Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt (2005)
Abt der Chaymas-Mission
In der Chaymas-Mission in Neuandalusien leben getaufte Indianer in Selbstverwaltung und einige Mönche, die Humboldt und Bonpland bei ihrem Aufenthalt freundlich begrüßen. Der Abt und seine Mönche können allerdings die Beweggründe für Humboldts und Bonplands Expedition nicht verstehen: »Niemand reise um die halbe Welt, um Land zu vermessen, das ihm nicht gehöre.« (71)
Aguirre
Geschichten über »Aguirre den Wahnsinnigen« liest Alexander von Humboldt schon als Kind und kündigt an, er werde einst Südamerika erforschen. (22) Später ist der spanische Konquistador, Abenteurer und Rebell Gegenstand eines kurzen Streitgesprächs zwischen Bonpland und Humboldt. Bonpland nennt ihn den ersten Erforscher des Orinoko, aber Humboldt meint: »Dieser traurige Mann habe gar nichts erforscht. Ebensowenig erforsche ein Vogel die Luft oder ein Fisch das Wasser.« Bonpland: »Oder ein Deutscher den Humor«. (111)
Lope de Aguirre (um 1510-1561)
Barbier
Als Gauß unter starken Zahnschmerzen leidet, während er eine Formel zur Konstruktion eines Siebzehnecks entwickelt, sucht er einen Barbier auf, um sich kurieren zu lassen: »Dieser band ihm die Hände fest, versprach, es werde gewiß nicht schlimm sein, und schob ihm mit schneller Bewegung die Zange in den Mund.« (82) Doch die Schmerzen sind so stark, dass Gauß ohnmächtig wird. In der nächsten Nacht wird ihm klar, dass der falsche Zahn gezogen wurde. Bei seinem erneuten Besuch verliert er bereits beim Blick auf die Zange das Bewusstsein.
Bartels, Martin
Als siebzehnjähriger Mathematikstudent wird Bartels von Lehrer Büttner beauftragt, Gauß zusätzlichen Mathematikunterricht zu geben, um dessen außergewöhnliche Fähigkeiten zu fördern. Schon bald kann er seinem Schützling intellektuell nicht mehr folgen, bleibt ihm aber doch eine Stütze bei dessen Karriere. Ähnlich wie Gauß kam er »aus der Armut, hatte als Wunderkind gegolten und sich zu Großem erwählt geglaubt. Dann hatte er ihn getroffen, Gauß.« (84) Bartels beschämt Gauß‘ Mutter, eine Analphabetin, so sehr, dass Gauß es ihm sein restliches Leben nicht verzeiht: »Bartels hatte eine Weile geschwiegen, bevor er mit einer Verachtung, für die er sich später schämte, gefragt hatte, ob sie denn nicht wisse, daß ihr Sohn der größte Wissenschaftler der Welt sei.« (85) Erst im Alter kann er Gauß noch einmal zuvorkommen, indem er eine Abhandlung zur astralen Geometrie verfasst – einem Gebiet, dessen sich Gauß nicht angenommen hatte, aus Angst vor Spott.
Johann Christian Martin Bartels (1769-1836)
Baudin
Als Ersatz für den greisen Bougainville setzt das Direktorium der Pariser Akademie der Wissenschaft für eine Expedition in die Südsee den Offizier Baudin ein. Sowohl Humboldt als auch Bonpland möchten sich dieser Expedition anschließen, doch »[w]enig später war er mit dem gesamten Geld, das der Staat ihm übergeben hatte, abgereist.« (39) Daraufhin beschließen Humboldt und Bonpland, gemeinsam eine eigene Expedition zu starten.
Kurz vor dem Ende ihrer Südamerika-Expedition hätten sie ihn beinahe wiedergesehen. Am Fuße des Popocatepetl berichtet ihnen der Journalist Duprés, dass er sich dort eigentlich mit Baudin habe treffen wollen, dieser aber nicht aufgetaucht sei. Humboldt plant, zu dessen Expedition hinzuzustoßen: »Er trage sich mit dem Gedanken, den Kapitän in Acapulco abzufangen, damit man sich gemeinsam der Untersuchung der seligen Inseln widmen könne.« (207) Diesen Plan verwirft er allerdings kurz darauf wieder und reist stattdessen mit dem ersten Schiff nach Nordamerika.
Nicolas Thomas Baudin (1754-1803)
Bessel
Bessel ist Gauß‘ Assistent, als dieser sich in Braunschweig mit Astronomie befasst und auf die geplante Sternwarte wartet. Gauß stellt die Messungen auf und Bessel, »dessen einzige Begabung darin bestand, daß er sich nie irrte« (151), fügt sie in Tabellen ein.
Während Johannas dritter Schwangerschaft muss Gauß nach Bremen reisen, um diese Tabellen mit Bessel zu analysieren. Bessel bringt seinen Gast, ohne dass dieser allerdings von der Idee begeistert ist, zum Meer. Als Gauß kurz nach der Ankunft nüchtern feststellt, dass sie jetzt wieder zurückfahren könnten, überredet Bessel ihn zu einem Theaterbesuch in Weimar: »Bessels Unternehmungslust war ungehemmt. Es reiche nicht, das Meer zu sehen, man müsse auch im Theater gewesen sein.« (157) Während die beiden nach viertägiger Reise dort die Aufführung eines Stücks von Voltaire sehen, tränen Gauß die Augen vom Gähnen, was Bessel missversteht: »Nicht wahr, flüsterte Bessel, es sei bewegend!« (158) Als Gauß sich anschließend lautstark über Goethe echauffiert, versteckt sich sein Kollege aus Scham in den Tiefen seines Sitzes.
Humboldt trifft später, während seiner Russlandexpedition, ebenfalls auf Bessel: Inzwischen ist der Professor in Königsberg, wo er tatsächlich in einer Sternwarte arbeiten kann: »Humboldt fragte ihn, ob er nicht früher mit Professor Gauß gearbeitet habe. Der Höhepunkt seines Lebens, sagte Bessel, wenn auch nicht einfach.« (268)
Friedrich Wilhelm Bessel (1784-1846)
Bolívar, Simón
Bei einem gemeinsamen Frühstück in Berlin mit Gauß und dessen Sohn Eugen kommt Humboldt auf die politischen Entwicklungen in Südamerika zu sprechen, die das »Lebenswerk seines Freundes Bolívar« zerstört hätten. Ihn selbst, Humboldt, habe »der große Befreier« den »wahren Entdecker Südamerikas« genannt. (219) Gauß bleibt unbeeindruckt. Als Humboldt dann von dem Hausarrest erzählt, den Diktator Francia über Bonpland verhängt habe und gegen den nicht einmal Simón Bolívar etwas habe ausrichten können, erkundigt Gauß sich, wer »der Kerl« eigentlich sei. »Er habe nie von ihm gehört.« (225)
Simón Bolívar (1783-1830)
Bonpland, Aimé
Als Humboldt auf den Franzosen Bonpland aus La Rochelle trifft, war dieser »fünfundzwanzig, hochgewachsen, etwas zerlumpt, hatte nur wenige Pockennarben und bloß eine Zahnlücke, ganz vorne.« (40) Auch er möchte, nachdem er ein Studium der Botanik abgeschlossen hat und Militärarzt gewesen ist, an einer Expedition teilnehmen. Humboldts Überzeugungskraft und Begeisterung und der Mangel an Alternativen bewegen ihn dazu, mit ihm zu reisen.
