Methfessel, August
Schlachtermeister in Jerichow.
358-359 Er ist unter den Schaulustigen, die sich am 1. April 1933, dem Tag des ›Judenboykotts‹, vor der Praxis von Dr. Semig in Jerichow aufhalten, dessen Grundstück von SA-Männern blockiert werden soll. Er fängt Oma Klugs kranke Katze wieder ein, die die SA-Leute aus ihrem Korb genommen haben. Der aufgebrachte Baron von Rammin, der nach einem Besuch bei Semig die Absperrung mit seiner Kutsche gewaltsam durchbricht, erkennt Methfessel in der Menge. »Schlachter Methfessel verlor binnen einer Woche drei Adelsgüter als Kunden.« Seine Versuche, sich zu rechtfertigen, schlagen fehl. »Er war ganz ratlos: Zog er die braune Uniform an, hatte er eine sichere Kundschaft und konnte von ihr nicht leben.«
362 Methfessel beginnt zu trinken und lässt sich »eines Abends im Krug vernehmen über die Gerechtigkeit im Neuen Reich«. Er landet für vier Wochen im Konzentrationslager Fürstenberg. »Als er nach vier Wochen zurückkam, wollte er nichts erzählen.«
428-433 Im Herbst 1934 beklagt Methfessel sich über die nachlässige Arbeit des neuen Fleischbeschauers Hauschildt, Nachfolger von Dr. Semig und Parteimitglied. Das Kreisveterinäramt in Gneez muss sich zwar (auf höhere Weisung aus Schwerin) mit dem Fall befassen und Methfessels Vorwürfe zu Protokoll nehmen. Aber gleich darauf nimmt »S.A. in Zivil« den Schlachter »hopp«, und bei seiner Rückkehr findet er sein Kühlhaus wegen angeblicher Salmonellenverseuchung ausgeräumt vor. In der Folgezeit wird er von Hauschildt systematisch schikaniert: Der Tierarzt lässt ihn über Gebühr lange auf die Befunde seiner Untersuchungen warten und »benutzte nun bei Methfessel recht gern den quadratischen Stempel, der nur für bedingte Tauglichkeit des Fleisches galt«, manchmal kam es sogar vor, dass er den »dreieckigen nahm, den für die Untauglichkeit«. Darüber wird Methfessel gemütskrank. Bis dahin hatte seine Schlachterei als die beste in Jerichow gegolten.
458 Methfessel fragt die zweijährige Gesine »mit seiner verschwörerischen Stimme, seinem sanften Gelächle: Möchtest du ein Löwe sein? Kannst du wieder alles essen? Aber vielleicht begriff das Kind bei ihm, daß er keine Antworten mehr benötigte.«
473 Muss seinen Betrieb 1935 seinem ältesten Gesellen übergeben, weil seine Söhne noch zu klein sind. »Es war eine Schande zu sehen, wie der schwere kräftige Mann die Straßen von Jerichow trat und nach Kindern suchte und sie fragen wollte: Möchtest du ein Löwe sein?«
1000 Methfessel wird später von den Nationalsozialisten »in ein Pflegeheim verschleppt und als lebensunwertes Leben nach Führerbefehl zu Tode gespritzt«.
Anhang XI Heinrich Cresspahl 1949 über August Methfessel: »kam für nichts als dummes Reden in ein Straflager, wurde bis zur Arbeitsunfähigkeit geschlagen, wurde mit medizinischen Versuchen getötet. Dessen Kundschaft übernahm Klein.«
Vgl. auch 237. 293. 411. 644. 761. 829. 879.