Gantlik, Friedrich

Vater von Anita Gantlik, Bauer aus Ostpreußen, strandet 1945 mit seiner Tochter im Jerichower Winkel; seit Juli 1945 Polizist in Jerichow.

1182-1183 Im Juli 1945 wird er von Bürgermeister Heinrich Cresspahl in eine »nackte Wehrmachtsuniform« gesteckt und zum Polizisten gemacht. Die Dienstwaffe, die er auf Anordnung des Stadtkommandanten Pontij speziell zum Schutz der Frauen gegen Übergriffe von Rotarmisten tragen soll, mag er nicht mit sich führen. Cresspahl »wollte es Gantlik nicht verdenken, daß er sich drücken wollte vor einem Schußwechsel mit Rotarmisten, Gantlik hatte den Posten bei der Stadt eher angenommen, sich ein Bürgerrecht hier zu verdienen, er war kleinwüchsig, zwar zäh, ein Bauer ohne Land, und vielleicht hatte die weite Reise von der Memel bis Jerichow ihm ein unbedenkliches Auftreten ausgetrieben.« Wenn die Polizisten »zu einer Streitigkeit unter Deutschen« gerufen werden, nehmen sie die Waffe mit.

1605 Bei der Ankunft im Jerichower Winkel hat er die elfjährige Anita bei einem Bauern in Wehrlich zurückgelassen, für den sie als Tagelöhnerin schuften muss; behält seinen Sold für sich, »als wünsche er dieser Tochter ein Verkommen und Verrecken«.

1608-1609 Anita über ihre Herkunft: Die Gantliks »saßen an der Memel, aber wo sie auch Njemen heißt, mit gutem polnischem Namen, davon ist Gantlik der Stummel. Kommen die Deutschen und bieten uns den blauen Ausweis an […] wegen eines Großvaters aus Westfalen.« Ihr »Schwachkopf von einem Vater« sei sogleich in die NSDAP eingetreten, »weil ihm das gefällt, wie deutsche Panzer ein polnisches Dorf flach legen«. Er wurde für den zerstörten Hof entschädigt durch einen Hof bei Elbing. »Als die Rote Armee uns einholte im Januar 1945, konnten wir schriftlich vorzeigen, daß wir Deutsche waren. Meine Mutter, meine Geschwister, auf freiem Feld haben wir sie beerdigt.« Anita, damals elf Jahre alt, wurde von drei Rotarmisten vergewaltigt. »Mein Vater, der Deutsche, er konnte für kein elfjähriges Kind einstehen.«

1610 Anita entzieht sich der Erziehungsberechtigung des Vaters, indem sie eine Schwester ihrer Mutter ausfindig macht, die aus dem Ruhrgebiet nach Gneez übersiedelt und fortan »auf dem Papier« als als ihr »Haushaltsvorstand« geführt wird.

Zur ›Eindeutschung‹ des polnischen Namens der Gantliks vgl. Jahrestage-Kommentar zu S. 1608, 35-37.