Vorwort

Motto: »Alles frei erfunden!« – gerade weil es um die Familiengeschichte des Autors geht. Der Ich-Erzähler berichtet, was der Junge Walter in seiner Umwelt wahrnimmt, diesseits von Einfühlung und Reflexion. Es gibt keine Erzählinstanz, die Lesern eine Außen- oder Innensicht vermittelt. Figuren, Gespräche und Szenen sind in chronologischer Anordnung gereiht, die Personen werden durch Redensarten, Kleidung, Einrichtung charakterisiert und so ihr sozialer Status markiert, der ihnen viel bedeutet. So entsteht eine kleine deutsche Mentalitätsgeschichte am Beispiel einer norddeutschen »bürgerlichen« Familie.

»Tadellöser & Wolff« ist nach dem 1969 erschienenen Erstlingswerk »Im Block«, dem Bericht über Kempowskis acht Jahre im Zuchthaus Bautzen, das zweite Werk des Autors. Der Roman ist Teil der später unter dem Titel »Deutsche Chronik« zusammengefassten Romanreihe, zu der außerdem »Aus großer Zeit« (1978), »Schöne Aussicht« (1981), »Uns geht’s ja noch gold« (1972), »Ein Kapitel für sich« (1975) und »Herzlich willkommen« (1984) zählen. In der 1999 erschienenen Gesamtedition der »Deutschen Chronik« wurden noch drei Materialsammlungen hinzugefügt »Haben Sie Hitler gesehen?« (1973), »Haben Sie davon gewußt?« (1979) und »Schule. Immer so durchgemogelt« (1974).

»Tadellöser und Wolff« beginnt 1938, das »Ich« (Walter) ist 9 Jahre alt, die Geschichte endet 1945. Ort der Handlung ist Rostock. Jahreszahlen kommen selten vor.

Saarbrücken, Mai 2012                   Eva D. Becker