Phia

Phia, mit vollem Namen: Sophie Sternow, ist die Tochter des Etatrats und die einzige Schwester von Archimedes. Deutlich jünger als dieser, erinnert das Mädchen »in keinem Zuge weder an den Bruder noch an den Vater; ihr schmales Antlitz war blaß – auffallend blaß« (III, 19). Dem Erzähler kommt es so vor, als wäre der Tod ein steter Begleiter dieses Mädchens: Beispielweise wird ihre Blässe darauf zurückgeführt, dass ihre Mutter bei ihrer Geburt verstarb; oder dem Erzähler wird Phias Gestalt zum Inbegriff einer ›Willis‹, eines Elfenwesen (vgl. hierzu genauer den Kommentar III, 785).

Phia ist nicht sehr gebildet, was sich etwa an ihren unzureichenden Mathekenntnissen zeigt. Dennoch besucht sie die Mädchenschule. Dort ist sie eine Außenseiterin, was aufgrund der Gesellschaftsunfähigkeit ihres Vaters auch so bleiben wird, obwohl etwa der Erzähler versucht, das zu ändern. Wenngleich Phia in ihrer Kindheit also schon einiges durchzustehen hat, so beginnt ihr eigentliches Leid doch erst, nachdem ihr Beschützer Archimedes das Elternhaus zum Studieren verlassen hat.

Man erfährt kaum, was in dieser Zeit passiert. Das hängt damit zusammen, dass man als Leser an die Perspektive des Erzählers gebunden ist und diesen mit Archimedes in die Universitätsstadt begleitet. Was man erfährt, ist deswegen immer schon ein Resultat dessen, was sich zwischenzeitlich ereignete. Ein gutes Beispiel dafür ist die Ballnacht, an der teilzunehmen sich Phia aus (da noch) unklaren Gründen ziert. – Auch wenn es natürlich einige Hinweise gibt: So erkennt der Erzähler etwa, dass Phia »keine Kinderaugen« mehr hat (III, 39). – Daraus ergibt sich, dass man über einige Fakten hinaus über die eigentliche Geschichte Phias nur mutmaßen kann. Zunächst die Fakten: Nach Archimedes Abreise führt Käfer zunehmend das Regiment im Haus. Phia wird einer Dienstmagd immer ähnlicher. Sie ist zudem schwanger von Käfer. In der Nacht, in der das Kind geboren wird, sterben Phia und das Neugeborene. Es scheint, als sei dies passiert: Nach Archimedes Abreise erliegt Phia den Verführungskünsten des schönen Käfers. Ihr Vater erkennt aufgrund seiner Alkoholsucht nicht, was in seinem Haus vor sich geht. Durch die ungebührliche Schwangerschaft gerät Phia in gesellschaftlichen Misskredit. Sie stirbt bei der Geburt und zusammen mit ihrer Tochter. In der Logik der Novelle läge damit die Schuld für Schwangerschaft und Tod letztlich beim Etatsrat, der seine Pflichten als Hausvorstand verletzt hat und Käfers Verhalten hätte unterbinden müssen.