Roderich, Freiherr von R. jun. (Roderich Born)

Sohn von Wolfgang Freiherr von R., verheiratet mit Seraphine und Gastgeber der alljährlichen Jagdgesellschaft, an der auch der Erzähler Theodor und sein Großonkel, der Advokat V., teilhaben. 

Er ist der geheim gehaltene Sproß aus der vom Großvater Roderich sen. missbilligten Ehe zwischen Wolfgang und Julie von St. Val. Wolfgang hatte heimlich geheiratet und sich bei der Hochzeit als Kaufmann namens Born ausgegeben, weshalb Roderich seine Kindheit mit seiner Mutter unter diesem Namen in Genf verlebte, unwissend, wer sein Vater wirklich war. 

Sein Onkel Hubert behielt dieses Geheimnis nach Wolfgangs Ermordung für sich und trat das Erbe des Majorats an. Jahre später machte er, von Gewissensbissen geplagt, den Jungen ausfindig, sorgte im Verborgenen für seinen Unterhalt und setzte ihn testamentarisch zum Erben ein, so dass Roderich erst nach dem Tod des Onkels von seiner Herkunft erfuhr. 

Eines Nachts, Roderich und der Advokat V. arbeiteten an den Rechnungsbüchern, betrat der todkranke und schlafwandelnde Hausverwalter Daniel den Rittersaal. Unwissend sprach Roderich ihn mit den letzten Worten seines Vaters – »Daniel! – Daniel! – was machst du hier zu dieser Stunde!« – an, worauf dieser tot zusammenbrach (278). Roderichs Schuldgefühle milderte V. mit der Aufklärung über Daniels Mord an Wolfgang und dem Resümee: »Die ewige Macht ließ den Sohn Rache nehmen an dem Mörder des Vaters« (278).

Nach diesen Eröffnungen wollte auch Roderich nicht länger in dem Stammschloss leben und ging mit seiner Frau (und Cousine) Seraphine auf seine Güter in Curland. Nur einmal jährlich, im späten Herbst, hält er sich für kurze Zeit im Schloss auf, um mit der Unterstützung des alten Advokaten V. die wichtigsten Verwaltungsangelegenheiten zu erledigen, und das Leben kehrt mit einer großen Jagdgesellschaft für kurze Zeit in das Schloss zurück. In einer Jagdsaison in den 1790er Jahren spielt die Rahmenhandlung, in der der Erzähler Theodor mit seinem Großonkel V. auf dem Spukschloss weilt, dem Geist Daniels begegnet und sich in Seraphine verliebt. 

Der Advokat hat Roderich als »sanftmütigen, beinahe weichlichen Jüngling« kennengelernt, dann aber beobachtet, dass er mit der Zeit immer mehr das Wesen seiner Vorfahren angenommen hat (202). Und tatsächlich verhält sich der junge Freiherr Theodor gegenüber äußerst ruppig und wie ein »rauher Despot« (220), während er dem Advokaten V. eine »gewisse kindliche Ehrfurcht« entgegen bringt (214). 

Als seine Frau Seraphine einen Schwächeanfall erleidet, beschuldigt er Theodor, diesen »Nervenzufall« durch sein Cembalospiel verursacht zu haben. Mit den »schmachtelnden Pinseleien am Klavier, das so kein Mann spielen sollte«, habe der junge Mann es darauf angelegt, Seraphine »methodisch zu Tode zu quälen« (239). Dass Theodor in Seraphine verliebt ist, scheint er nicht zu bemerken.

Theodor reist am Folgetag mit V. ab und erfährt erst im folgenden Sommer, dass sich zwei Tage nach ihrer Abreise ein Schlittenunfall ereignete, bei dem Roderich aus unerklärlichen Gründen die Kontrolle über den Schlitten verlor und Seraphine zu Tode kam: »Der Freiherr kann sich nimmer trösten, seine Ruhe ist die eines Sterbenden«, schließt V. die Familiengeschichte der Freiherrn zu R. (283). Viele Jahre später erfährt Theodor bei einem Besuch der Schlossruine, dass Roderich erbenlos gestorben und das Majorat an den Staat gefallen ist.