Wegerecht, Walther
Dr. iur., Landgerichtsdirektor in Gneez, verheiratet mit Irmgard, geb. von Oertzen, Vater mehrerer Kinder, darunter Gesine Cresspahls Mitschülerin Brigitte. Leitet die Verhandlung im Prozess gegen Hagemeister und Warning im Oktober 1937, zu diesem Zeitpunkt ist er 48 Jahre alt.
596-600 Er gilt als »freimütig und verschlagen«, genießt Ansehen »wegen einer wundersamen Laufbahn und einer reichen Frau«, die ihn allerdings betrügt und vorrangig an seiner Karriere interessiert ist. Wegerecht liebt seine Kinder, besonders das jüngste, die vierjährige Brigitte, ein Nachzügler; er ist ein »Schmusevater«. Wegen seiner frischen Gesichtsfarbe »galt er für ›das blühende Leben‹«, ist aber nicht gesund. – Wegerecht, »mecklenburgischer Rundkopf, Rasurglatze, pyknisch veranlagt«, ist spät und »eher pflichtgemäß« der NSDAP beigetreten, war vorher DNVP, aus der er eine »volkswirtschaftlich« begründete Abneigung gegen Juden mitbringt. – Der Prozess gegen Hagemeister und Warning macht dem jederzeit anpassungsbereiten Juristen zu schaffen, weil er widerstreitende Informationen von höherer Stelle darüber hat, gegen wen es dabei gehen soll: gegen die beiden Angeklagten oder, wie ihm (offenbar aufgrund der Intervention Peter Niebuhrs von Berlin aus) bedeutet wird, gegen den Reichsarbeitsdienstführer Walter Griem. »In den Reichsarbeitsdienst war so schwer hineinzublicken. Das war ja wie nachts im Wald, wo hinter jedem Baum einer stehen konnte mit einer Keule.« Wegerecht weiß nur, dass er um jeden Preis »mit fliegenden Fahnen aus dieser Sache herauskommen« muss, »damit ihm die Einstellung im Fall Zentner vergessen wurde«, ein Fall, bei dem er die Klage eines SA-Manns abgewiesen hatte. – Seine Anpassungsbereitschaft speist sich zu guten Teilen aus dem Wunsch, den Ansprüchen seiner Frau gerecht zu werden, und aus der Furcht, sie könnte ihn bei einem Misserfolg verlassen.
601-608 »Wegerecht wurde gerettet«: Kurz vor Prozessbeginn bekommt er über Freunde, vor allem über Theo Swantenius, Orientierungshilfe von einem anderen »Reichsministerium« (als dem Landwirtschaftsministerium, über das Peter Niebuhr sich eingeschaltet hatte). Wegerecht verurteilt Warning und Hagemeister moderat und lässt Griem und Dr. Semig ungeschoren. Eine Ordnungsstrafe für Griem wegen »mangelnder Achtung vor der Würde des Gerichts« wurde vom Staatsanwalt Kraczinski beantragt, so dass er sich auch darin gedeckt fühlen kann.
1253 Seiner Tochter Brigitte wird später in der DDR-Schule der »Vater vorgehalten, als eine persönliche Schuld. [...] Wegerecht blieb Landgerichtsdirektor bis 1940, wurde 1942 von Partisanen in Griechenland erschossen. Brigitte fand das Strafe genug für ihren Vater, sie selbst wollte davon nichts, und obendrein war ihr, als hätte er sie gemacht, nicht sie ihn.«
Vgl. auch 745.