Walter Kempowski: Tadellöser & Wolff (1971)

Ballon, Edmund

Walters Sportlehrer. »Das Turnen bei Edmund Ballon (›man betone auf der ersten Silbe‹) ging noch an« (203).

Berg

Ein Däne, der mit zwei anderen Dänen, Jenssen und Sörensen, in der Firma von Walters Vater arbeitet (195 f.).

Bombowski

Alter Turmdiener an der Marienkirche, die er während des Bombenangriffs gerettet hat. Seitdem wird er geachtet, ebenso wie die Kirche (214).

Bonsac, de (Großvater)

Walters Großvater mütterlicherseits. Kommt aus Hamburg zur Hochzeit von Walters Schwester Ulla. »Einsfünfundachtzig, schmaler Kopf. Altes Hugenottengeschlecht, lauter Pastoren.« Er hat mal Hitler gesehen – »Ein fabelhafter Mann« (284). Als Frau Kempowski sich in Graal erholen muss, kommt Walter zum Großvater nach Wandsbek; der ist 76, die Familie wurde einst im Tuchhandel reich. Sie erleben einen Bombenangriff, das Dach wird abgerissen, Walter fährt wieder heim. Aber im Frühjahr 1945 trifft der Großvater in Rostock ein, sein Haus ist völlig ausgebrannt. Ein Konfirmand sagt zu ihm: »Sie haben Hitler gewählt, und wir müssen das jetzt ausbaden.« (447)

Bonsac, Richard de

Onkel von Walter, Oberstleutnant im Führerhauptquartier (110). Kommt zu Ullas Hochzeit, mit Tochter Rita. Macht großen Eindruck mit seiner Uniform (284). Ein Sohn ist bei der Flak (Fliegerabwehr) in Skagen, der andere in der Hitlerjugend (288). Er spricht begeistert von Hitler (289 f.).

Brüning, Gert

Ein stiller, feiner Knabe, Sohn eines Bankdirektors, der wie Walter in die »Pflichtgefolgschaft« beordert wurde (406 f.). Während sie »geschliffen« werden, bekommt er Extra-Schläge von SA-Mann Hornung (412 f.).

Denzer

Teilhaber von Kempowskis Firma, einbeinig seit dem ersten Weltkrieg. Er setzt sich bei der Gestapo für Sörensens Freilassung ein. Flieht noch kurz vor dem Kriegsende aus Rostock (466).

Dettmann, Helmgunde

Ein ungepflegtes Mädchen, Tochter des NS-Kreisleiters, das auch Hausaufgaben bei Anna Kröger macht (242). Walter nennt sie ›Das Lichtkind‹, weil ihr Vater bei einer Weihnachtsfeier (›Julfest‹) der Spielschar auf Jesus ›geschimpft‹ hat: »›Lichtkind‹ müsse es heißen. ›Balder, das Urlicht ist da.‹« (148). Auf Frau Krögers Frage nach ihrem leidenden Vater sagt sie: »Der wird sich schon wieder aufkrebsen.« (294)

In einigen späteren Auflagen heißt sie Mattmann.

Eckhoff

›Jungvolk‹-Führer, Sohn eines Studienrats (54). »Schleift« die kleinen Jungen. Er leitet einen Wochenendausflug nach Bad Doberan, an dem auch Walter teilnimmt. Sie machen Spiele, er liest Gedichte auf den Führer vor und Goethes »Über allen Gipfeln« (56). Er spielt Geige, ist auch Mitglied der HJ-Spielschar, wo er mit Gina Quade im Quartett spielt, die sich in ihn verguckt: »Das aristokratische Profil, sein kurzes Kraushaar, das war ja auch bewunderungswürdig«, muss Walter sich eingestehen (145). Erscheint auch später oft in seiner Funktion als HJ-Führer (387). Seine Mutter ist unglücklich über ihn (417). Kurz vor Kriegsende wird er noch mit Manfred und anderen mit Panzerfäusten nach Neubrandenburg geschickt (473).

»Esau«

Urlauber im Harz, wo auch die Kempowskis im Sommer 1939 Ferien machen, ein »finsterer, südländischer Typ«. Robert nennt ihn »lila Maxe«, die Mädchen nennen ihn »Esau«. Er behauptet, Zahnarzt zu sein; Ulla Kempowski neckt ihn in der Badeanstalt (83).

Finck, Dr.

Walters Klassenlehrer 1941 (Spitzname »Liesing«, d.h. Lieschen), er hat auch schon den Vater und den Bruder unterrichtet (125 ff.). Nationales und Nordisches spielt eine große Rolle, Fremdwörter werden eingedeutscht. 1944 erscheint er wieder, nun beim Pflichtdienst: Bucheckernsammeln mit dem Jungvolk (384). Kurz bevor die Russen da sind, flieht er mit dem Schiff, wie viele andere (467).

Germitz, Familie von

Im Sommer 1944 verbringt Walter drei Wochen auf dem Gut der Familie am Plauer See, er ist mit dem Sohn Ferdinand befreundet (347 ff.). Die Familie besteht aus Großvater, Mutter, zwei Tanten, zwei Schwestern von Ferdinand, von denen Walter die 16-jährige Margreta (Greta) besonders gut gefällt; Rosalinde ist 12 und wird »das Ross« genannt (349). Die »gute Tante« tauscht mit Walter Zitate aus und versteht etwas von Jazz. Unangenehm ist ein Gutsinspektor. Ende des Jahres besucht Greta Walter in Rostock und lässt sich die Stadt zeigen (400 ff.).

Globig, Elisabeth von

Mädchen aus Berlin, wohnt mit ihrer Mutter in der Pension im Harz, in der die Kempowskis im Sommer 1939 Urlaub machen. Ein Mädchen »mit Doppelkinn und Knickfüßen«, wie Robert bemerkt; spielt Klavier, freundet sich mit Ulla an (82).