Schon während ihres ersten Halts auf Teneriffa kommt es zwischen den beiden zu einem Streit, als Bonpland sich nach einer Vulkanbesteigung mit einer Einheimischen vergnügt: »Der Mensch sei kein Tier, sagte Humboldt. Manchmal doch, sagte Bonpland.« (48)
In Caracas zeigt sich ein weiterer Unterschied zwischen Bonpland und seinem Gefährten: Während ihn das für ihren Abschied gegebene Konzert zu Tränen rührt, muss Humboldt zugeben, dass Musik ihm nicht viel gebe. Während der Fahrt auf dem Orinoko muss er feststellen, dass Humboldt keinen Spaß versteht.
Beim Abendessen mit Pater Zea vergisst Bonpland seine Manieren: »Bonpland nahm einen tiefen Schluck aus der Weinflasche. Er schien vergessen zu haben, daß Gläser dastanden und sich das nicht gehörte.« (117) Gegen Pater Zea versucht er auch, sein Verständnis von Menschenrechten zu äußern, wird aber von Humboldt gebremst (119).
Obwohl Humboldt immer die treibende Kraft der Expedition ist, gibt ihm Bonpland psychische Unterstützung, als sie während des verheerenden Sturms auf dem Felsen ausharren: »Und was, fragte Humboldt, wenn das Boot nicht zurückkomme? Das werde es schon, sagte Bonpland. Nur die Ruhe.« (140)
Kurz vor der Besteigung des Chimborazo schreibt Bonpland, von Humboldt genötigt, einen Abschiedsbrief. Darin gibt er auch seine fieberhaften Träume zu, »in denen er Baron Humboldt erwürge, zerhacke, erschieße, anzünde, vergifte oder unter Steine begrabe.« (163) In der darauffolgenden Nacht träumt er, seinen Gefährten den Berg hinunterzustürzen.
In Acapulco befragt ihn der Journalist Gomez über das Wesen von Humboldt, und obwohl er ihn am besten kennt, kann er keine zufriedenstellende Antwort geben (197) Auch die Auskunft, er sei nur mitgereist, weil er von zu Hause weg wollte, ist für Gomez nicht befriedigend.
Nach Beendigung der Expedition wird Bonpland zunächst Vorstand der kaiserlichen Ziergärten in Paris. Nach dem Sturz Napoleons zieht es ihn nach Paraguay, wo er ein Gut besitzt und eine Familie gründet. Sein Sinn für Menschenrechte, den er genau wie Humboldt schon auf ihrer ersten Expedition zeigte, verwickelt ihn in den dortigen Bürgerkrieg. Er wird von Diktator Francia gefangen genommen und unter Hausarrest gestellt. In einem letzten Brief, den er aus seiner Gefangenschaft an Humboldt sendet, gesteht er ihm, dass er ihn vermisst.
Aimé Jacques Alexandre Bonpland (1773-1858)
Bouguer
Der Leiter der Jesuitenmission, Pater Zea, erzählt Humboldt und Bonpland die Geschichte von Bouguer, La Condamine und Godin, die vor Jahrzehnten von der Akademie der Wissenschaften in Paris nach Südamerika ausgesandt worden waren, »um die Meridianlänge des Äquators festzustellen.« (115) Obwohl die Expedition sich alle Mühe gegeben hatte, genau und korrekt zu arbeiten, stimmten die Messergebnisse nie überein, was zu Streitigkeiten unter den drei Forschern führte. Zwei Wochen nachdem Godin bereits in den Urwald verschwunden war, verließ auch Bouguer die Expedition.
Pierre Bouguer (1698-1758)
Braunschweig, Herzog von
Der Herzog von Braunschweig, »ein freundlicher Herr mit zuckenden Augenlidern«, ist Patenonkel Alexander von Humboldts (63) und ein früher Förderer von Carl Friedrich Gauß. Zweimal hat Gauß Audienzen bei ihm: Die erste, von Zimmermann vermittelte Audienz findet statt »in einem goldgeschmückten Raum, in dem so viele Kerzen brannten, daß es keine Schatten gab, nur Reflexionen in den Deckenspiegeln«. Zu dieser Zeit ist Gauß noch Schüler des Braunschweiger Gymnasiums. »Rechne was, sagte der Herzog.« (61) Hofrat Zimmermann springt seinem Schützling bei: »Mit Verlaub, sagte Zimmermann, da liege ein Mißverständnis vor. Der junge Mann sei kein Rechenkünstler.« (62) Der Herzog ist zwar enttäuscht, bewilligt aber trotzdem das erbetene Stipendium. Förmliche Höflichkeiten sind ihm wichtig, weshalb er auch den unaufgefordert sprechenden Gauß ignoriert.
Die zweite Audienz findet statt, als Gauß bereits ein gefeierter Astronom geworden ist: »Der Audienzraum hatte sich verändert. Die Deckenspiegel, offenbar aus der Mode gekommen, hatte man durch goldenes Blattwerk ersetzt, und es brannten weniger Kerzen. Auch der Herzog sah anders aus: Er war älter geworden. Ein Augenlid hing schlaff herab, die Wangen waren wulstig, sein schwerer Körper schien schmerzhaft fest auf seine Knie zu drücken.« (143 f.) Gauß hat, obwohl ihm die höfische Etikette widersteht, Sympathien für den Herzog: »Er war kein übler Mann, er bemühte sich, die Dinge richtig zu machen, und im Vergleich zu den meisten war er nicht einmal dumm.« (144) Der Herzog bietet ihm die Finanzierung einer Sternwarte an. Gauß »wußte, daß die Idee von Zimmermann war, der stundenlang auf den Herzog eingeredet hatte.« (145) Als er auch noch einen Professorentitel und doppeltes Gehalt verlangt, bewilligt der Herzog nur den Titel, aber nicht das Gehalt.
Eine von Gauß gewünschte dritte Audienz kann nicht mehr stattfinden, da der Herzog im Krieg gegen Napoleon fällt.
Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog von Braunschweig und Lüneburg (1735-1806)
Brombacher
Während Bonpland und Humboldt darauf warten, dass die Wirkung ihres Curare-Experiments nachlässt, erscheint Brombacher aus dem Urwald, »ein schnurrbärtiger Mann in Leinenhemd und ledernem Wams« (133). Er ist um die dreißig Jahre alt und gebürtiger Sachse. Die Einladung Humboldts, sie auf ihrer weiteren Reise zu begleiten, lehnt er ab: »Allein erfahre man mehr, und Deutsche treffe man ohnehin daheim in Mengen.« (133)
Er kann die detaillierten Fragen Humboldts über seine Heimatstadt mit Leichtigkeit beantworten und berichtet von seinen Erfahrungen im Urwald. »Nach kurzem stand er auf, lüftete seinen Hut, stapfte davon, und das Blattwerk schloß sich hinter ihm.« (133)
Nach diesem fiktiven Treffen ist der »Brombacher-Effekt« benannt, der die Kritik wegen fehlender historischer Genauigkeit vieler (auch professioneller) Leser an »Die Vermessung der Welt« bezeichnet.
