Goethe
Die Mutter des Brüderpaars Alexander und Wilhelm von Humboldt befragt nach dem Tod ihres Mannes Goethe, einen Freund der Familie, nach der besten Erziehungsmethode für ihre Söhne. Dieser antwortet darauf: »Ein Brüderpaar […], in welchem sich so recht die Vielfalt menschlicher Bestrebungen ausdrücke, wo also die reichen Möglichkeiten zu Tat und Genuß auf das vorbildlichste Wirklichkeit geworden, das sei in der Tat ein Schauspiel, angetan, den Sinn mit Hoffnung und den Geist mit mancherlei Überlegungen zu erfüllen.« (19) Da diese kryptische Aussage von niemandem verstanden wird, interpretiert Majordomus Kunth sie als Experiment: »Der eine solle zum Mann der Kultur ausgebildet werden, der andere zum Mann der Wissenschaft.« (20)
Bevor Alexander von Humboldt zu seiner Südamerika-Reise aufbricht, fährt er nach Weimar, wo sein Bruder ihn mit Wieland, Herder und Goethe bekannt macht. Goethe bittet ihn, »die Vulkane zu erforschen, um die neptunische Theorie zu stützen.« Nur »verdorbene Geister« könnten auf den Gedanken verfallen, dass das »Innerste der Natur […] kochende Lava« sei. Außerdem ermahnt er ihn, nie zu vergessen, »von wem er komme«, womit er wohl die Bildungswelt der Weimarer Klassik meint: »Von uns kommen Sie, sagte Goethe. Unser Botschafter bleiben Sie auch überm Meer.« (36 f.).
Gauß hingegen zeigt wenig Hochachtung vor Goethe. Bei seinem unfreiwilligen Besuch des Weimarer Hoftheaters fragt er Bessel, »ob das der Esel sei, der sich anmaße, Newtons Theorie des Lichts zu korrigieren.« (158)
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832). – Gauß’ Bemerkung bezieht sich auf Goethes Farbenlehre (1810), mit der Goethe Newtons Lichttheorie widerlegen zu können glaubte.