Greif, Klaus

Mitschüler von Walter (127). Er wird in der Schule von Lehrer »Liesing« (Dr. Finck) gelobt wegen einer Meldung, nach der ein Deutscher in London einen jüdischen Amerikaner niederschlug, von dem er sich provoziert fühlte. (Mit dieser Geschichte biedert Walter sich 1945 bei der HJ an, 431). – Auch während der Krieg fortschreitet, bleibt Greif ein Freund, der Walter und die anderen über Sexuelles ›informiert‹ (264). Walters Freunde Manfred und Krahl gehören auch zu ihrer Clique.

Hannes

Lehrer in Walters Klasse, genannt »Uhu«. – Er macht 1941 naturkundliche Sonntags-Ausflüge mit Schülern (122). – Einmal schickt er Klaus Bismarck Stüwe in die ›Inquisitionskammer‹ zum Vertrimmen (408).

Hanni

Tante von Walter, wohl Schwester der Mutter, die er in Hamburg besucht, »die zierliche, die feine«. Ihr Mann ist ein »Koloß, Fliegerhorstkommandant«; es gibt auch Vettern und Kusinen (311).

Heinemann

Papierhändler. Das Ehepaar wohnt Kempowskis gegenüber, ihr Haus wird in einer Bombennacht zerstört, sie retten sich in den Keller der Woldemanns, völlig verstört (164). Später fallen ihre beiden Söhne im Krieg, nur eine kleine Tochter bleibt ihnen. Sie haben eine Werkstatt, sind katholisch (368).

Hook, Kippie

Führer in der HJ, schleift die Jungen in der »Pflichtgefolgschaft« (410).

Hornung

SA-Mann, der beim ersten Termin der »Pflichtgefolgschaft« auftaucht und deren Führer anweist, die Jungen zu »schleifen, daß ihnen das Wasser im Arsch kocht« (412). Er verprügelt Gert Brüning mit seinem Schulterriemen (412 f.).

In einigen späteren Auflagen heißt er Harnack.

Jäger

Walters Lateinlehrer, Studienrat. »Schlimm war Latein«. Jäger »schlug mit der flachen Hand aufs Pult: ›Zum Deibel, heertema!‹«. Nach Mutter Kempowskis Diagnose ist er ›übernervös‹, »völlig degeneriert.« (203 f.)

Jahn

Blinder Organist an der Marienkirche, die als einzige Rostocker Kirche den Bombenangriff überstanden hat. Beim Gesang von Frau Kröhl hatte er einmal einen Ausbruch des Schmerzes über sein Schicksal (217). Walter liebt es, seinem Orgelspiel zuzuhören (215 ff.). Ende 1944 gibt er ein Orgelkonzert in der Marienkirche, das Walter mit seiner Mutter besucht (418-420).

In einigen späteren Auflagen heißt er Frahm.

Jenssen

Ein Däne, der wie Berg und Sörensen in der Firma Kempowski arbeitet (195 f.).

Kempowski, Grete (geb. de Bonsac)

Walters Mutter. Früher hat sie viel gelesen. Sie ist stolz auf ihre Herkunft und das Familienwappen der Bonsacs: »Bonum bono, dem Guten das Gute« (11). Ihr Vorname bleibt lange ungenannt, sie heißt Grete (231). Sie erfüllt alle traditionellen Hausfrauen-Pflichten, abends betet sie mit dem Jüngsten und singt gern. »Wie isses schön!« ist eine typische Wendung von ihr. Sie hofft immer auf einen glücklichen Ausgang, wenn es anders kommt, sagt sie: »Nein, wie isses nun bloß möglich« (193 u.ö.), und bei Unerfreulichem: es habe doch auch seine guten Seiten oder »Das wird nachher noch ganz schön« (278).

Ihr Umgang mit Mann und Kindern ist liebevoll und kritisch. Den Mann findet sie überkorrekt – andere hätten aus dem feindlichen Ausland Pelzmäntel und Schokolade mitgebracht (131). Sie gehört zur anti-nazistischen ›Bekennenden Kirche‹ und fragt einmal Prof. Knesel, wie der Krieg zu rechtfertigen sei. Er: Es sei »wie ein Reinwaschen« (156). Ähnlich bei Pastor Vorndran in Gartz (191). Sie bevorzugt die Klosterkirche und Weihnachten besucht sie mit der Familie den Gottesdienst von Prof. Knesel.

Sie amüsierte sich früher über den Gesang von SA-Männern. »Ich dachte, das wär’n Ascheimerleute« (143). Während des ersten Bombenangriffs auf Rostock 1942 bewährt sie sich im Haus, sie ist auch Luftschutzwart (159 ff.). Da ihr Haus stehen geblieben ist und die Kinder leben, sagt sie: »Uns geht’s ja noch gold« (172). Aber sie beklagt sich auch oft, vor allem über untätige Männer. Immer wieder sagt sie: »Man bittet, man fleht, aber ihr, nein, ihr tut es nicht« (394 u.ö.).

Für wenige Tage flüchtet sie mit dem 13-jährigen Walter aus der zerstörten Stadt, über Stettin nach Gartz, wo ihr Mann Ortskommandant ist. Er erzählt allen Leuten stolz von ihren Taten beim Luftangriff (181 f.). Nach ihrer Rückkehr findet sie chaotische Zustände vor. Aber die Schiffs-Firma funktioniert weiter mit kriegswichtigen Transporten. Als ein dänischer Mitarbeiter, Sörensen, verhaftet wird, geht Frau Kempowski zur Gestapo und erwirkt, dass er freigelassen wird (196 ff.). Als ihr Mann einmal unangemeldet und gereizt nach Hause kommt, setzt sie sich wütend zur Wehr: »Zieh doch ins Hotel!« (221 ff.). Später versöhnt Tochter Ulla ihn ironisch mit Lorbeer und Fahne (223). »Frauen müssen immer nachgeben, immer«, sagt sie, als Tochter Ulla bei der Heirat auf ihren Geburtsnamen verzichten muss (286).