Bürgermeister von Moskau
Der Bürgermeister von Moskau besteht darauf, dass Humboldt während seiner Russlandreise eine längere Pause in Moskau einlegt. Er begründet dies mit Verweis auf Sankt Petersburg, wo Humboldt auch schon für längere Zeit aufgehalten wurde. »Also mußte Humboldt auch hier jeden Abend, während Rose und Ehrenberg in der Umgebung Steinproben sammelten, ein Diner besuchen «. (274)
Büttner
Gauß‘ erster Lehrer »hieß Büttner und prügelte gern. Er tat, als wäre er streng und asketisch, und nur manchmal verriet sein Gesichtsausdruck, wieviel Spaß ihm das Zuschlagen machte.« (55) Als er seinen Schülern die Aufgabe gibt, die Zahlen von eins bis hundert zu addieren, entwickelt Gauß seine Summenformel, womit er, zur Verärgerung Büttners, viel schneller zum Ergebnis kommt als seine Mitschüler. Daraufhin leiht er Gauß zunächst ein Lehrbuch über höhere Mathematik und schwört, als dieser es am nächsten Tag schon durchgelesen hat, Gauß auf ein Gymnasium zu bringen: »Wenn Gauß nicht aufs Gymnasium komme, habe er umsonst gelebt.« (58) Dazu stellt Büttner Gauß seinen Assistenten Martin Bartels zur Seite, mit dem Gauß fortan Mathematik lernt.
Cancrin, Graf
Der russische Finanzminister sponsert Humboldts Russlandexpedition nicht nur in hohem Maße, sondern legt auch die Reiseroute fest. Besonders der vorgeschriebene Reiseplan stört Humboldt: »Er wolle sich frei bewegen. Ein Forscher müsse improvisieren. Nur, wenn er nicht gut geplant habe, wandte Cancrin lächelnd ein.« (271)
Georg Ludwig Graf Cancrin (1774-1845)
Carlos, Gabriel, Mario und Julio
In San Fernando sucht Humboldt nach Helfern, die den Orinoko bereits befahren haben: »Man wies ihn zu vier vor einer Schenke sitzende Männern. Einer trug einen Zylinder, einem klemmte ein Schilfrohr im Mundwinkel, einer war behängt mit Unmengen von Messingschmuck, der vierte war bleich und arrogant und sprach kein einziges Wort.« (105) Während der gemeinsamen Fahrt stören sie Humboldt vor allem durch ihren Hang zu fantastischen Geschichten mit »fliegenden Häusern, bedrohlichen Schlangenfrauen und Kämpfe um Leben und Tod« (109). Auf der Rückfahrt versuchen die vier während eines Sturms das Boot am Ufer festzumachen, werden dabei vom reißenden Fluss wegetragen und verschwinden für immer.
Die Ruderer spielen auf vier lateinamerikanische Schrifsteller an: Carlos Fuentes Macías (1928-2012); Gabriel José García Márquez (geb. 1927); Jorge Mario Pedro Vargas Llosa (geb. 1936); Julio Florencio Cortázar (1914-1984)
Casaules, Don Oriendo
Dem Neffen des Vizekönigs werden in Neuandalusien, zu Beginn von Humboldts und Bonplands Reise, bei einem Bad im Fluss drei Zehen abgebissen. »Der Mann, er hieß Don Oriendo Casaules und hatte einen gewaltigen Schnurrbart, zuckte und starrte ein paar Sekunden reglos vor sich hin, bevor er mehr ungläubig als erschrocken seinen nun unvollständigen Fuß aus dem rot verdunkelten Wasser zog.« (69 f.) Daraufhin wird er ohnmächtig und von Humboldt aufgefangen. Er nimmt das nächste Schiff zurück in seine spanische Heimat.
Curaremeister
Nachdem Humboldt und Bonpland auf dem Orinoko tagelang keine Siedlung finden konnten, erreichen sie ein Dorf, in dem Curare, ein starkes Gift, hergestellt wird. »Der Curaremeister war eine würdevolle, priesterlich hagere Gestalt.« (131) Er zeigt ihnen genau den Ablauf der Herstellung.
Da noch niemand probiert hat, ob man das Gift, das auf Pfeile aufgetragen wird, trinken kann, erkundet Humboldt es kurzentschlossen im Selbstversuch. Da er den ersten Versuch überlebt, kauft er dem Curaremeister alle Vorräte ab und verbringt mit Bonplands Hilfe einen Tag mit weiteren Versuchen, die in Schwindelanfällen und Halluzinationen resultieren.
Daguerre
Daguerre, »ein backenbärtiger junger Mann« (14) und »Schützling« Humboldts, der an einem Gerät arbeitet, »welches den Augenblick auf eine lichtempfindliche Silberjodidschicht bannen und der fliehenden Zeit entreißen werde.« (15) Er soll den Moment der ersten Begegnung von Gauß und Humboldt in Berlin auf die Platte bannen, wozu die beiden aber 15 Minuten lang bewegunglos verharren müssen. Eugen Gauß läuft durchs Bild, ein Polizist hält die Gruppe für eine »Zusammenrottung«, und Gauß reißt sich schließlich ungeduldig los. (15 f.) »Daguerre stampfte mit dem Fuß auf. Jetzt sei der Moment für immer verloren!« (16) Bei Humboldts Rede während des Naturforscherkongresses sitzt Daguerre neben Gauß und kommentiert die Rede mit ironischen Bermerkungen. (235-240) Danach gibt Gauß ihm einen entscheidenden Hinweis für seine Forschung: »Er überlegte einen Moment: Salzlösung. Aber ja, antwortete Daguerre mitleidig. Gauß forderte ihn auf, nicht so blöd zu glotzen. Man könne Silberjodid mit gewöhnlicher Salzlösung fixieren.« (240)
Louis Jacques Mandé Daguerre (1787-1851)
Diener des Grafen von der Ohe
In seiner Tätigkeit als Landvermesser muss Gauß dem Grafen von der Ohe zur Ohe Bäume abkaufen, die gefällt werden müssen. Als er an dessen Anwesen eintrifft, lässt ihn der hagere, junge Diener allerdings zuerst nicht eintreten und weigert sich dann, seinen Herrn zu wecken. Auch für Gauß‘ Erheiterung über den Namen des Grafen hat er kein Verständnis: »Der Diener betrachtete ihn mit einem Ausdruck, als wäre er in einen Kuhfladen getreten.« (181) Erst nachdem Gauß ihn von seiner vom Staat verliehenen Autorität überzeugen kann, kooperiert er. Allerdings weist er ihm eine übelriechende Reiterkammer als Nachtlager an. (183 f.) Am nächsten Morgen entschuldigt er sich dafür. »Er habe nicht gewußt, um wen es sich gehandelt habe.« (190)
Duprés
Der Franzose Duprés schließt sich Humboldt und Bonpland als dritter Journalist, nach Gomez und Wilson, am Popocatepetl an. »Eigentlich sei er wegen der von Baudin geleiteten Expedition der Akademie angereist. Aber nun sei Baudin nicht aufgetaucht, und er habe kaum sein Glück fassen können, als er erfahren habe, daß ein viel Größerer im Land sei.« (206) Später veröffentlicht er das Buch Humboldt – Grand voyageur, das in Humboldts Augen »den Fakten geringere Gewalt antue« als der Bericht seines Kollegen Wilson (217).
