Buddenbrook, Tony (Antonie)
Tochter von Elisabeth und Johann (Jean) Buddenbrook junior, Schwester von Thomas, Christian und Klara (Clara) Buddenbrook, Mutter von Erika Grünlich (verh. Weinschenk). Tony wird 1827 geboren, man lernt sie und ihre Geschwister als Kinder im ersten Kapitel kennen. Sie hat graublaue Augen, blonde Haare und ist niedlich, graziös und keck, aber nicht sehr intelligent. In der Stadt spielt sie die kleine Königin und verspottet die städtischen Sonderlinge (II, 2., 70f.).
Sie kommt in das Mädchenpensionat von Sesemi Weichbrodt, wo sie sich mit Gerda Arnoldsen aus Amsterdam, Armgard von Schilling aus Mecklenburg und Eva Ewers anfreundet (II, 6., 7.).
Die Bewerbung von Bendix Grünlich setzt diesem Jugendleben ein Ende (III, 4.). Als die 18jährige Tony sich hartnäckig dem Drängen Grünlichs, der Eltern und sogar des Pastors Kölling (III, 4., 124) widersetzt und dabei blass und elend wird, darf sie sich für ein paar Wochen in Travemünde erholen. Dort wohnt sie im Haus von Lotsenkommandeur Schwarzkopf und verliebt sich in dessen ernsten Sohn Morten, der keine schönen Worte macht, sondern sie über vieles belehrt. Zum ersten Mal begegnen ihr andere Werte als Rang und Geld (III, 5.). Als sie und der Medizinstudent sich heimlich verloben, schreibt sie dem Vater, und prompt erscheint Herr Grünlich, um seine »Rechte« geltend zu machen (III, 9). Morten muss zurück nach Göttingen, Tony nach Hause. Auf der Rückfahrt mit Thomas weint sie bitterlich – sie will Morten nie vergessen.
Aber am Tag nach ihrer Rückkehr studiert sie das Familienbuch und trägt ihre Verlobung mit Herrn Grünlich ein (III, 13.). Die Hochzeit findet im Januar 1846 im Hause Buddenbrook statt (III, 14.). In Hamburg bewohnt das Paar eine prachtvolle Villa am Stadtrand, Grünlich meidet geselligen Verkehr.
Im Oktober 1846 bekommt Tony eine Tochter, Erika (IV, 1.). Vier Jahre nach der Hochzeit, im Januar 1850, stellt sich heraus, dass Grünlich zahlungsunfähig ist und sie nur wegen ihrer Mitgift, die er dringend brauchte, geheiratet hat (IV, 5.). »Ich habe ihn niemals geliebt ... er war mir immer widerlich ... weißt du das denn nicht?« sagt sie zu ihrem Vater (IV, 7., 237), der jetzt bereut, sie zur Heirat überredet zu haben, und sie ins Elternhaus zurückholt. Rasch findet sie sich in ihre neue interessante Rolle als lebenserfahrene Frau daheim (IV, 10.).
Im April 1857 fährt Tony, die sich in der frommen Gesellschaft der Mengstraße langweilt, zu ihrer Pensionsfreundin Eva Ewers, jetzt Frau Niederpaur, nach München (VI, 1.). Dort lernt sie den Hopfenhändler Permaneder kennen: »ein netter, spaßhafter Mann in gesetzten Jahren und Junggeselle« – und Protestant, wie sie an die Mutter schreibt (VI, 1., 338). Als Herr Permaneder bald darauf bei den Buddenbrooks erscheint, ist ihr sein plebejisches Gebaren doch etwas peinlich (VI, 2., 4.). Aber sie hofft, durch eine zweite Ehe die Blamage der ersten wieder korrigieren zu können und so verlobt sie sich mit Alois Permaneder. Nach der Heirat zieht sie mit Erika nach München, wo der gemütliche Herr Permaneder sich zu ihrem Entsetzen mit ihrer Mitgift (17.000 Taler = 51.000 Mark) zur Ruhe setzt (VI, 8.). Als dann noch ihr zweites Kind nach der Geburt stirbt, gibt es für Tony keine Zukunftsperspektive in München mehr. Dass ihr Mann sich eines Abends betrunken an der Köchin zu vergreifen versucht, nimmt sie zum Anlass, diese Ehe und die ihr vollständig fremd gebliebene Stadt zu verlassen (November 1859). Permaneder stimmt der Scheidung ohne weiteres zu und Tony macht wieder einen Eintrag ins Familienbuch (VI, 10., 11.).
Es wird nicht darüber gesprochen, dass Thomas, der untadelige Nachfolger seines untadeligen Vaters, wie jener aus falsch verstandener Firmenräson, einmal das Glück seiner Schwester Tony missachtet und aus demselben Grund mit der ganzen Familie ihre zweite zum Scheitern verurteilte Ehe gefördert hat.
Tonys Stab und Stütze ist der Familienstolz, die Familienehre, der sie zweimal einen Makel zugefügt zu haben glaubt (VII, 4.). Um so glücklicher macht sie die Heirat ihrer Tochter Erika mit Hugo Weinschenk. Sie zieht zu dem jungen Paar (1866/67). Als ihr Schwiegersohn wegen Versicherungsbetrugs zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt wird, ist sie verzweifelt und wird krank (VIII, 9.).
Dass das Elternhaus verkauft wird und ausgerechnet an Hermann Hagenström, den sie seit Kindertagen für ihren Feind hält, empört sie; ihr Schmerz äußert sich noch ebenso kindlich wie ihr Stolz (IX, 4.). Sie zieht mit Erika und der Enkelin in eine Wohnung am Lindenplatz.
Tony besucht Thomas im September 1874 in Travemünde und macht Strandwege mit ihm (X, 6.). Was er tief nachdenkend über das Meer sagt, ist ihr peinlich. Ihr Herz dagegen ist leicht und frei (X, 6., 739), denn sie hat immer alles laut ausgesprochen, was sie quälte. So äußert sie auch ihre Trauer bei Thomas' plötzlichem Tod 1876 und nach Hannos Tod. Am Ende des Romans beschließt sie, die Frauen, die den Rest der Familie Buddenbrook bilden, in Zukunft zusammenzuhalten (XI, 4.).