Hicketier, Thekla
Schwester von Tilmann Hicketier. Eine junge, blonde, attraktive Frau, deren Verlobter, Adolf Naumann, kürzlich verstorben ist. Im Gegensatz zu den drei übriggebliebenen Männern des Gesangsquartetts, die den Tod ihres Tenors schmerzlich bedauern, empfindet Thekla das Ableben ihres Verlobten geradezu als eine Wohltat: »Er war mein Verlobter, ein schreckliches Wesen. Ich krümmte mich unter seiner Geradheit« (I, 1, S. 470).
Gegenüber ihrem Bruder, an dem sie sehr hängt, spielt sie die untröstliche Brautwitwe. Auch sonst stellt sie sich ihm gegenüber als das unschuldige, naive Geschöpf dar: »Vor ihm bin ich noch nicht bis zum Storch gekommen« (I, 1, S. 472). In Wirklichkeit erwartet sie fieberhaft den romantischen Helden, mit dem sie sich auf ein Abenteuer einlassen kann. Ihr Traum geht in Erfüllung, als ihr Held in der Person des Landesfürsten aufgrund eines Reitunfalls zufällig in ihr Haus gelangt, Gefallen an ihr findet und sich mit ihr zu einem nächtlichen Rendezvous verabredet.
Bei der vom Fürsten inszenierten romantischen Fensterszene entpuppt sich Thekla wider Erwarten als realistisch eingestellte Person, die politisch informiert ist, weiß, dass der Fürst »konstitutionell« ist und den Landtag braucht, um regieren und überzeugen zu können (III, 1, S. 514). Schließlich gibt sie jedoch dem impulsiven Werben des Fürsten nach, weil sie dem Prinzen, dem jungen melancholischen Helden, dem sie zu lange schon in den mit dem Bruder gesungenen Volksliedern begegnete, »hingegeben war, bevor er noch wirklich kam« (III, 1, S. 516).
Die Romanze der beiden ist aber schon beendet, bevor sie sich ein zweites Mal treffen, da Thekla gegen ihren Willen auf Wunsch ihres Bruders den Beamten Heinrich Krey geheiratet hat und sich aus moralischer Verpflichtung einer erneuten Verführung durch den Fürsten mit »Zucht« entgegenstemmt, obwohl sie ihm gestehen muss: »Sie sind der Mann, dem ich wieder gehöre, wollte er« (V, 1, S. 542).