Ehrenberg
Auf seiner Expedition nach Russland wird Humboldt von zwei Assistenten begleitet: dem Zoologen Ehrenberg und dem Mineralogen Rose. »Ehrenberg war klein, dick und spitzbärtig« und trägt wie sein Kollege Rose eine dicke Brille. (264) Während Humboldt an den verschiedenen Reisestationen überwiegend mit Repräsentationspflichten beschäftigt ist, erledigen Ehrenberg und Rose den wesentlichen Teil der Forschungs- und Sammelarbeiten und übernehmen dabei auch zunehmend die Regie. In Dorpat etwa nimmt Ehrenberg Humboldt einen Bernstein mit einem darin eingeschlossenen Skorpion aus der Hand, um ihn abzuzeichen, liefert die Zeichnung aber nie ab: »Die Zeichnung bekam er [Humboldt] nicht, und er sah den Stein nie wieder. Als er Ehrenberg später danach fragte, konnte der sich nicht erinnern.« (270) Als Humboldt bei Nischnij Nowgorod die Breite der Wolga mit einem Sextanten bestimmt und als Ergebnis 5240,7 Fuß bekannt gibt, korrigiert Ehrenberg ihn: »Zweihundertvierzig Komma neun, um genau zu sein, sagte Ehrenberg. Doch müsse er zugeben, angesichts einer so alten Methode ein ziemlich gutes Ergebnis.« (275) Als Humboldt in einem Eisenwerk in der Ebene von Wissokaja Gora darauf bestehen will, dass er den von dem vierzehnjährigen Pavel gefundenen Diamanten nicht selbst gefunden, sondern nur als solchen erkannt hat, weisen Rose und Ehrenberg ihn zurecht: »Es gebe eine oberflächliche Wahrheit und eine tiefere, sagte Ehrenberg, gerade als Deutscher wisse man das.« (279) Auch wenn er Humboldt bevormundet und seine Methoden für veraltet hält, scheint er ihn dennoch zu respektieren.
Christian Gottfried Ehrenberg (1795-1876)
Espelde, Don Ramón
Don Ramón ist der Erstbesteiger des Vulkans Jorulla und besteht daher trotz seines fortgeschrittenen Alters darauf, Humboldts Expedition auf den Vulkan anzuführen. Er gibt Humboldt den Rat »bei jedem Aufsetzen des rechten Fußes die Madonna von Duadaloupe anzurufen.« (209) Während des Aufstiegs, muss die Expedition immer wieder auf ihn warten, da er öfters ausrutscht und schnell erschöpft ist.
Forster, Georg
In Göttingen trifft der junge Humboldt auf Georg Forster, »einen dünnen, hustenden Mann mit ungesunder Gesichtsfarbe.« (28) Früher hatte er mit Cook die Welt bereist und arbeitet nun als Bibliothekar in Mainz. Humboldt erzählt ihm, dass er auch reisen möchte: »Forster nickte. Mancher wolle das. Und jeder bereue es später. Warum? Weil man nie zurückkommen könne.« (29) Georg Forster empfiehlt Humboldt schließlich an die Bergbauakademie in Freiberg.
Johann Georg Adam Forster (1754-1794)
Francia
Paraguayanischer Diktator, der in Bonplands späterem Leben, von dem Humboldt seinem Gast Gauß erzählt, eine Rolle spielt: Nach der Südamerika-Expedition habe Bonpland zunächst in Paris gelebt, sei aber nach Napoleons Sturz zurück nach Südamerika gegangen. Dort habe er sich in einem Bürgerkrieg den späteren Verlierern angeschlossen und sei deshalb vom Sieger unter Hausarrest gestellt: »Ein verrückter Diktator namens Francia, ein Doktor auch noch, habe ihn auf seinem Hof festgesetzt und halte ihn unter ständiger Todesdrohung.« (225)
José Gaspar Tomás Rodríguez de Francia (1766-1840)
Friedrich Wilhelm III., König von Preußen
Friedrich Wilhelm III. zitiert Humboldt, trotz dessen Ressentiments gegen seine Heimat, aus Paris zurück nach Berlin: »Der König habe nicht mehr dulden wollen, daß sein berühmtester Untertan im Ausland lebe.« (239) Dort ernennt er ihn zu seinem Kammerherrn.
Vor seiner Reise nach Russland besucht Humboldt den König im Charlottenburger Schloss. Dieser ernennt ihn schließlich zum Wirklichen Geheimen Rat, der mit Exzellenz angesprochen werden muss, was Humboldt zu Tränen rührt. Friedrich Wilhelm mahnt ihn allerdings auch: »Er kenne Rußland, sagte der König, er kenne auch Humboldts Ruf. Er wünsche keine Beschwerden! Es sei nicht nötig, über jeden unglücklichen Bauern in Tränen auszubrechen.« (265)
Friedrich Wilhelm III., König von Preußen (1770-1840, reg. 1797-1840)
Führer, zwei
Am Anfang ihrer Reise besuchen Humboldt und Bonpland Teneriffa. Dort bezahlen sie zwei Führer, die sie zur Spitze des Vulkans [Pico del Teide] führen sollen, doch es stellt sich heraus, dass sie den Weg nicht kennen: »Humboldt fragte, ob sie denn nie hier oben gewesen seien. Nein, sagte der andere Führer. Warum auch?« (47) Einer der beiden Führer zerstört durch einen Unfall auch noch die Wasserflaschen, so dass am Ende alle halb verdurstet und zumindest die Führer sehr gereizt in den Gärten von Orotava ankommen.
Gärtner
Auf Teneriffa, wo sein Dampfschiff nach Amerika neuen Brennstoff aufnehmen muss, trifft Eugen Gauß in einem exotischen Garten, in dem er kurz ruht und die Augen schließt, einen verärgerten Gärtner: »Der Gärtner stampfte mit dem Fuß auf den Boden und zeigte auf den Ausgang.« (301) Eugen versucht, ihn zu beschwichtigen, aber als dieser mit seiner Harke droht, verlässt er schnell den Ort.