Ihr wird allmählich alles zuviel, sie hat ein Magengeschwür, das von Prof. Peters operiert wird (296 f.). Nach dem Klinikaufenthalt fährt sie zur Erholung nach Graal und schickt Walter zu ihrem Vater nach Hamburg.

Als ihr Mann nach einem kurzen Urlaub im Oktober 1944 wieder abfahren muss, fragt sie ihn, ob sie, wenn er falle, »einen extra Gedenkgottesdienst« halten sollten. Danach weint sie und tröstet sich mit seiner guten Gesundheit und seiner Korrektheit (380). Den Krieg versteht sie nicht: »Nein! Die Menschen, die Menschen! Oh, sie könne die Großen so mit den Köpfen aneinanderknallen. Hier alles in Dutt zu schmeißen.« (420)

Im Winter 1944/45 gibt es mehr Mangel als Waren, aber Frau Kempowski hat Lebensmittel gehortet (das ist verboten und wird mit KZ bedroht, 422). Im Februar 1945 wird Walter eingezogen (429), ist aber im April bei Kriegsende wieder zu Hause. Seine Mutter: »›Und wenn die Russen kommen und dich mit nach Sibirien nehmen: ich pack‘ dir ein schönes Bündel warmer Sachen.‹ Es gebe überall gute Menschen.« (464) Kommunismus – warum nicht? (467). Aber am liebsten wäre ihr die Rückkehr zum Kaiserreich (470). Sie verweigert die Flucht in den Westen, während viele Bekannte noch mit dem Schiff abreisen. Was sollte denn ihr Mann sagen, wenn sie weg wären (466). Als die deutschen Soldaten geflohen sind und die Russen tatsächlich kommen, findet sie: »›den Krieg haben wir gewonnen! Die Kirche und die guten Kräfte!‹ Das wär ein Grund zum Feiern! Prost!« (475)

Kempowski, Großvater

Karls Vater. Alt, krank und gelähmt, durch eine ›Jugendsünde‹ (99). Er lebt in einem großen Haus, früher auf großem Fuß (101). Sonntags bekommen die Kinder ein paar Pfennige fürs Kino (27). Er spricht Platt, wie alle gelegentlich.

Im Oktober 1939 stirbt er; offenbar hatte er noch zum Teil das Sagen in der Firma, in der sein Sohn arbeitet (99). »Kirchlich« war er nie so recht gesinnt (103), und dem Begräbnis seiner Frau war er ferngeblieben (103). Haus und Geschäft erbt der Sohn, allerdings ist das Haus so hoch mit Hypotheken belastet, dass sie es »quasi neu kaufen« und sich selbst verschulden müssen. Die Firma ist 140 Jahre alt (105 f.).

Kempowski, Karl (Körling)

Walters Vater. Er pflegt Erinnerungen an den ersten Weltkrieg, wurde bei Ypern durch Gas verwundet und leidet seitdem unter Juckreiz. An seiner Regimentsnummer 210 hängt er abergläubisch, sein Postfach in der Hauptpost hat dieselbe Nummer (22); dass sein Vater an einem 2.10. stirbt, gibt ihm zu denken (99); er hat auch mehrere Kriegsauszeichnungen. Mitglied der nationalsozialistischen SA (15), aber eher Nationalist als Nationalsozialist. Von Beruf ist er Schiffsmakler und Reeder (38) in der Firma seines alten Vaters. Ihr großes Schiff hat 2500 ›Tons‹, es heißt »Der Konsul«, im Krieg geht es durch eine Mine unter (107, 130). Er hat ein Kontor in einem Geschäftshaus, die Familie wohnt im 2. Stock eines Hauses zur Miete. Sie ist zu Beginn des Romans gerade dort eingezogen. Ein Flügel wird auch hinaufgebracht, der Vater spielt Klavier. In der Familie sorgt er für Korrektheit und Pünktlichkeit. Redewendungen sind seine Marotte, gern verlängert er Wörter wie in »Tadellöser und Wolff« (100 u.ö., aus ›tadellos‹ und dem Namen der Zigarrenfirma Loeser und Wolff) oder ›mies‹ zu »Miesnitzdörfer und Jenssen« (50), »Gutmannsdörfer« statt ›gut‹.

Sein Credo heißt: »Arbeiten, arbeiten, arbeiten, arbeiten« (64), aber er geht nicht so streng mit seinen Kindern um wie sein Vater mit ihm (73) und übt eine gewisse Toleranz. Von den Kindern verlangt er beim Essen Schulberichte: »Ansage mir frisch!« Mangel an Disziplin schiebt er gelegentlich auf »das Polnische« in seiner Familie (133). Von Freunden wird er ›Körling‹ genannt. In seiner kleinen Bibliothek steht auch Heinrich Manns »Professor Unrat« (228).

In den großen Ferien 1939 fährt die ganze Familie in den Harz. In der Pension ehemalige Militär-Angehörige, wie er selbst. Er liebt es, Menschen, Gegenstände und Einrichtungen mit seinen Sprüchen zu beurteilen. Alle reisen etwas vorzeitig ab, wegen des schlechten Wetters und des drohenden Kriegs (90). Wieder in Rostock, gibt es Verdunklung und Lebensmittel-Rationierung (92). Der Vater wird vom Wehrkommando zunächst nicht angenommen, weil er Freimaurer war (97), 1941 aber dann doch eingezogen. Er begleitet einen Munitionstransport nach Brüssel und empört sich über die Plünderungen durch deutsche Soldaten (130 f.). Nach den siegreichen Feldzügen erwägt er 1941, doch vielleicht mal ein Führerbild aufzuhängen (132). Am Ende ist seine Frau froh, dass sie es nicht taten (470).

