Humboldt, Wilhelm von
Als Kind »sah [er] aus wie ein Engel« (20) und »konnte reden wie ein Dichter«. (21) Er durchläuft eine von seiner Mutter und dem Majordomus Kunth durchgeplante Erziehung mit einem Schwerpunkt in der Geisteswissenschaft. Seinem jüngeren Bruder Alexander macht er in der Kindheit das Leben schwer, indem er ihn mutwillig auf zu dünnes Eis schickt oder ihm Gift ins Essen mischt. Er braucht sich aber keine Sorgen um Bestrafung zu machen: Als Liebling der Familie, er spricht mit fünfzehn Jahren bereits sieben Sprachen, würde niemand Alexanders Anschuldigungen Glauben schenken. Bei dem Tod seiner Mutter ist er, anders als sein Bruder, nicht anwesend und entschuldigt sich in einem Brief damit, dass er wegen »dringender Geschäfte in Weimar« (35) nicht kommen könne.
Durch seine eigene Kindheit geprägt, erzieht er auch seine Kinder nach einem strengen pädagogischen Plan. Später wird die von ihm gegründete Universität in Berlin zu einem Ausgangspunkt der studentischen Bewegung, die Eugen Gauß ins Exil bringt. Trotz seines Erfolgs leidet er darunter, nie Kanzler geworden zu sein.
Nach dem Tod seiner Frau stellt er fest, dass ihm, ganz in Gegensatz zu seinem jüngeren Bruder, »Langeweile nie etwas ausgemacht« habe. »Nur alleine habe er nicht sein wollen.« (264) Er schreibt seinem Bruder nun häufiger, die Einsamkeit macht den Witwer »geschwätzig«, wie Alexander meint (271).
So unterschiedlich das Bruderpaar ist, in ihrer rastlosen Geschäftigkeit sind sie sich gleich: Wilhelm diktiert seinem Sekretär auch im Alter, als er ein »dünner, alter Herr mit wächsernem Gesicht und unnatürlich aufrechter Haltung« (241) ist, noch jeden Abend ein Sonett.
Friedrich Wilhelm Christian Carl Ferdinand von Humboldt (1767-1835)