García Utilla, Don Fernando
Don Fernando ist der Bergwerksleiter einer Silbermine in Taxco. Humboldt untersucht einige Tage die Effektivität der Mine, wobei ihn vor allem die »Findigkeit der Arbeiter beim Diebstahl« (198) fasziniert. Daher beteiligt er sich auch an einer Leibesvisitation. Don Fernando schaut ihm »träumerisch« zu, wie er den Bauchnabel eines kleinen Jungen untersucht. (198) Humboldt schlägt ihm vor, die Mine zu erneuern, um Unfälle zu vermeiden: »Man habe genug Leute, sagte Don Fernando. Wer sterbe, könne ersetzt werden.« Auf die Nachfrage Humboldts, ob er Kant gelesen habe, antwortet Don Fernando, dass ihm Leibniz lieber sei. »Er habe deutsche Vorfahren, deshalb kenne er all diese schönen Phantastereien.« (199)
Gauß, Carl Friedrich
Der spätere »Fürst der Mathematiker« (11), Sohn eines Gärtners, mit triefender Nase und andauernder Melancholie, bemerkt schon früh seinen intellektuellen Vorsprung den Klassenkameraden und seinen Eltern gegenüber: Er korrigiert seinen Vater bei Rechnungen und bringt sich im Gegensatz zu seiner Mutter, die ihr Leben lang Analphabetin bleibt, das Lesen zum größten Teil selbst bei. Aus Angst aufzufallen, versucht der junge Gauß zunächst, sich der Denkgeschwindigkeit der anderen anzupassen. Als er jedoch in der Schule mit acht Jahren die nach ihm benannte Summenformel entwickelt, wird sein strenger und gewalttätiger Lehrer Büttner auf seine Hochbegabung aufmerksam. Er stellt ihm seinen Assistenten, den Mathematikstudenten Martin Bartels zur Seite, der ein Jahr lang an Gauß‘ mathematischer Ausbildung arbeitet. Bartels verschafft ihm auch einen Freitisch in einem Gymnasium, von dessen Niveau Gauß allerdings enttäuscht ist. Mit dem Pastor des Gymnasiums überwirft er sich schon bei ihrem ersten Mittagessen, weil er nicht einsehen möchte, dass Gott Demut von den Menschen verlange.
Bartels besorgt ihm daraufhin einen Freitisch bei Hofrat Zimmermann, einem Professor an der Göttinger Universität. (61) Dieser verhilft ihm zu einem Stipendium des Herzogs von Braunschweig, dem Patenonkel von Alexander von Humboldt: »Sein liebster Patensohn, der kleine Alexander, sei eben aufgebrochen, um in Südamerika Blumen zu suchen.« (63) Immer noch ein Kind, darf er in Braunschweig als einer der ersten mit Pilâtre de Rozier in dem von den Mongolfiers neuentwickelten Heißluftballon mitfahren, um die Sterne besser betrachten zu können.
Als neunzehnjähriger Student entwickelt er unter Zahnschmerzen eine bisher unbekannte Methode, um Siebzehnecke zu konstruieren. Anschließend entscheidet er sich, seine wissenschaftliche Aufmerksamkeit zunächst vollständig der Mathematik zu widmen – philologische Interessen stellt er zurück. Zur gleichen Zeit beginnt er, Prostituierte zu besuchen: »Es gab nicht viele in Göttingen, sie kannten ihn alle, grüßten ihn mit Namen und gaben ihm manchmal Rabatt, weil er jung war, gut aussah und Manieren hatte.« (86) Dabei hat er ein besonderes Interesse für die Russin Nina, der er sogar verspricht, sie zu heiraten und ihre Sprache zu lernen.
Während er auf das Ergebnis seiner Doktoratsprüfung wartet, liest er in einem Magazin einen anderthalb Jahre alten Brief von Alexander von Humboldt über dessen erste Erlebnisse in Südamerika. Die Prüfung besteht er mit »summa cum laude«.
Da ihm während seiner Arbeit an den Disquisitiones Arithmeticae das Geld ausgeht – mit dem Abschluss des Studiums endet auch das herzogliche Stipendium–, muss er eine Stelle als Landvermesser annehmen. Während dieser für ihn unerfreulichen Arbeit lernt er allerdings Johanna kennen und lieben.
Ein Jahr nachdem er mit der Arbeit an seinem Hauptwerk begonnen hat, kann er es bereits abschließen: »Er war Anfang Zwanzig, und sein Lebenswerk war getan. Er wußte: Wie lange er auch noch da sein würde, er könnte nichts Vergleichbares mehr zustande bringen.« (92) Der anschließende Heiratsantrag an Johanna wird abgelehnt.
Um Kant in Königsberg zu besuchen, begibt sich Gauß erstmals auf eine längere Reise. Seine Audienz verläuft allerdings für ihn enttäuschend: Kant ist bereits zu alt und verwirrt, um sich mit Gauß‘ Theorien auseinanderzusetzen.
Zurück in Braunschweig, wiederholt er seinen Heiratsantrag. (98) Sicher, dass auch dieser wieder abgelehnt wird, ist er bereit, sich mit Curare selbst zu töten, doch wider Erwarten nimmt Johanna seinen Antrag an. Bevor die beiden heiraten, Gauß hat sich inzwischen der Astronomie gewidmet und die Planetenbahn des Ceres berechnet, nimmt er die Stelle des Direktors einer noch zu bauenden Sternwarte in Braunschweig an und bekommt einen Professorentitel sowie eine Anstellung bei der Universität Helmstedt.
»Zur Hochzeit kamen wenige Gäste.« (148) Anschließend unterbricht er die gemeinsame Hochzeitsnacht, um eine Formel zu notieren. Seit dieser Zeit spürt er auch einen schleichenden, geistigen Verfall: »Er fragte sich, ob sein Geist ins Mittelmaß sank« (151)
Von den Koalitionskriegen nimmt Gauß erst Notiz, als er über längere Zeit keine Audienz beim Herzog von Braunschweig gewährt bekommt. Um seinen Informationsrückstand aufzuholen, liest er bei Bartels alte Journale: »Grimmig überblätterte er einen Bericht Alexander von Humboldts über das Hochland von Caxmarca.« (151) Gauß ist von Napoleons intellektuellen Fähigkeiten angetan, interessiert sich allerdings nicht für dessen politische Ziele. So kann er auch Johannas Patriotismus nicht nachvollziehen. Obwohl Göttingen inzwischen unter französischer Herrschaft steht, ziehen er und Johanna dorthin, und Gauß lässt eine neue Sternwarte errichten. Zu seinem Leidwesen muss er auch Studenten unterrichten: »Von allen Menschen, die er je getroffen hatte, waren seine Studenten die dümmsten.« (154) Nur ein einziger, Moebius, kann seine Prüfungen bestehen. Zu dieser Zeit vergisst er auch die Geburt seines ersten Sohnes, Joseph: »Und er wußte sofort, daß sie ihm das nie verzeihen würde.« (154)
Seit ihrem Umzug besucht er wieder Nina und schwört sich, dass Johanna nie davon erfahren wird. Gauß, inzwischen dreißig Jahre alt, beginnt eine Arbeit über Astronomie, über deren Minderwertigkeit im Vergleich zu seinem mathematischen Hauptwerk er sich aber im Klaren ist. Zusätzlich zu seinen schwindenden geistigen Fähigkeit verschlechtert sich auch sein körperlicher Zustand: Er verliert weiterhin Zähne und leidet regelmäßig unter Koliken. Bei der Geburt seines zweiten Kindes, Wilhelmine, strengt er sich mehr an, wie ein guter und besorgter Vater zu wirken.
Während Johanna ihr drittes Kind erwartet, reist Gauß zum ersten Mal nach Bremen, wo er mit seinem Mitarbeiter Bessel, der hier lebt, Messergebnise analysieren muss. Gereizt von der langen Reise, ist er wenig euphorisch, als er, von Bessel genötigt, zum ersten Mal in seinem Leben das Meer sieht. Auch das Hoftheater in Weimar, eine weitere Reise von vier Tagen, erfreut ihn nicht, und er bezeichnet Goethe als Esel, »der sich anmaße, Newtons Theorie des Lichts zu korrigieren.« (158) Dort lernt er auch Wilhelm vom Humboldt kennen, dem er wegen seines Interesses an Sprachwissenschaft mangelnde Intelligenz bescheinigt und den er mit seinem Bruder verwechselt.