1942 leistet er Dienst in Pommern. Nach dem ersten Bombenangriff auf Rostock flüchtet sich seine Frau mit Walter für kurze Zeit zu ihm nach Gartz, wo er – nun Oberleutnant – Ortskommandant ist; er verteilt Kriegsgefangene auf die Bauernhöfe zum Arbeiten (177). Er genießt es zu kommandieren. Alle Vorkommnisse, auch die Schreckensmeldungen aus Rostock kommentiert er mit seinen eingeschliffenen Redensarten (179 ff.). Dazu gehört auch die Zeile »Wie sie so sanft ruhn, alle die Toten«, die er bei verschiedenen Gelegenheiten zitiert.

Als er einmal überraschend auf Urlaub nach Hause kommt, ist er gereizt und beschimpft alle, doch seine Frau wehrt sich energisch (221 ff.). Er rechtfertigt sich mit schlimmen Erfahrungen beim Kriegsgericht, wo er als Beisitzer Hinrichtungen zustimmen muss (224). Ziemlich ungeniert schimpft er auf das »Nazi-Pack« (230 f.), auf einen Zellenwart und den Gauleiter. Walter fällt auf, dass der Vater klein und dick ist. Seine Frau beneidet ihn um seine Gesundheit (287).

Zur Hochzeit der Tochter Ulla mit dem Dänen Sörensen kommt er und bringt viel Nahrhaftes mit, das inzwischen rar ist (284). Später wird er in ein Partisanengebiet versetzt, nach Baranowice. Seine Frau fährt mit bis Stettin und erzählt dann dem Sohn, er »habe so ernst gekuckt, und sie habe gesagt: ›Warum bist du in all den Jahren so gewesen, so vogelig?‹ Und da habe er nur so ernst gekuckt, der arme Mann. ›Du sosst es sehn, der fällt noch.‹« (335). – Am Ende des Krieges spricht sie über seine Kindheit, seine Mutter sei kalt und herzlos gewesen, habe erklärt, er sei »ein Versehen«, und habe im ersten Krieg seine Sachen verschenkt, weil sie angenommen habe, dass er nicht wiederkommen würde (474).

Im Oktober 1944 kommt er noch einmal auf Urlaub nach Hause, dick, mit rotem Gesicht wegen seiner geschädigten Haut (365 ff.). Er ist bei einem Bautrupp, hat ein schweres Jahr hinter sich. Aber sich nach Hessen versetzen zu lassen, wie ihm angeboten wird, komme nicht in Frage. Das sei zwar sicherer, aber er wolle Hauptmann werden, und was »nütze ihm die ganze Sicherheit, wenn er mit lauter Hessen zusammen wär!« (366) Er genießt alles, was es zuhause noch gibt, und sie erinnern sich an das, was es früher gab (370 ff.). Hitler war 1936 mit Mussolini in Rostock und wurde nicht bejubelt (374). Die Nazis sind für ihn immer »die« (378) – aber ihre anfänglichen Erfolge begrüßte er (374). Mit unguten Gefühlen, kaum mit Sprüchen verbrämt, fährt er wieder ab (380). Er wird dann tatsächlich Ende des Jahres befördert (417). Am 2.1.45 schreibt er noch einmal, dann hört man bis Kriegsende nichts mehr von ihm.

Kempowski, Robert

Walters sechs Jahre älterer Bruder, 1923 geboren. Ein überlegener Typ. Mit seinen Seglerfreunden Bubi (»mit den gekräuselten Haaren«), Heini (»im weißen Rollkragenpullover«) und dem ›vornehmen‹ Michael (43) hört er zu Hause und am Strand amerikanischen Jazz (64-70), auch im Krieg (152). Er hört auch heimlich BBC (123). Während der Bombenangriffe bewährt er sich als Luftwaffenhelfer (174). Er hilft dem jüngeren Bruder beim Lateinlernen wegen der Familienehre (204). Catcher-Darbietungen begeistern ihn (219). Er hat schlechte Augen und ist deshalb mit 19 noch nicht dienstverpflichtet, sondern geht zur Wirtschaftsfachschule in Stettin (227, 252). Goebbels, den Propagandaminister, nennt er ›Gobiles‹ (290), der Vater tut das auch (367). 1944 wird er eingezogen, als Kraftfahrer. Mutter Kempowski macht sich Sorgen um den »kleinen fixen Bengel«, redet sich dann aber Mut ein: »So lütt wie er iss, so fix isser.« (475)

Kempowski, Ulla (verh. Sörensen)

Walters sieben Jahre ältere Schwester. Sie ist klein und dunkelhaarig, trägt Zöpfe, die sie mit etwa 17 Jahren abschneiden lassen darf (74). Sie macht 1941 Abitur und wird dann »Maid« beim Arbeitsdienst (129). Später arbeitet sie in einer Munitionsfabrik und muss Granaten adressieren (218 f.). Den gereizten Vater, der überraschend auf Urlaub kommt, versöhnt sie ironisch mit Fahne, Gedicht und umkränztem Nachttopf (223).

Sie studiert dann Anglistik (252). Bald verlobt sie sich mit Sven Sörensen, dem Mitarbeiter und Mitbewohner aus Dänemark (266). Unter seinem Einfluss nimmt ihre Kritik am Benehmen der Deutschen zu (271). Gern gibt sie bei der Heirat ihre deutsche Staatsbürgerschaft auf und würde am liebsten Hitlers »Mein Kampf« wegwerfen, aber Sörensen sagt, das Buch werde noch mal viel wert sein (286). Das Paar zieht nach Kopenhagen (291).

