Weichbrodt, Therese (Sesemi)
Fräulein Weichbrodt ist Inhaberin eines kleinen Mädchenpensionats am Mühlenbrink und »sie war so bucklig, dass sie nicht viel höher war als ein Tisch« (II, 7., 91). Sie ist 41, als Tony Buddenbrook ihre Schülerin wird, und kleidet sich wie eine 60-70jährige, in schwarz, mit grüner Haube über den grauen Locken. In ihrer kleinen Töchterschule werden vor allem Fremdsprachen durch ausländische Lehrerinnen unterrichtet, z.B. Miss Brown und Mademoiselle Popinet.
»Das kleine Fräulein Weichbrodt besaß kluge und scharfe braune Augen, eine leichtgebogene Nase und schmale Lippen«. In ihren Bewegungen lag ein Nachdruck, »der zwar possierlich, aber durchaus respektgebietend wirkte«. Ihre etwas einfältige ältere Schwester, Nelly Kethelsen, eine verarmte Witwe, gehört auch zum Haushalt (92 f.). Fräulein Weichbrodt ist streng, aber sie erlaubt den besseren Schülerinnen auch, sie mit ihrem Kindernamen »Sesemi« zu nennen, und traktiert die Pensionärinnen gern mit einem süßen kalten Punsch namens »Bischof«.
Tonys angenehmer Aufenthalt bei Sesemi Weichbrodt mit den Freundinnen Gerda Arnoldsen, Armgard von Schilling und Eva Ewers, endet, als Grünlich um ihre Hand anhält. »Sei glöcklich, du gutes Kend!« (III, 14., 178) sagt Sesemi gerührt anlässlich jedes Familienereignisses im Hause Buddenbrook, so auch jetzt – leider kein gutes Omen. Nach ihrer Rückkehr aus München wird Tonys Tochter Erika ebenfalls bei ihr erzogen (VI, 2.).
Sesemi, immer kleiner und buckliger, wird auch später regelmäßig zu den Familienfesten bei den Buddenbrooks eingeladen (VIII, 8.). Sie hat, nun 75 Jahre alt, das letzte Wort im Roman und verkündet wie eine kleine Prophetin, es gebe ein Wiedersehen mit den Toten: »Es ist so«. (XI, 4., 837).
Abbildung aus Hoffmeister/Gernhardt (51). – © Robert Gernhardt.