Als er wieder in Göttingen ankommt, geht er zuerst in die Universität, um sich über den Bau der Sternenwarte zu informieren und besucht dann seine Familie. Dort muss er erfahren, dass Johanna wegen Geburtskomplikationen im Sterben liegt. Nach kurzer Zeit, die in seiner Erinnerung nur noch verschwommen vorhanden ist, sterben Johanna und der neugeborene Junge. Seine Aufregung wird durch die Ankunft seiner Mutter gelindert. Er heiratet Minna, mit der er einen weiteren Sohn, Eugen, zeugt, aus Vernunft und nimmt erneut eine Stelle als Landvermesser an, »[u]m nicht daheim zu sein.« (193)
Jahre später hilft Eugen ihm bei der Neuvermessung des Königreichs Hannover. Gauß ist aber enttäuscht von den Fähigkeiten seines Sohnes und lässt seine schlechte Laune an ihm aus. Während dieser Arbeit trifft er auch auf Graf Hinrich von der Ohe zur Ohe, der über Gauß‘ Verdienste um die Mathematik, aber auch über dessen Verbindungen zu Napoleon bestens informiert ist. Zu dieser Zeit beginnt er, sich für Sterbestatistiken und -wahrscheinlichkeiten zu interessieren.
Als Alexander von Humboldt ihn im September 1828 zum Deutschen Naturforscherkongress nach Berlin einlädt, sagt er nur äußerst ungern zu und zieht es zunächst vor, sich unter seiner Bettdecke zu verstecken. Einzig seine Mutter kann ihn zur Abreise überreden. Eugen begleitet ihn dabei. Sie haben eine lange, beschwerliche Reise, in deren Verlauf sie sogar von einem Polizisten aufgehalten werden, da Gauß keinen Pass besitzt. Bei seinem Aufenthalt beschwert sich Gauß über das Essen, die Menschen und die Großstadt Berlin.
Als Eugen in Berlin in Polizeihaft genommen wird, muss Humboldt Gauß dazu überreden, seinem Sohn zu Hilfe zu kommen. Ihre Rettungsaktion führt die beiden Wissenschaftler zu einer Geisterbeschwörung: Ganz im Gegensatz zu seinem rationalen Kollegen erfreut Gauß sich sowohl an dem Spiritismus als auch an dem leichtbekleideten Mädchen, das als Medium agiert: »Das sei doch eigentlich ganz lustig, sagte Gauß. Und die Kleine sei nicht übel.« (255) Als er allerdings den anwesenden Polizeikommandanten bestechen soll, weigert er sich und beleidigt ihn auch noch, was mit der Verbannung seines Sohnes endet.
Obwohl Gauß und Humboldt sehr unterschiedliche Lebensläufe und Arbeitsmethoden haben (»Ein Blatt Papier vor sich, allenfalls noch ein Fernrohr, vor dem Fenster der klare Himmel«, 247), können sie doch Gemeinsamkeiten finden und ein letztes gemeinsames Projekt, Messungen des Erdmagnetismus, starten – beide auf ihre ganz eigene Weise: Während Humboldt auf eine erneute Expedition geht und dort die entsprechenden Messungen vornimmt, verschließt sich Gauß in einer abgeriegelten Hütte, um die Messergebnisse nicht durch Einwirkung von außen zu verfälschen.
Unterstützt wird er dabei von Weber, seinem neuen, jungen Mitarbeiter, der für ihn eine Art Ersatzsohn ist. Um aus der Hütte heraus mit Weber, der im physikalischen Kabinett in der Stadtmitte arbeitet, kommunizieren zu können, nutzen sie einen neuentwickelten elektromagnetischen Telegrafen. Noch von der Geisterbeschwörung beeindruckt, hofft Gauß auch auf ein Zeichen der verstorbenen Johanna: »Wenn Johanna dort draußen war, genauso wie Weber, nur weiter entfernt und anderswo, warum nutzte sie dann nicht die Gelegenheit?« (282)
Johann Carl Friedrich Gauß (1777-1855)
Gauß, Eugen
Als Sohn von Minna, der zweiten und ungeliebten Ehefrau von Carl Friedrich Gauß, hat er einen schweren Stand bei seinem Vater. Obwohl er sich mehr für Politik interessiert, beginnt er neben seinem Jurastudium auf Druck seines Vaters ein Studium der Mathematik. Zusätzlich arbeitet er als dessen Assistent bei der Landvermessung im Königreich Hannover. Er teilt die Melancholie seines Vaters, kann sich aber ansonsten nicht mit ihm identifizieren. Der Vater lässt keine Gelegenheit aus, ihn zu kritisieren oder zu demütigen. In ständiger Angst vor dessen Wutausbrüchen und Schlägen wagt Eugen keine Widerworte, nur seine längeren Haare sind ein Zeichen seiner Rebellion.
Eugen schreibt Gedichte und fühlt sich von Schillers Freiheitsgedanken und den nationalistischen Ideen Turnvater Jahns angezogen. Er trägt, zum Unmut seines Vaters, Jahns Buch Deutsche Turnkunst sowie einen Knotenstock, Zeichen für seinen Status als Student, mit sich.
Im September 1828 begleitet er seinen Vater auf dessen Reise von Braunschweig nach Berlin. Am zweiten Abend seines Aufenthalts lernt er in einem Wirtshaus eine Gruppe von Burschenschaftern kennen und besucht mit ihnen eine Kundgebung des (vermeintlichen) Friedrich Ludwig Jahn. Die Geheimversammlung wird durch eine Polizeirazzia gestört, und Eugen wird verhaftet. Er spürt, dass er Teil einer Bewegung ist, die nur einen Anstoß braucht, um zu agieren. »Er konnte es tun. Ein paar Sekunden stellte er es sich vor. Dann wußte er, daß er zu feige war.« (234)
Da sein Vater ihn im Stich lässt, indem er den Polizeikommandanten beleidigt, statt ihn zu bestechen, muss Eugen das Land verlassen und ins amerikanische Exil reisen. Endlich von seinem übermächtigen Vater getrennt, fühlt er sich befreit und wird sich zum ersten Mal seiner eigenen Fähigkeiten bewusst, erfährt auch er zum ersten Mal Überlegenheit: »Eugen wunderte sich, warum die Leute immer so lange brauchten, um zu antworten.« (299)
Eugen Gauß (1811-1896)
Gauß, Johanna
Gauß trifft seine spätere erste Ehefrau, als er nach seinem Studium als Landvermesser arbeitet. Sofort fällt ihm ihre schnelle Auffassungsgabe auf. Sie ist die beste Freundin seiner zweiten Frau, Minna. Obwohl sie sich anscheinend auch zu Gauß hingezogen fühlt, lehnt sie seinen ersten Heiratsantrag ab, da sie bezweifelt, »daß die Existenz an seiner Seite einem zuträglich sein könne.« (93) Erst den zweiten Antrag nimmt sie an, und gemeinsam haben sie zwei Kinder, Joseph und Wilhelmine. Ohne Klagen erträgt sie zunächst die Exzentrik ihres Mannes, doch als er die Geburt des ersten Kindes vergisst, weiß er, »daß sie ihm das nie verzeihen würde.« (154) Sie stirbt bei der Geburt des dritten Kindes.