Kempowski, Walter

Zu Beginn 9 Jahre alt, der Ich-Erzähler des Romans. Er erzählt von der Familie, von Sonntagsspaziergängen durch Rostock, von der Schule (1939 ›Oberschule‹), ausgedehnten Spielen mit seinen Freunden (46) und vom ›Jungvolk‹ – mit zehn Jahren ist er ›Pimpf‹ (51). Er genießt das Zusammensein und Gefordertwerden, trotz Blessuren (62). Später wird er ›Hordenführer‹ und befehligt drei Pimpfe (238).

1939 Ferien mit der Familie im Harz. Kriegsbeginn, sie spielen mit Soldaten (95). Am 1. Weihnachtstag erkrankt Walter an Scharlach, verbringt sechs Wochen im Bett (109-119). 1941 liest er Teile der »Kriegsbücherei der deutschen Jugend«, später naturwissenschaftliche Jugendbücher. Den Krieg spielt er mit Halmasteinen nach. Seine Mutter liebt ihren Jüngsten besonders (»Mein Peterpump«, 52 u.ö.).

Er bekommt Klavierunterricht im Konservatorium. 1942 erlebt er den ersten großen Luftangriff auf Rostock mit, ihr Haus bleibt stehen, hinterher sammelt er mit Freund Manfred Flak- und Bombensplitter, auch Teile von Brandbomben. Diese Sammlung, in Watte verpackt, nimmt er mit auf eine kurzfristige Flucht mit der Mutter nach Gartz (181). Später soll die Mutter sie im Keller verwahren (299). Seine Schule ist zerstört, bei der Rückkehr wird der Unterricht im Lyzeum der Mädchen fortgesetzt (201). Wenn er nachlässig ist, stellt die Mutter »das Polnische« – von Vaters Seite – an ihm fest (206). Der Vater verlangt, dass er zu Anna Krögers Hausaufgaben-Presse geht, jeden Nachmittag 5 Stunden; da herrscht ein fast sadistisches Regime, auf den Inhalt der Aufgaben wird nicht weiter geachtet (232 ff.).

Walter bereut nach dem großen Bombenangriff, dass er sich die Rostocker Kirchen nie richtig angesehen hat, besonders die Jakobikirche, die in Schutt und Asche liegt. Nun will er wenigstens die imposante Marienkirche kennenlernen, die noch nicht zerstört ist, und sieht sich »das Monstrum« immer wieder an (213 ff.). Dabei lernt er den blinden Organisten Jahn kennen, dessen Orgelspiel er gern zuhört (214, 216 f.).

Konfirmandenunterricht hat er bei Pastor Nagel und einem leicht zu ärgernden Vikar (250 f.). Sein Schwager Sörensen, der Däne, nimmt ihm übel, dass er Hitler verteidigt (»Das sei schließlich unser Führer«, 292).

Als seine Mutter wegen eines Magengeschwürs in die Klinik muss, nimmt die katholische Familie Prüter ihn auf, bei denen er eine ihm neue Unordnung des Haushalts erlebt (299). Als nächstes lernt er das Haus seines Großvaters de Bonsac in Hamburg-Wandsbek kennen, während die Mutter nach Graal zur Erholung fährt (304 f.). Eine engere Beziehung zu dem alten Mann entsteht nicht. Walter besucht Museen und will einen Elefantenroman schreiben (314 f.) Er erlebt in Wandsbek seinen zweiten Bombenangriff, das Haus wird abgedeckt, nebenan gab es einen Volltreffer (319). Danach lebt er wieder bei der Mutter in Rostock, die Schule bleibt im Hintergrund, das Jungvolk auch, wo er gelegentlich Geländeübungen machen muss (324). Mit dem Freund Ulli Prüter treibt er sich in der Stadt herum, sie fahren Straßenbahn, interessieren sich für Mädchen (326 f.). Beinahe wären sie als Statisten im Film »Junge Adler« von Alfred Weidenmann erschienen, der in Warnemünde gedreht wird, aber wegen Regens fällt ihr Auftritt aus (340).

Fortan benehmen sie sich wie junge Herren à la Johannes Heesters, mit weißem Schal und langen Haaren und gehen oft ins Kino (340). Walter ist jetzt 14 (1943). Die Kleidung der Jungen empört »Stammführer« Menge (344). Sie treiben in der Gruppe allerlei Späße mit fremden Leuten (345 f.).

Im Sommer 1944 fährt er für drei Wochen auf das Gut der Familie von Germitz an den Plauer See (347 ff.), mit deren Sohn Ferdinand er befreundet ist. Der Aufenthalt gilt als Landarbeit. Er lernt die adlige Familie kennen, versucht, sich richtig zu benehmen, wobei ihm Gelesenes als Leitfaden dient, treibt aber auch Unsinn mit den anderen Kindern und tauscht Morgenstern-Zitate mit einer der beiden Tanten des Hauses.

Wegen seiner ›undisziplinierten‹ Lebensführung kommt Walter 1944 zur »Linien-HJ« (Hitlerjugend). Aber schon vor dem Haarschnitt geht er einfach weg. Sein neuer Führer, Bobsin, redet ihm gut zu, aber dann überfallen ihn ein paar Jungen und schneiden ihm Haare ab (393 f.). Er wird zum »Bann« bestellt und dort, wie andere Delinquenten, von »Nazi-Lühns« furchtbar angebrüllt. Seine Mutter muss 50 Mark Strafe zahlen (399 f.).

Walter wird wegen Magenbeschwerden untersucht, er sieht immer schlecht aus, aber man findet nichts (401). Greta von Germitz besucht ihn, sehr schick, sie gehen in die Stadt (402 ff.). – Bald wird er zur »Pflichtgefolgschaft« befohlen, in der sich ›Versager‹ und »Tangojünglinge« wiederfinden (406). Er wird von seinen Gegnern als »der schöne Kempowski« verspottet, wegen seiner langen Haare, auch trägt er nie die HJ-Uniform – sie sei in Hamburg verbrannt (381). Sie werden von Unterführern geschliffen (412 f.). – Zur Entspannung abends Orgelkonzert und zwischendurch Gedichte (416 f.).

