Heva (Eva)
Eva erscheint im Roman in ihren beiden traditionellen Rollen, als Verführerin und als Gefährtin des Mannes. Ihre Rolle als Verführerin wird als männliche Projektion, als willkommene Adresse für die Weiterleitung moralischer Verantwortung kenntlich gemacht. Jaakob etwa rechtfertigt sich vor Eliphas mit Verweis auf die Mutter Rebekka, die ihn zum Segensbetrug verführt habe, so dass er in Wahrheit ein Opfer sei »von des Weibes List, Adam, verführt von Heva, der Schlange Freundin!« (IV, 138). Und Joseph deutet die »verschwiegenen Wünsche der armen Mut als züngelnde Versuchung [...], zu erfahren, was Gut und Böse sei« (V, 1138 f.), um sich seine eigene Mitwirkung an Mut-em-enets Begehren nicht eingestehen zu müssen.
Als Gefährtin erscheint Eva im Zusammenhang mit Josephs Hochzeit, bei der Einführung Asnaths (V, 1512-1514). Hier wird erzählt, wie es war, als Gott seinem ersten Erdenmenschen Adam aus dessen Rippe die Gefährtin erschuf, »in der Erwägung, es tue nicht gut, daß der Mensch allein sei, und brachte sie zum Menschen, daß sie um ihn sei, ihm zur Gesellschaft und zur Gehilfin. Und es war sehr gut gemeint«. Erzählt wird weiter von der »Zubringung« der Braut durch Gott, die »von den Lehrern gar herrlich ausgemalt« worden sei, und von dem ebenfalls von Gott ausgerichteten »erste[n] Hochzeitsfest« (V, 1512). Beides ist Muster für Josephs Verehelichung, wobei Echnatôn Gottes Part übernimmt (V, 1513 f.).
Der Erzähler ist überzeugt, dass Gott Eva ohne Hintergedanken gemacht hat, »einfach nur, damit sie um ihn sei, und hatte sich offenbar nichts weiter dabei gedacht« (V, 1512). Dass beide einander »erkannten« und Kinder zeugten, sei später gekommen, nach der Verfluchung. Geschlechtlichkeit ist also Teil des Fluchs, denn zwischen dem »Fest der Zuführung« und der geschlechtlichen Verbindung und Zeugung besteht kein ursprünglicher, gottgewollter Zusammenhang, sondern »dazwischen kommt erst noch die Geschichte vom Baum und der Frucht und der Schlange und der Erkenntnis von Gut und Böse«. Dass sie auch für Joseph »zuerst daran« kommt und er »das Weib erst (erkannte), nachdem er zuvor gelernt hatte, was Gut und Böse ist: von einer Schlange, die ihn für ihr Leben gern gelehrt hätte, was sehr, sehr gut ist, aber böse«, wird lobend erwähnt: Er »hatte die Kunst, zu warten, bis es gut war und nicht mehr böse« (V, 1513).
Die von den ›Lehrern‹ ausgemalte Geschichte von der »Zuführung« und von Adam und Evas Hochzeitsfest stützt sich stark auf Gorion I (98).