Johanna Elisabeth Rosina Gauß, geb. Osthoff (1780-1809)
Gauß, Joseph
Er ist der erste Sohn von Johanna und Carl Friedrich Gauß, geboren in Göttingen. Der Vater vergisst seine Geburt, und »noch Wochen nach der Geburt, wenn er das hilflose Wesen, das aus irgendeinem Grund Joseph hieß, in Händen hielt und seine winzige Nase und verwirrenderweise vollzähligen Zehen betrachtete, fühlte er nichts als Mitleid und Scheu.« (155)
Später geht Joseph zum Militär und ist, während sein jüngerer Bruder Eugen dem Vater bei Landvermessungen assistiert, Offiziersanwärter. Gauß ist einigermaßen zufrieden mit ihm, bedauert aber, dass keines seiner Kinder an seine eigene Intelligenz heranreicht.
Joseph Gauß (1806-1873)
Gauß, Minna
Gauß heiratet Minna, die »häßliche« (148) Freundin seiner ersten Frau Johanna, nur aus rationalen Gründen: Er braucht sie für den Haushalt und die Erziehung der Kinder. Sie wird nie von ihm geliebt, doch im Alter bringt »er es sogar fertig, Minna ohne Abneigung anzusehen. Etwas in ihrem dünnen, ältlichen, stets anklagenden Gesicht würde ihm fehlen, wäre sie einmal nicht mehr da.« Die Verhaftung und Verbannung ihres ältesten Sohnes Eugen verkraftet sie nur schwer.
Friederica Wilhelmine (genannt Minna) Gauß, geb. Waldeck (1788-1831)
Gauß' Mutter
Gauß wird von seiner Mutter nicht nur in seiner Jugend, sondern auch noch später als Erwachsener liebevoll umsorgt. »Er liebte sie unsagbar. […] So war es gewesen, als er drei Jahre alt war, und dreißig Jahre später war es nicht anders.« (53) »Seine Mutter war mollig und melancholisch, und außer Kochen, Waschen, Träumen und Weinen sah er sie nie etwas tun. Schreiben oder lesen konnte sie nicht.« (54)
Sie fragt Martin Bartels, Gauß ist bereits ein berühmter Wissenschaftler, »ob das denn etwas werden könne, mit Carl als Forscher.« (85) Daraufhin macht er sich über ihre Unkenntnis lustig, was Gauß ihm niemals verzeihen wird.
Als Johanna stirbt, ist es die Mutter, die Gauß beruhigen kann, und sie ist auch die einzige, die ihn zur Abreise zum Deutschen Naturforscherkongress zu bewegen weiß.
Dorothea Gauß, geb. Benze (gest. 1839)
Gauß' Schwiegereltern
Als Gauß‘ erster Sohn Joseph geboren wird, sind auch Johannas Eltern anwesend. Da er die Geburt verpasst hat, macht ihm seine Schwiegermutter Vorwürfe: »Alles habe er versäumt, sagte die Schwiegermutter. Wohl wieder den Kopf in den Sternen gehabt!« (154)
Gauß' Vater
»Sein Vater war Gärtner, hatte meist dreckige Hände, verdiente wenig, und wann immer er sprach, beklagte er sich oder gab Befehle.« (53) Er ist der Überzeugung, dass ein Deutscher sich dadurch auszeichne, nie krumm zu sitzen. Diese Weisheit, so findet Gauß heraus, hängt nicht mit der »Unmoral der Menschen, sondern de[m] chronischen Rückenschmerz seines Berufsstandes« (60) zusammen.
Im Gegensatz zu seiner Frau ist er kein Analphabet und kann seinem Sohn daher die ersten Schritte beim Lesen vermitteln. Eines Nachmittags korrigiert Gauß noch als kleiner Junge seinen Vater beim Abzählen des Lohns. Der Ausbildung seines Sohnes stimmt er nur zögernd zu.
Gerhard Dietrich Gauß (gest. 1808)
Gauß, [Wilhelm]
Gauß‘ jüngster Sohn, dessen Vorname ungenannt bleibt, stört den Vater, als der in seiner Hütte sitzt und das magnetische Feld misst. Der Junge reißt die Tür auf: »Wind schoß herein, Blätter flogen durch die Luft, die Nadel schlug panisch aus, und Gauß gab dem Kleinen zwei Ohrfeigen, die er nicht so bald vergessen würde.« (273)
Wilhelm Gauß (1813-1879)
Gauß, Wilhelmine
Das zweite Kind von Johanna und Carl Friedrich Gauß ist »nicht eben hübsch« (8) und daher offenbar unverheiratbar. Sie wird geboren, als Gauß, mit Anfang Dreißig, beginnt, sich mit Astronomie zu befassen. Benannt ist sie nach Johannas bester Freundin und ihrer späteren Stiefmutter Minna. Bei dieser Geburt versucht Gauß sich besser anzustellen als bei der seines Erstgeborenen, die er einfach vergessen hatte, aber als »er nur wenige Monate später versuchte, ihr Rechnen beizubringen, sagte Johanna, das sei nun wirklich zu früh.« (156) Wenn Gauß auch später nicht mit ihrer Intelligenz zufrieden ist, lobt er sie doch, denn sie ist »gehorsam und hielt das Haus sauber.« (191)
Wilhelmine Gauß (1808-1840)
Geheimpolizist
Am Morgen nach seiner Verhaftung im September 1828 in Berlin wird Eugen von einem Geheimpolizisten im Gehrock verhört. Zunächst ist er höflich, wendet aber Gewalt an, als Eugen nicht zur Zufriedenheit auf seine Fragen antwortet: »Er beugte sich vor, faßte Eugen vorsichtig an beiden Ohren und schlug seinen Kopf mit aller Kraft auf die Tischplatte.« (295)
Gendarm
Auf ihrer Reise nach Berlin im September 1828 werden Gauß und Eugen in einer Gastwirtschaft an der Grenze von einem Gendarm nach ihren Pässen gefragt: »Sie löffelten schweigend, bis der Gendarm von der Grenzstation hereinkam und ihre Pässe verlangte.« (10) Gauß kann allerdings keinen vorweisen. Daraufhin entwickelt sich ein Streit zwischen den beiden, den Eugen zu schlichten versucht. Erst als der Mann am Nebentisch den Polizisten provoziert und damit ablenkt, können Vater und Sohn weiterreisen.
Glinka
Bei einem Ball in Moskau während Humboldts Russlandreise trägt ein Offizier namens Glinka ein Gedicht vor, »das mit dem Brand Moskaus begann und mit einer Strophe über Baron Humboldt, den Prometheus der neuen Zeit, endete. Der Applaus dauerte über eine Viertelstunde.« (290)
Die Figur ist vermutlich eine Anspielung auf den russischen Offizier und Schriftsteller Sergei Nikolajewitsch Glinka (1774-1847), vielleicht auch auf dessen jüngeren Bruder Fjodor Nikolajewitsch Glinka (1786-1880).