Am 17.2.45 wird Walter eingezogen, obwohl er noch nicht sechzehn ist. Die Jungen lernen Schützengräben anlegen und marschieren (430). Danach begleitet er als Kurier unter harten Bedingungen Bahn-Waggons durch ganz Deutschland, von einer zerstörten Stadt zur anderen (434 ff.). In Kiel schuften KZ-Häftlinge (440). Zwischendurch kommt er für kurze Zeit nach Hause. Am 22. März ist Musterung, er wird zurückgestellt, aber alle Jungen sollen sich zur SS melden; er und ein zweiter Junge lehnen ab (449). Dann wird er wieder als Kurier losgeschickt, von einem Rostocker Zahnarzt, um Medikamente aus Berlin zu besorgen. Dort bewegt er sich auf den Straßen, zwischen Bunker und Hotel, bald ist die russische Artillerie da, und kein Zug fährt mehr. Walter macht sich zu Fuß auf, erwischt gerade noch einen Zug von Nauen nach Rostock. Am 25. April kommt er an (460).

In Rostock bleibt er zuhause, wirft mit Mutter und Großvater alle Sachen mit NS-Emblemen weg. Als die Russen da sind, meint er, man sollte sie eigentlich begrüßen, »Hurra« oder »Bravo« schreien, aber er lässt es lieber: »die wären gewiß furchtbar wütend auf uns.« (475)

Knesel, Prof.

Regimekritischer Pastor an der Klosterkirche, in die Frau Kempowski am liebsten geht. Sie fragt ihn einmal nach dem Sinn des Krieges: »das sei wie ein Reinwaschen, dieser ganze Krieg, ein Reinwaschen von Schlechtigkeit.« (156). Sein Weihnachts-Gottesdienst besteht aus einer Bildbeschreibung (278 f.).

Kollwitz

NS-Zellenwart, vor dessen Spitzeln Vater Kempowski seine Kinder warnt: »Ein richtiger Polake. Kam ja auch aus Thorn.« (230)

In einigen späteren Auflagen heißt der Mann Kohlwitz.

Krahl, Fritz (›Dicker Krahl‹)

Genannt Dicker Krahl, Mitschüler, den Walter auch zuhause besucht, nachdem dessen Eltern seine Familie für passend erklärt haben (46). Mehrere Jungen aus der Schulklasse spielen dort mit Märklin-Autos und imitieren die Realität, später sind es Schiffe (261 f.). Wie Manfred und Greif bleibt er ein zuverlässiger Freund (386).

Krasemann

Älterer Herr mit Kneifer, der eine Gabe für das Winterhilfswerk vehement ablehnt, war früher »Sozi, ganz verbittert«, wie Mutter Kempowski weiß (148). 1944 ist er »eingesperrt« (368).

Krause, Dr.

Vermieter der Kempowskis. Er hat eine Selterswasserfabrik (»Ob im Wald, ob in der Klause, Dr. Krauses Sonnenbrause«, 18), auf deren Gelände die Kinder gern spielen. Bei einem Luftangriff droht sie in Flammen aufzugehen. Krause dankt den französischen Kriegsgefangenen, die beim Löschen helfen, mit Zigaretten (166 f.). Den Kempowskis gegenüber erweist er sich im Krieg als ganz hilfreich (422). Am Kriegsende spricht er sich fürs Dableiben aus, Hitler werde Frieden mit den Russen machen; aber dann fährt er doch mit Pferd und Wagen ab (466).

Kröger, Anna

Inhaberin einer Hausaufgaben»presse«, einer von ihr fast sadistisch geführten Anstalt, in der etwa 20 Schüler und Schülerinnen jeden Nachmittag 5 Stunden lang bei den Hausaufgaben beaufsichtigt werden, auch Walter (232-238). Die Kinder von Nazi-Größen wie Helmgunde Dettmann verschont sie mit ihren Schlägen (243). Manchmal lässt sie sich von ihrer alten Mutter vertreten (241 f.). Irgendwann gibt sie auf und plant ihren Umzug in den Schwarzwald (294).

Kröhl

Pensionierter Finanzbeamter, bringt in der neuen Wohnung der Kempowskis die Lampen an. Als er noch im Amt war, hat er zu Herrn Kempowski gesagt: »Das ist natürlich wieder alles falsch« (8). Er spielt Bratsche, seine Frau singt, gehört zum ›Rosenkränzchen‹ (135). Sie hat einmal auf der Orgelempore der Marienkirche das Ave Maria gesungen und damit den blinden Organisten Jahn erschüttert (217).

Kühn

Zeichenlehrer, genannt »Audax«, bei dem Walter es gut hat, weil er, »statt Bilder zu ›Der Winter ist ein rechter Mann‹ zu malen«, Kirchen konstruieren darf (203).

Löffelholz

Konzertmeister, Klavierlehrer des Vaters (135 ). Sein Sohn ist Führer bei der Hitlerjugend (144).

Löwe

Tierarzt am Schlachthof, jung verheiratet; an ihn wird das Haus des Großvaters nach dessen Tod vermietet (107).

Lühns

Genannt »Nazi-Lühns«. Er ist beim ›Bann‹ und schreit Walter heftig an, weil er sich undiszipliniert verhält (399).

Mahnke, Sylvia und Sybille

Töchter des Werftdirektors, Mitglieder im Segelklub. Sie vergnügen sich mit Robert und seinen Freunden am Strand in Warnemünde (67).

