Gundolskirchen, Judith Gräfin von
Schwester des Grafen Petöfy, seit vielen Jahren verwitwet. In dem gemeinsam mit ihrem Bruder »in getrennter Wirtschaftsführung« bewohnten Wiener Stadtpalais residiert sie in einem der beiden Flügel (I, 5). Anders als ihr Bruder, der sich ganz der Kunst widmet, bewegt sie sich überwiegend in kirchlichen Kreisen, pflegt eine streng katholische Religiösität und spendet der Ordensgemeinschaft ihres Beichtvaters Feßler beträchtliche Summen für mildtätige Zwecke (vgl. 2/12; 8/70). Durch ihre Ehe mit dem steiermärkischen Reichsgrafen Gundolskirchen haben sich ihre Bindungen an ihre ungarische Heimat gelockert, sie wurde »gut steyrisch« (3/16; vgl. auch 20/139). Auch ihr Beichtvater ist ein Steiermärker. Sie hat, was ihrem Bruder fehlt: »Klarheit und Einheit. Sie war jede Stunde dieselbe, während er auf jedem Gebiete schwankte.« (20/140)
Auf Petöfys Wunsch empfängt sie Franziska und findet sie ›charmant‹ und ›pointiert‹ (4/28). In Oeslau nimmt sie den für einige Monate unterbrochenen Kontakt mit ihr wieder auf (vgl. 6/49) und befördert damit ungewollt ihre Verbindung mit ihrem Bruder. Sie warnt ihn eindringlich vor einer Eheschließung, entspricht dann aber seiner Bitte, Franziska seinen Antrag zu überbringen (vgl. 10/81-88). Wie gut sie ihren Bruder kennt, zeigt der Fortgang der Ereignisse, denn ihre Vorhersagen treffen sämtlich ein. Ihr Verhältnis zu Franziska wird zunehmend vertrauter und herzlicher, und selbst Franziskas ›Fehltritt‹ und der Selbstmord ihres Bruders kann ihre Freundschaft nicht erschüttern. Ihre von Anfang an gehegte Hoffnung, Franziska werde zur katholischen Kirche übertreten (vgl. 27/174 f.), erfüllt sich schließlich nach Petöfys Tod (vgl. 35/223 f.).