Sieboldt (Dicken Sieboldt)
Schüler an der Fritz Reuter-Oberschule in Gneez, zwei Klassen über Gesine Cresspahl. Befreundet mit seinem Mitschüler Gollantz, mit dem zusammen er die Schule nach Pfingsten 1950 mit regimekritischen Flugblättern beklebt. Dafür werden beide wenige Monate nach ihrem Abitur 1950 zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt, aber schon nach 5 Jahren in den Westen entlassen, wo sie gemeinsam in Bonn und Heidelberg Jura studieren. Seit 1962 Anstellung im Auswärtigen Amt mit Aussicht auf einen Posten als Botschafter der Bundesrepublik.
1557 Die »Herren Sieboldt und Gollantz, Elfte Klasse«, wollen von Gesine wissen, »was die Leute in Jerichow dachten über die Sprengung von Kasernen und Unterkunft für Flüchtlinge«. Gesine kommt nicht dazu zu antworten, Lise Wollenberg kommt ihr zuvor und vermasselt ihr die Gelegenheit zu einem Flirt mit den begehrten »Herren«, die schon lange Hosen tragen.
1654-1655 Er ist Organisations-Sekretär der Zentralen Schulgruppenleitung der FDJ. »Dicken hieß er, weil er etwas Bulliges an sich hatte, bedrohlich für den Fremden, der unversehens sich in seiner Koppel sieht; für ihn war ich Cresspahl sin Gesin. Nahm es gern ungenau: wußte sein Leumund.« – Im Zusammenhang mit der ›Badeanzug-Affäre‹ zwischen Bettina Selbich und Gesine Cresspahl im Mai 1950 zieht er Gesine beiseite und bedeutet ihr, dass sie gut daran tue, ihre Beschwerde gegen Bettina Selbich zurückzuhalten. Er nutzt den Vorfall, um sich an Bettina Selbich heranzumachen, besucht sie unter dem Vorwand, »Fragen der F.D.J.-Verwaltung« besprechen zu wollen, abends in ihrer Wohnung, wird »mehrmals im Domhof beobachtet zu nächtlicher Zeit« (vgl. auch 1660).
1682 Abitur 1950. Bei der Eröffnung des Schuljahres 1950/51 übergeben Gollantz und Sieboldt ihre Ämter in der ›Zentralen Schulgruppenleitung‹ der FDJ an ihre Nachfolger: »Übergang in Semestergruppen der Universität Rostock.«
1713-1721 Im Oktober 1950 werden Gollantz und Sieboldt angeklagt, für die Flugblattaktion an der Schule (vgl. 1669-1680) verantwortlich zu sein. Am 30. Oktober wird die Gerichtsverhandlung in der Aula der Fritz Reuter-Oberschule geführt, zu der die Schüler als Zuschauer antreten müssen. Gollantz und Sieboldt werden unter Polizeibewachung hereingeführt: »Zwei Jungen im Alter von Neunzehn und Zwanzig, verkleidet in den Sonntagsanzügen ihrer verstorbenen Väter.« Die beiden geben die Aktion zu. Gollantz soll sich »als verführt bekennen durch Sieboldt«, besteht aber »auf seinem eigenen Kopf, damit er genau so viele Jahre bekam wie der Freund«.
Sieboldt verzichtet darauf, Bettina Selbich bloßzustellen, die, in Erinnerung an »die nächtlichen Besuche des F.D.J.-Amtsträgers Sieboldt«, eine stammelnde Zeugin abgibt, »und wenn ihm das schwer fiel, so war es doch wie er später von sich zu denken wünschte«.
Gollantz und Sieboldt werden zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Davon müssen sie nur 5 Jahre absitzen: Nach der Mission Adenauers in Moskau zur Übergabe der letzten Kriegsgefangenen wurden sie zusammen mit den Kriegsgefangenen ausgeliefert. Sie studierten dann gemeinsam in Bonn und Heidelberg Jura und »sind seit 1962 übernommen vom Auswärtigen Amt«, und die »Lisette, die hat gewartet ihre sieben Jahr. Die hat ihren Gollantz geheiratet, bei denen geht Sieboldt zu Besuch als Pate.«
1779 Hatte Gesine Cresspahl die Autobiographie von Viktor Kravtschenko »im Vertrauen« geliehen.
Vgl. auch 1559. 1631. 1632. 1660. 1677. 1759. 1797. 1854.
Nicht »Lockenvitz und Gollantz« (1682), sondern Sieboldt und Gollantz übergeben am Beginn des Schulfahres 1950/51 ihre FDJ-Ämter: Lockenvitz gehört zu Gesines Jahrgang und übernimmt bei dieser Gelegenheit überhaupt erst ein Amt.