Manfred

Ein »stiller Schulfreund« von Walter, rothaarig, sommersprossig, mit Nickelbrille, isst immer Käsebrote (31). Sie spielen mit seinen Zinnfiguren, Azteken und Spanier, und führen, wenn sie allein sind, »Stücke« auf, bei denen Walter ihn fesseln und schlagen muss (32 f.). Später besuchen sie gemeinsam die Oberschule, und Manfred holt Walter jeden Morgen ab: »Iss Waller da?« (35)

Vor der ausgebrannten Synagoge lässt er wissen, dass Juden Mörder seien: »Die mordeten Christen, zerstückelten sie und schmissen sie weg.« (37) – Nach dem ersten Bombenangriff auf die Stadt sammeln die Kinder Granat- und Bombensplitter. Manfred: »Was, du hast noch keinen Bombensplitter?« (171)

Später spielen sie mit selbst gebastelten Schiffen und tauschen mit Greif und Dicker Krahl ihre fragwürdigen Informationen über Sexualität aus (263 ff.). Dieselben Freunde verteidigen Walter auch bei einem Kampf mit Klaus Stüwe (386). Am Ende des Krieges wird Manfred noch mit anderen nach Neubrandenburg geschickt, mit Panzerfäusten (473).

Masslow

Professor, Direktor des Konservatoriums (141). Seine musikalisch begabten Söhne müssen auch die Hausaufgaben-Anstalt von Anna Kröger besuchen (232 ff.).

Matthes

wohnt nebenan, seine Frau ist Jüdin, darum darf er nicht mehr als Studienrat unterrichten, sondern lebt von Nachhilfestunden. Bei Bombenalarm kommt er mit seiner Frau in den Nachbarkeller, weil es »drüben« wegen seiner Frau »Krach gegeben« hat (160). Auf der Eisbahn sucht er sich eine ruhige Ecke und fährt dort »konsequent immer auf derselben Stelle eine Acht«, bis der rote Ziegelsplitt des darunter liegenden Tennisplatzes zum Vorschein kommt. Walter gibt er Nachhilfe in Mathematik und erzählt von Sparta. Der Krieg werde unentschieden ausgehen (205 f.).

Maurer

Leutnant, Tanzstundenherr von Ulla Kempowski (129). Sammelt Kriegsorden, wird verwundet (153). Später hört man, dass er desertiert ist und über Radio Moskau zu den deutschen Soldaten spricht (226).

Nagel, Pastor

Pastor in St. Nikolai. Kein ›deutscher Christ‹, die von den Nazis gefördert wurden. Walter hat Konfirmandenunterricht bei ihm (247 f.). Früher habe er, wenn draußen HJ vorbeimarschiert sei, innegehalten und mit dem Kopf geschüttelt. Wenn er gegen die Katholiken wettert, bekommt er eine Fistelstimme (248).

Othanke, Fräulein

Eine Baltin aus Riga. Warnt Frau Kempowski im April 1945 vor den Russen. »Wo der Russe hinkomme, bleibe kein Stein auf dem andern« (467).

Peters, Prof.

Arzt, rät Mutter Kempowski zur Operation ihres Magengeschwürs. »Je eher daran, je eher davon.« (297) Sie hat Angst vor dem Eingriff und beruhigt sich mit dem Gedanken, dass Peters »überall bekannt und berühmt« ist. »›He is petersed‹, sage man sogar in England und meine damit eine ganz bestimmte Blutuntersuchung.« (298)

Peule, Dr.

Lehrer, der Walter oft hat nachsitzen lassen. Er fällt 1941 in Jugoslawien (123).

Prüter, Ulli

Er besucht mit Walter die Hausaufgaben-Presse von Anna Kröger, ein schlanker, schöner Jungzugführer (293), mit »Märchenaugen« (395), der immer in Uniform zu den Stunden kommt und nicht geschlagen wird wie die anderen (293). Sein Vater ist Dr. Prüter, Offizier, die Mutter bietet an, Walter ins Haus zu nehmen, während Frau Kempowski in der Klinik ist – alle anderen hatten abgelehnt (299).

Prüters sind Katholiken. Sie leben am Rande der Stadt in einem schönen Haus, in dem eine von Walter nie gesehene Unordnung herrscht. Brigitte heißt die kleine Schwester, sie betet hingebungsvoll (301). Zu essen gibt es wenig, wie überall; einmal schießen sie Spatzen und braten sie (302).

Die beiden Jungen bleiben befreundet, sie treiben sich in der Stadt herum und versuchen, etwas über das Leben zu lernen (326 f.). Dann wird in Warnemünde ein Film von Alfred Weidenmann gedreht, »Junge Adler« (336 ff.). Paul Henckels spielt mit. Statisten werden gesucht, Hitlerjungen sind schon genügend vorhanden, aber für einen dekadenten Snob scheint sich Ulli zu eignen – doch nur zusammen mit Walter ist er zu haben (338). Aber im entscheidenden Moment regnet es, die beiden bekommen zehn Mark, dann ist es vorbei (340). – Im Herbst 1944 ist Ulli schon bei der Flak (Fliegerabwehr).

Quade

Der Erbauer des Hauses, in dem Familie Kempowski wohnt, ein »dicker Herr« (7 f.). Seine Tochter Gina spielt Geige und bekommt Unterricht im Konservatorium (137). Sie wird wie Walter Mitglied der Spielschar der Hitlerjugend, trägt dort ihren »dunkelblauen Faltenrock« anstelle einer HJ-Uniform. »Die Eltern wollten wohl nichts extra ausgeben.« Sie scheint Walter zu gefallen, aber beim Quartettspiel, bei dem sie eine Brille trägt, »schielte sie zu Eckhoff hinüber« (145).

Reber, Fräulein

Sie arbeitet im Büro der Selterswasserfabrik von Dr. Krause (18). Im Krieg verteilt sie die Lebensmittelkarten im Haus. Eine »1000%ige« Nationalsozialistin, sagt Mutter Kempowski (93). Ihr Bruder Otto stürzt im Krieg als Pilot ab, was sie festlich erregt (132).

Samuel

Fabrikant in Rostock, 1938 wurde seine Villa überfallen (136). Er muss einen Judenstern tragen. »Wie ein Bilderbuchjude« sähe er aus, meint Frau Kempowski: »Der arme Mann« (168).

