Barclay de Tolly (Minister)
Deutschstämmiger General der russischen Armee, zeitweilig Kriegsminister, im Vaterländischen Krieg 1812 Befehlshaber der ersten Armee (3/I,IX,60) und zeitweilig Oberkommandierender der Armeen, eine Funktion, die ihm nach dem Verlust Smolensks entzogen und an Kutusow übertragen wird (3/II,VI,192). In der Armee ist er der »unpopuläre Deutsche«, viele hohe Offiziere, darunter besonders Bagration, hassen ihn und intrigieren gegen ihn (3/II,I,151-154). Sein Rückzugsbefehl bei der Schlacht um Smolensk wird ihm von vielen als Verrat verübelt. Andrej Bolkonski, der 1812 unter ihm dient, hält zwar den Rückzug ebenfalls für einen schweren Fehler, widerspricht aber dem Vorwurf des Verrats mit aller Entschiedenheit: Barclay sei ein »rechtschaffener und sehr akkurater Deutscher« (3/II,XXV,306), der »alles so gut wie irgend möglich zu machen« versucht habe, dabei aber als Deutscher nicht verstanden habe, was es bedeutet habe, »dass wir dort zum ersten Mal um russische Erde kämpften«, habe daher den Kampfgeist der Truppen unterschätzt (3/II,XXV,305).
Während der Schlacht bei Borodino lässt Barclay dem Oberkommandierenden die Niederlage melden, was Kutusow zornig zurückweist (3/II,XXXV,365f.). Kutusows Befehl zum Angriff lässt er sich schriftlich geben, um »aller persönlichen Verantwortung enthoben zu sein« (3/II,XXXV,367). Nach der Schlacht und der Aufgabe Moskaus zieht er sich ›gekränkt‹ zurück (4/II,III,687).
Fürst Michail Bogdanowitsch Barclay de Tolly (1761-1818), deutsch-baltischer Herkunft, trat früh in russische Dienste und zeichnete sich in zahlreichen Schlachten aus. 1810 Kriegsminister. Im Vaterländischen Krieg 1812 befehligte er die 1. Armee und war bis zu seiner Ablösung durch Kutusow auch Oberkommandierender. In den Befreiungskriegen 1813-1815 befehligte er die russisch-preußische Armee. Nach der Einnahme von Paris erhob Alexander I. ihn in den Fürstenstand. – Bagration nennt ihn in seinen Beschwerdebriefen über Barclay nicht beim Namen, sondern tituliert ihn als »Minister«.