg wurde es von der sowjetischen Besatzung als Internierungslager des NKWD genutzt und hieß nun ›Speziallager Nr. 9‹. – Bei dem im Text gelegentlich erwähnten ›KZ Neubrandenburg‹ (1280) handelt es sich nicht um Fünfeichen, sondern vermutlich um eines der beiden in bzw. bei Neubrandenburg gelegenen ehemaligen Außenlager des KZ Ravensbrück. Eines lag in der Ihlenfelder Vorstadt, das andere sog. Waldbau-Lager in einem Waldgebiet zwischen Neubrandenburg und Neustrelitz.
Die Beschreibung des Lagers (1287-1288) beginnt mit einer parodierenden Bezugnahme auf den Anfang von Thomas Manns Erzählung »Tristan«: »Hier ist ›Einfried‹, das Sanatorium! Weiß und geradlinig liegt es mit seinem langgestreckten Hauptgebäude und seinem Seitenflügel inmitten des weiten Gartens, der mit Grotten, Laubengängen und kleinen Pavillons aus Baumrinde ergötzlich ausgestattet ist, und hinter seinen Schieferdächern ragen tannengrün, massig und weich zerklüftet die Berge himmelan. Nach wie vor leitet Doktor Leander die Anstalt. Mit seinem zweispitzigen schwarzen Bart, der hart und kraus ist wie das Roßhaar, mit dem man die Möbel stopft, seinen dicken, funkelnden Brillengläsern und diesem Aspekt eines Mannes, den die Wissenschaft gekältet, gehärtet und mit stillem, nachsichtigem Pessimismus erfüllt hat, hält er auf kurz angebundene und verschlossene Art die Leidenden in seinem Bann, – alle diese Individuen, die, zu schwach, sich selbst Gesetze zu geben und sie zu halten, ihm ihr Vermögen ausliefern, um sich von seiner Strenge stützen lassen zu dürfen.«