Schmidt, von

Ein aktiver Leutnant aus Königsberg, mit Frau und zwei Töchtern – Lili und Elke – in der Pension im Harz, in der die Kempowskis im Sommer 1939 Urlaub machen (79 ff.). Vater Kempowski hält ihn für ein »richtiges Arschgesicht«, weil er seinen Vetter Kempowski in Königsberg nicht kennt, und Mutter Kempowski findet die Frau »richtig ordinär« (81 f.).

Schnabel, Fräulein

Ältere, grauhaarige Klavierlehrerin von Walter im Konservatorium am Schillerplatz (136). Sie »lud unten mächtig aus, wie eine Triangel«, ist streng, wird oft zornig, wirft dann ihren metallenen Vierfarbstift auf die Tasten (»Vom vielen Hinwerfen war da schon Lack abgeplatzt«) und schreit: »Du hassoch wieder nicheübt!« (139)

Schura

Eigentlich Alexandra, Dienstmädchen bei Großvater de Bonsac, ein »dralles Mädchen«; Onkel Richard hatte sie aus der Ukraine mitgebracht (317). Sie stammt aus Winniza, hat den Status einer ›Fremdarbeiterin‹, für die das Wirtschaftsamt zuständig ist, das ihr keine Kleidung bewilligt (318). Im Haus wird sie durchaus fürsorglich behandelt (307, 317 f.).

Seitz

Beerdigungsunternehmer in Rostock, dem die Beerdigung von Großvater Kempowski übertragen wird. »Wir waren natürlich bei Seitz […]. Ohne Seitz ging so was nicht.« (99 f.). Er kommt ins Haus und bringt ein Fotoalbum mit Traueranzeigen mit, was Vater Kempowski »Tadellöser & Wolff« findet, »da brauche man ja nur auszusuchen« (100).

Silbi, Tante

Tante von Walter, Schwester des Vaters (102). Sie ist unbeliebt in der Familie, »vom Stamme Nimm«; das sei »das Polnische« in der Familie, meint Frau Kempowski (268 ff.). Zur Beerdigung des Vaters kommt sie nicht (102). Die Differenzen mit der Schwester belasten Karl Kempowski (269 f.). Sie lebt im Osten, und als die Ostfront näherrückt und von ihr kein Lebenszeichen kommt, macht man sich doch Sorgen um sie (423 f.).

Sörensen, Sven

Däne, der in Kempowskis Firma arbeitet. Er wird 1942 verhaftet, weil er Zeichnungen von der zerstörten Stadt gemacht hat (192). Mutter Kempowski geht zum Gestapo-Gefängnis und bitte um seine Freilassung. Man läßt ihn tatsächlich gehen, zumal der Teilhaber Denzer ihn für unabkömmlich erklärt (197). Er klagt danach, keiner habe sich um ihn gekümmert (199). Frau Kempowski nimmt ihn als Mitbewohner auf, er erzählt von seiner vornehmen Familie in Kopenhagen. Er lädt Ulla ins Kino ein (218) und verlobt sich schließlich mit ihr (266 ff.). Mit der Familie übt er in langen Gesprächen Kritik an den Deutschen und trifft auf nur zaghaften Widerspruch (255 ff.). Dafür wird er in deutsche Weihnachtssitten eingeweiht, als es so weit ist (274 f.). Nach der Heirat zieht das Paar nach Kopenhagen.

Stüwe, Klaus Bismarck

Mitschüler von Walter, Hitlerjunge, Mitglied der HJ-Spielschar (146). Walter kämpft mit ihm beim Sammel-Einsatz im Herbst 1944 (386). Später ist er einer der Führer der »Pflichtgefolgschaft« (408).

Vorndran, Pastor

Pastor in Gartz, wo Vater Kempowski während des Krieges Ortskommandant ist und wohin Mutter Kempowski sich nach dem ersten Bombenangriff auf Rostock für kurze Zeit mit Walter flüchtet. In dieser Zeit stattet die Familie dem Pastor einen Besuch ab (190-192). »Schetzt wird alles gut, Frau Kempowski«, versichert er. Sie fragt ihn, warum Gott »all das Schreckliche« zulasse, ob Gott »uns 'reinbrennen wolle«, bekommt aber keine Auskunft. Seine Frau trägt »dicken Goldschmuck«. Walter wird »zu den Kindern gesperrt«, einem Sohn und einem achtjährigen Mädchen, Trudi.

Wally

Dienstmädchen bei Großvater Kempowski, das den alten Mann verwahrlosen ließ (100); auf Vorwürfe droht sie Frau Kempowski mit der (NS-) Partei (107).

Warkentin, Frau

Frau eines Amtsgerichtsrats (52, 72). »Lützows wilde verwegene Jagd« nannte der Großvater sie früher, zu dessen Beerdigung sie erscheint; jetzt sagt man »Die alte Nazisse« (102).

Sohn Egon, Soldat, singt beim Schülerkonzert (140). Sie findet Walter nett (142). »Retten Sie mein Meißner!« ruft sie nach dem Bombenangriff, ein Mann wirft es aus dem Fenster (167). – Am Ende des Krieges flieht der Sohn, er werde der Mutter ja doch nicht helfen können (470).

Woldemann

Weinhändler, wohnt im 1. Stock unter Kempowskis. Er hat eine junge Frau und eine Tochter Ute, die mit dem gleichaltrigen Walter innig befreundet ist (16). Bei Kriegsbeginn findet sie ihn »doof«, die Woldemanns ziehen erstmal nach Berlin (91), und Walter ist traurig. – 1942 kommen sie zurück, das Ehepaar streitet ständig. Walter »spielt« wieder mit Ute, aber nach dem ersten Bombenangriff auf Rostock reisen sie endgültig ab (169).

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