Wrschowitz, Dr. Niels
Doktor der Musik, Armgards Klavierlehrer und häufiger Gast im Haus der Barbys. Wrschowitz ist unverheiratet, ein Tscheche mit starkem Akzent und radikalen Ansichten, die bei Gesellschaften immer mal wieder für peinliche Situationen sorgen – Armgard jedenfalls misstraut seiner »Salonfähigkeit« und ist deshalb bemüht, das Gespräch auf unverfängliche Themen zu lenken (13/152). Im Gespräch mit Armgard und Woldemar drückt er innerhalb kürzester Zeit sechsmal seine Zustimmung mit »sehr warr, sehr warr« aus (13/151-155) und spricht sich entschieden für »Krittikk« aus, ohne dass aber klar wäre, wogegen die Kritik sich richten soll (13/155, vgl. auch 24/272). Auch neigt der Musiker dazu, schroff und wenig höflich zu sein. Als Graf Barby in der Absicht, Wrschowitz' gemeinsames Klavierspiel mit Armgard zu loben, seine Vorliebe für vierhändiges Spiel erklärt, entgegnet Wrschowitz wenig charmant, »daß man dieser Auffassung bei Dilettanten sehr häufig begegne« (24/273).
Besonders reizbar ist er, wenn es um Skandinavien geht, da er seinen Vornamen Niels nicht mag und seinem Vater, einem Verehrer des dänischen Komponisten Niels Gade, die Namenswahl sehr übel nimmt. Graf Barby erklärt Woldemar, dass Wrschowitz seinen Doktortitel eigentlich nur gemacht habe, »um den Niels auf seiner Visitenkarte los zu werden« (13/149 f.). Seine Empfehlung an Woldemar lautet daher, das Thema Skandinavien überhaupt zu meiden, denn Wrschowitz »wittert überall Verrat«, aber »wenn man auf seiner Hut ist, ist er ein feiner und gebildeter Mann« (13/150). Der heftige Streit zwischen Wrschowitz und Cujacius im Anschluss an die Hochzeitsfeier entsteht gerade daraus, dass der Malerprofessor auf die bekannte Überempfindlichkeit des Musikers keine Rücksicht nimmt bzw. diese gezielt befeuert (vgl. 34/358 f.).
Abseits aller »Krittikk« scheint Wrschowitz jedoch auch eine abergläubische Seite zu haben, denn Woldemars Beschreibung der »vornehmen Beziehungen« des Stechlinsees macht großen Eindruck auf ihn (13/159). Seiner Schülerin Armgard ist der Musiker sehr zugetan, und Graf Barby erklärt, dass er ihn trotz aller Schwächen »eigentlich gern« hat, »weil er anders ist wie andre« (13/150).