Sphinx (Harmachis, Hor-em-achet, Hor im Lichtberge)
Das »Geheimnis im Kopftuch, Hor-em-achet, die große Sphinx«, die sich bei den Pyramiden von Gizeh aus dem Wüstensand erhebt, ist so alt, dass niemand mehr weiß, »wann und wie« sie entstanden ist (V, 741), und niemand, nicht einmal König Chufu, sie jemals ohne die vom »Zeitenfraße« abgestumpfte Nase gesehen hat (IV, 21). Die Ägypter nennen sie »Hor im Lichtberge« und halten sie für ein Bild des Sonnengottes Atum-Rê-Horachte, was aber wohl eine »neuzeitliche Auslegung« ist (V, 745).
Joseph sieht den gewaltigen »Koloß-Zwitter aus Löwe und Jungfrau« (IV, 21), dessen Geschlecht ›verdeckt und versteckt‹ ist, »da es lagerte« (IV, 745), auf seiner Reise mit den Midianitern, die in der Nähe ihr Nachtlager aufschlagen. Der alte Midianiter erzählt von Tutmose IV., der die Sphinx, einem »Verheißungstraum« folgend (V, 743), vom Sand befreit und zwischen ihren Pranken einen Denkstein errichtet hatte, dessen Text der Alte seinen Leuten vorliest (vgl. 742 f.).
Joseph findet die Geschichte in jeder Hinsicht »läppisch« (V, 743), ist aber von dem Gebilde selbst doch so stark beeindruckt, dass er nicht einschlafen kann und in sternklarer Nacht vor das »Riesen-Idol« hintritt, um es noch einmal zu betrachten »und seine Ungeheuerlichkeit zu befragen«, während von fernher Schakale heulen (V, 744; vgl. dazu Anup). Das »Rätsel« der Sphinx bleibt ihm verschlossen wie die Drohung, die es enthält; es ist ein »wildes« Geheimnis, »mit Löwenpranken, lüstern nach jungem Blut, gefährlich dem Gotteskinde und eine Nachstellung dem Sprößlinge der Verheißung«, der sein Herz »wappnet« und seines Vaters gedenkt (V, 745). In der Nacht träumt er von der Sphinx, die zu ihm sagt: »›Ich liebe dich. Tu dich zu mir und nenne mir deinen Namen, von welcher Beschaffenheit ich nun auch sei!‹ Aber er antwortete: ›Wie sollte ich ein solches übel tun und wider Gott sündigen?‹« (V, 746)
Der Erzähler inszeniert Josephs Begegnung mit der Großen Sphinx als Vorausweisung auf seine Geschichte mit Mut-em-enet, die später nicht zufällig als »Sphinx des Totenlandes« apostrophiert wird (V, 1144). – Die Rede vom Rätsel der Sphinx und ihrer Gefährlichkeit spielt auf die Sphinx der griechischen Mythologie an, deren Rätsel von Ödipus gelöst wird.
Abbildungen der Großen Sphinx finden sich bei WikimediaCommons, Bilder von der Traumstele Thutmosis IV. in dem entsprechenden Wikipedia-Artikel .