Chiara

Das ›unsichtbare Mädchen‹ des Magiers Severino, das Abraham nach dessen Tod in Obhut nimmt. Die beiden werden ein Paar. Ihre Geschichte wird vornehmlich von Abraham berichtet: Als achtjähriges Zigeunermädchen wurde sie von dem Gaukler und Magier Severino auf einem Markt für »zehn Dukaten« Bestechungsgeld gekauft, weil ihr »prophetischer Geist« ihm für sein Orakel passend schien (190 f.). Er untersuchte sie, fand heraus, dass sie »nach empfundenem Schmerz« noch besser wahrsagen konnte, und »geißelte« sie fortan vor ihren Auftritten (191). Während Severinos Reisen musste sie sich in einer kleinen Kiste verstecken, um nicht entdeckt zu werden.

Nach Severinos Tod fand Abraham sie, ein »zart gebautes liebliches Ding in der Größe eines zwölfjährigen Mädchens«, das aber schon mindestens 16 Jahre alt gewesen sein muss, wie er sagt (189). Er brachte sie mit Mitteln aus Severinos Nachlass bei den Wirtsleuten des Hauses unter. Nach einem Jahr aber floh sie und suchte Abraham auf. Sie überredete ihn, nun für ihn als ›unsichtbares Mädchen‹ zu arbeiten, denn diese Rolle sei ihr »zum Bedürfnis geworden« (194). In Sieghartsweiler lebte sie heimlich im Dorf und durfte Abraham, den sie inzwischen geheiratet hatte, am Hof nur des Nachts besuchen, um das Geheimnis des Orakels zu schützen. Unter anderem wahrsagte sie auch dem alten Fürsten, »wie von überirdischer Kraft beseelt«, bis zu seinem Tod (194). Daraufhin wollte das Paar nach Göniönesmühl umsiedeln, um endlich ein bürgerliches Leben ohne Geheimniskrämerei führen zu können. Aber Chiara verschwand vor der Abreise spurlos: »nie – nie – hab ich sie wiedergesehen!« schließt Abraham seine Erzählung (195). An anderer Stelle erfährt man, dass Fürst Irenäus, der von ihrer Existenz wusste und sie für eine »böse Zauberin« hielt, sie heimlich hatte fortschaffen lassen (341).

Später blättert Abraham, mit seinem Schicksal hadernd, noch einmal in der Anleitung für das Orakel und schaut sich Chiaras Bild an. Wie ein »Mondsüchtiger« baut er das Orakel auf, und hört Chiaras Stimme. Die »süßen Töne« lassen ihn einschlafen, und er träumt: »Chiara lag wieder an des Meisters Brust und beide waren wieder jung und selig« (405).

Vom Abt erfährt Kreisler, dass Abraham sie in Neapel gesucht hat, wo auch die kleine Angela Benzoni lebte. Er habe dort, so der Abt, auch Spuren von ihr gefunden, »da ihm jene alte Zigeunerin in den Weg kam, Magdala Sigrun geheißen« (454). Welcher Art diese Spuren sind, erfährt man nicht.