Marie

Marie Zickwolf lebt mit Franz Woyzeck und ihrem gemeinsamen unehelichen Sohn Christian zusammen. Sie wurde offensichtlich als Kind von ihrem Vater misshandelt, hat jedoch auch früh gelernt sich zu wehren: »Mein Vater hat mich nicht angreifen gewagt, wie ich 10 Jahr alt war, wenn ich ihn ansah« (H 2,8).

Sie sieht sich selbst als einfache Frau, ist sich jedoch bewusst, dass sie hinsichtlich ihrer weiblichen Reize mit den »großen Madamen« mithalten kann (H 4,4). Während Woyzeck nicht zu Hause ist, schaut sie bewundernd dem Tambourmajor nach, so dass ihre Nachbarin ihr Untreue vorwirft: »sie guckt 7 Paar lederne Hose durch« (H 4,2).

Sie bekommt vom Tambourmajor ein Paar goldene Ohrringe geschenkt. Woyzeck erzählt sie, sie habe die Ohrringe gefunden, dieser durchschaut zwar die Lüge, doch er kümmert sich nicht weiter darum. Sie bekommt ein schlechtes Gewissen, rechtfertigt aber die Lüge damit, dass sie ohnehin ein »schlecht Mensch« sei (H 4,4).

So kommt es zu einer Liebesszene mit dem Tambourmajor, und sie ist »stolz vor allen Weibern« (H 4,6). Als er von gemeinsamen Kindern zu sprechen beginnt, wehrt sie ihn »verstimmt« ab. Der Frage des Tambourmajors, ob sie den Teufel im Leib habe, entgegnet sie resigniert: »Meintwegen. Es ist alles eins« (H 4,6). Als Woyzeck sie später damit konfrontiert, dass er sie zusammen gesehen hat, streitet sie alles ab: »Man kann viel sehn, wenn man 2 Auge hat und man nicht blind ist und die Sonn scheint« (H 4,7).

Dennoch plagt sie ihr Gewissen. Sie liest in der Bibel die Geschichte von der Ehebrecherin, die Jesus nicht verdammt, sondern nur aufgefordert hat, in Zukunft treu zu sein. Marie verzweifelt über dem Wissen, dass sie dazu nicht imstande ist. Auch der Anblick ihres Sohnes erinnert sie an ihre Schuld: »Das Kind, giebt mir einen Stich in’s Herz. Fort!« (H 4,16).

Außerdem ist sie in Sorge, da Woyzeck schon seit zwei Tagen nicht mehr bei ihr erschienen ist. Als er schließlich wieder auftaucht, begleitet sie ihn, ohne zu zögern, obwohl er ihr nicht sagt, wohin sie gehen (H 1, 14). Als sie die Stadt verlassen und es dunkel wird, will sie umkehren, doch Woyzeck hindert sie und erinnert sie an das zweijährige Bestehen ihrer Beziehung. Kurz bevor er das Messer zieht, sieht sie ihm schon an, dass etwas nicht in Ordnung ist: »Was hast du vor? […] du bist so blass« (H 1,15). Sie schreit um Hilfe, aber er ist schon weg, als Leute kommen, die ihre Leiche finden. Der Mord sorgt sowohl bei der Bevölkerung als auch bei der Polizei für große Aufregung. Für den Polizeidiener ist es ein »schöner Mord« (H 1,21).