Kay

Die 21-jährige Amerikanerin ist im Autobus mit einer Gruppe Lehrerinnen aus Massachusetts in der Stadt unterwegs (II, 50). »Sie hatten einen Tag für die Stadt und zwei weitere für die amerikanische Besatzungszone in Deutschland« (II, 51). Kay ist die Jüngste der Gruppe. Ihre Kollegin Katharine Wescott bemuttert und überwacht sie eifersüchtig. Mildred Burnett ist sich sicher, dass Katharine in Kays grüne Augen verliebt ist (II, 51).

Kay ist enttäuscht von ihren ersten Eindrücken. »Das romantische Deutschland? Es war düster. Das Land der Dichter und Denker, der Musik und der Gesänge? Die Leute sahen aus wie Leute überall« (II, 51). Sie hofft auf ein Abenteuer, vorzugsweise darauf, einen deutschen Schriftsteller kennenzulernen.

In der Lobby von Mr. Edwins Hotel trifft die Reisegruppe auf Philipp, den die Frauen zunächst für Edwins Sekretär und dann für einen berühmten deutschen Schriftsteller halten (II, 96 ff.). Kay beginnt sich für ihn zu interessieren: »er sieht mich an, ich gefalle ihm, er ist nicht mehr jung aber er ist bestimmt sehr berühmt, ich bin erst Stunden hier und schon habe ich einen deutschen Dichter kennengelernt« (II, 99).

Für Philipp, den ihre Unbefangenheit und jugendliche Frische fasziniert, verkörpert sie Amerika: »sie kam aus anderer Luft, aus herber und reiner Luft, wie es Philipp schien, aus einem anderen Land mit Weite, Frische und Jugend, und sie verehrte die Dichter« (II, 97). Ihr nach Reseda duftendes Parfüm erinnert ihn an Jugendtage: »Reseda war hellgrün. Und von hellem Grün war Kay. Sie war ein hellgrüner Frühling« (II, 98 f.).

Am Nachmittag entwischt Kay ihrer Gruppe und sieht sich allein in der Stadt um. Im Juweliergeschäft von Herrn Schellack macht sie Bekanntschaft mit Emilia, die ihr ihren von Schellack verschmähten Schmuck schenkt. Kay schenkt Emilia dafür ihren Hut. Beide »hatten die herrliche Empfindung zu rebellieren, sie fühlten das wunderbare Glück, gegen Vernunft und Sitte zu rebellieren« (II, 155).

Später beobachtet Messalina sie in der Bar von Mr. Edwins Hotel, sie »tranken, lachten, sie umarmten und küßten sich« (II, 169). Sie sehen Mr. Edwin, den Kay sofort ansprechen und um ein Autogramm bitten will, was Emilia ablehnt, weil sie »die Literaten, diese Schießbudenfiguren« verabscheut (II, 170). Als Kay Mr. Edwin nachläuft, verschwindet Emilia und lässt Kays Hut zurück. »Er lag da wie eine erlittene Enttäuschung« (II, 171).

Im Amerikahaus trifft Kay erneut auf Philipp und betritt mit ihm verspätet den Vortragssaal (II, 183). Edwins Vortrag erscheint ihr »schön und weise; aber es war wohl zu hoch, Kay verstand es nicht« (II, 205). Danach entwischt sie ihrer Reisegruppe abermals und geht mit Philipp in die Stadt: »ich werde die einzige von unserer Reisegesellschaft sein, die zu Hause erzählen kann wie es ist wenn einen ein deutscher Schriftsteller verführt« (II, 214).

Philipp bringt sie in sein Hotelzimmer, von dem sie enttäuscht ist, da sie erwartet hat, dass er sie in seine Wohnung führen würde (II, 214), und möchte sogleich wieder gehen. Vom Fenster aus hören sie Mr. Edwins Hilferuf. Kay legt Emilias Schmuck auf die Fensterbank. Eine Bemerkung Emilias am Nachmittag (II, 170) hat ihr offenbar verraten, dass Philipp ihr Mann ist. Während sie sich zum Gehen wendet, sieht sie die Neon-Reklame eines Spielklubs, ein grünes Kleeblatt, aufflammen und denkt: »das ist sein Wald, sein Eichenhain, sein deutscher Wald, in dem er wandelt und dichtet« (II, 218).