Peteprês Bibliothek
In den beiden an das Speisegemach anstoßenden Hallen in Potiphars Haus befinden sich neben anderen kostbaren Ausstattungsgegenständen mehrere »[s]chöne und bildlich ausgestattete Bücherschreine«, aus denen Joseph sich bei seinem an die Mahlzeiten anschließenden »Lesedienst« für Potiphar bedient. Sie enthalten Peteprês »schöne und vielseitige Bücherei«, die sich »teils aus unterhaltenden Einbildungen und scherzhaften Fabeln zusammensetzte, [...] teils aus dialektisch anregenden Schriften [...], aus religiösen und magischen Texten und Weisheitstraktaten in dunkler und künstlicher Sprache, Königsverzeichnissen von den Zeiten der Götter an bis zu denen der fremden Hirtenkönige mit Angabe der Regierungszeit eines jeden Sonnensohnes und Annalen geschichtlicher Denkwürdigkeiten einschließlich außerordentlicher Steuererhebungen und wichtiger Jubiläen« (V, 918 f.). Unter den zahlreichen Büchern, aus denen Joseph seinem Herrn vorliest, gehören das »Lied des Lebensmüden zum Lob des Todes« und die »Prophezeiung einreißender Unordnung« (d. i. Die Prophezeiung des Ipuwer) zu Peteprês Favoriten (vgl. V, 920).
Bei der Beschreibung der Bibliothek und des von Josephs versehenen »Leib und Lesedienstes« (V, 913-926) werden zahlreiche Titel der altägyptischen literarischen Überlieferung teils nur genannt, teils auch mit kurzen Hinweisen zum Inhalt versehen. Es sind dies: Die Geschichte des Schiffbrüchigen, der satirische Brief des Schreibers Hori an Amenemope, die Geschichte von der Eroberung der Stadt Joppe, die Geschichte von Chufu (Cheops) und Dedi, die Liebeslieder des Papyrus Harris 500, die (irrtümlich als »Kampf der Katzen und Gänse« gedeutete) satirische Zeichnung gänsehütender Katzen vom Papyrus Turin 55001 (vgl. Abb.), das Lied des Lebensmüden, das Märchen vom Königskind (Der verwunschene Prinz), das Märchen von den zwei Brüdern, die Prophezeiung des Ipuwer, die Nachtfahrt der Sonne (d.i. das ›Amduat‹ oder ›Schrift des verborgenen Raumes‹) sowie drei Texte aus dem Repertoire der Totenbücher, nämlich das Buch »Es blühe der Name«, das Buch vom Atmen und das Buch vom Durchschreiten der Ewigkeit.
TM kannte diese Texte teils aus den mehr oder weniger ausführlichen Referaten bei Erman/Ranke (429-474) und Wiedemann (386-394), teils aus den zwei in seiner Bibliothek befindlichen Sammlungen altägyptischer Erzählungen (Altägyptische Erzählungen und Märchen. Ausgewählt und übersetzt von Günther Roeder. Jena: Diederichs 1927; Märchen und Geschichten der alten Ägypter. Hrsg. von Ulrich Steindorff. Berlin: Propyläen [1925]).
Abb: Katzen als Gänsehüter vom Papyrus Turin 55001.