Gallagher, Henriette
Emigrierte deutsche Jüdin, deren Eltern Opfer des Holocaust wurden. Sie ist mit dem amerikanischen Steueranwalt Christopher Gallagher verheiratet und hat mit ihm einen elfjährigen Sohn, Ezra. »Sie wohnten in Santa Ana in Kalifornien. Ihr Haus stand am Stillen Ozean« (II, 68). Jetzt befinden sie sich auf einer Europareise, und während Christopher und Ezra einen Deutschlandbesuch machen, bleibt Henriette in Paris. Sie will ihr Heimatland, in dem ihre Eltern verfolgt und umgebracht wurden, nicht betreten.
Henriette hat ihre Kindheit in Berlin verbracht, wo ihr Vater, Friedrich Wilhelm Cohen, Oberregierungsrat in der Generaldirektion der Preußischen Museen der Museumsinsel war, ein preußischer Beamter »wie eine Menzelsche Figur aufrecht, korrekt, stäubchenfrei«. Ihre Mutter war »im Schatten von so viel Preußentum unselbständig und willenlos verkümmert« (II, 69). Henriette hat die Schauspielschule bei Max Reinhardt am Deutschen Theater absolviert und den »Reinhardt-Preis als beste Schülerin ihres Jahrgangs« erhalten (ebd.). Nach 1933 hat man zunächst ihre berufliche Entwicklung torpediert und sie dann ausgebürgert. Während ihre in Deutschland zurückgebliebenen Eltern zunehmend entrechtet und schließlich in ein Todeslager verschleppt worden sind, hat sie sich in Los Angeles als Tellerwäscherin durchzuschlagen versucht, bevor sie Christopher, der »zufälligerweise Christ war«, getroffen und geheiratet hat (II, 70).
Christophers Wunsch, sie möge ihm und dem Sohn nach Deutschland nachreisen, lehnt sie standhaft ab. »Sie haßte nicht mehr. Sie fürchtete sich nur. Sie fürchtete sich, nach Deutschland zu fahren, und sei es nur für drei Tage. Sie sehnte sich fort aus Europa« (II, 71).