Godin
Der Leiter der Jesuitenmission, Pater Zea, erzählt Humboldt und Bonpland die Geschichte von Godin, Bouguer und La Condamine, die vor Jahrzehnten von der Akademie der Wissenschaften in Paris nach Südamerika ausgesandt worden waren, »um die Meridianlänge des Äquators festzustellen.« (115) Obwohl die Expedition sich alle Mühe gegeben hatte, genau und korrekt zu arbeiten, stimmten die Messergebnisse nie überein, was zu Streitigkeiten unter den drei Forschern führte: »Täglich habe es Streit gegeben, bis Godin den Degen gezückt habe und davongestolpert sei in den Urwald.« (116)
Louis Godin (1704-1760)
Goethe
Die Mutter des Brüderpaars Alexander und Wilhelm von Humboldt befragt nach dem Tod ihres Mannes Goethe, einen Freund der Familie, nach der besten Erziehungsmethode für ihre Söhne. Dieser antwortet darauf: »Ein Brüderpaar […], in welchem sich so recht die Vielfalt menschlicher Bestrebungen ausdrücke, wo also die reichen Möglichkeiten zu Tat und Genuß auf das vorbildlichste Wirklichkeit geworden, das sei in der Tat ein Schauspiel, angetan, den Sinn mit Hoffnung und den Geist mit mancherlei Überlegungen zu erfüllen.« (19) Da diese kryptische Aussage von niemandem verstanden wird, interpretiert Majordomus Kunth sie als Experiment: »Der eine solle zum Mann der Kultur ausgebildet werden, der andere zum Mann der Wissenschaft.« (20)
Bevor Alexander von Humboldt zu seiner Südamerika-Reise aufbricht, fährt er nach Weimar, wo sein Bruder ihn mit Wieland, Herder und Goethe bekannt macht. Goethe bittet ihn, »die Vulkane zu erforschen, um die neptunische Theorie zu stützen.« Nur »verdorbene Geister« könnten auf den Gedanken verfallen, dass das »Innerste der Natur […] kochende Lava« sei. Außerdem ermahnt er ihn, nie zu vergessen, »von wem er komme«, womit er wohl die Bildungswelt der Weimarer Klassik meint: »Von uns kommen Sie, sagte Goethe. Unser Botschafter bleiben Sie auch überm Meer.« (36 f.).
Gauß hingegen zeigt wenig Hochachtung vor Goethe. Bei seinem unfreiwilligen Besuch des Weimarer Hoftheaters fragt er Bessel, »ob das der Esel sei, der sich anmaße, Newtons Theorie des Lichts zu korrigieren.« (158)
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832). – Gauß’ Bemerkung bezieht sich auf Goethes Farbenlehre (1810), mit der Goethe Newtons Lichttheorie widerlegen zu können glaubte.
Gomez
Gomez, der »für mehrere Journale sowohl Neuspaniens als auch des Mutterlands« (196) schreibt, begleitet Humboldt und Bonpland von Acapulco an. Obwohl er verspricht, sich unauffällig zu benehmen, bleibt er nicht nur ein stiller Beobachter, sondern befragt Bonpland nach dessen Erfahrungen mit Humboldt. Später veröffentlicht er das Buch El Barón Humboldt, in dem er Humboldt zum »wahren Entdecker Südamerikas« (219) erklärt.
Herder
Humboldt trifft Herder zusammen mit Wieland, Goethe und Schiller, als er vor seiner Abreise nach Südamerika seinen Bruder in Weimar besucht. (36)
Johann Gottfried Herder (1744-1803)
Herz, Henriette
Während ihr Mann Marcus Herz als Lieblingsschüler Kants gilt, ist Henriette vor allem für ihre Schönheit berühmt. In ihrem Salon treffen sich regelmäßig »gebildete Leute«. Sie »sprachen über Gott und ihre Gefühle, weinten ein wenig, schrieben einander Briefe und nannten sich selbst die Tugendbündler.« (22 f.) Auch die beiden Brüder Alexander und Wilhelm von Humboldt, beide Schüler von Marcus Herz, nehmen an diesen Treffen teil und werden von Kunth dazu ermutigt, Briefe an Henriette zu schreiben, die zu diesem Zeitpunkt neunzehn Jahre alt ist. »Henriette antwortete ihnen höflich, in einer unsicheren Kinderschrift.« Als Alexander von Humboldt ihr L’homme machine von La Mettrie zusendet, schickt sie es ungelesen zurück: »Dieses Werk sei verboten, ein verabscheuungswürdiges Pamphlet.« (23)
Henriette Herz, geb. de Lemos (1764-1847)
Herz, Marcus
Marcus Herz unterrichtet die beiden Brüder Alexander und Wilhelm von Humboldt in ihrer Kindheit in Physik und Philosophie. Der »Lieblingsschüler von Immanuel Kant und Ehemann der für ihre Schönheit berühmten Henriette« gibt den beiden auch den Ratschlag, alles, was ihnen Angst bereitet, zu messen. (22)
Marcus Herz (1747-1803)
Humboldt, Alexander von
»Alexander von Humboldt war in ganz Europa berühmt wegen einer Expedition in die Tropen«. (19) Diesem Forscherdrang geht Humboldt schon als kleines Kind in den heimischen Wäldern nach und vernachlässigt dabei die für ihn von seiner Mutter, dem Majordomus Kunth und Goethe sorgfältig geplante naturwissenschaftliche Ausbildung. Daher steht er schon früh im Schatten seines geisteswissenschaftlich geprägten älteren Bruders Wilhelm. Das Verhältnis der beiden geht über die gewöhnlichen Geschwisterrivalitäten hinaus: Wilhelm sperrt seinen kleinen Bruder über Nacht in einen Schrank ein, mischt ihm Rattengift in sein Essen, lockt ihn auf brüchiges Eis und sieht dabei zu, wie er einbricht und beinahe ertrinkt.
Nach seiner Ausbildung bekommt Alexander zunächst eine Stelle als Bergwerksassesor in Freiberg, wo er eine gasbetriebene Grubenlampe entwickelt und im blutigen Selbstversuch entdeckt, dass Muskelfasern Elektrizität leiten. Eine Woche nach dem Tod seiner Mutter, sein Vater war schon früh verstorben, gibt er seine Anstellung auf, um eine Expedition nach Amerika vorzubereiten: Zuerst reist er nach Weimar, wo sein Bruder ihm Wieland, Herder, Schiller und Goethe vorstellt und letzterer ihm seine Herkunft in Erinnerung ruft: »Unser Botschafter bleiben Sie auch überm Meer.« (37) Danach verbringt er ein Jahr in Salzburg, wo er sich eine umfassende Ausrüstung zulegt und Messungen übt. Einen weiteren Zwischenstopp vor dem Aufbruch nach Übersee legt er in Paris ein, wo er zum einen Vorlesungen an der Akademie hält, aber auch Aimé Bonpland kennenlernt, der ihn auf seiner Reise begleiten und mit ihm freundschaftlicher verbunden sein wird als jeder andere Mensch. Schon ihr erstes gemeinsames Teilstück nach Madrid, wo sie Papiere für die spanischen Kolonien in Amerika organisieren, nutzt Humboldt für Messungen.
In Spanien angekommen, benötigt er einen Monat, um eine Audienz bei Minister Manuel de Urquijo zu bekommen, der ihm, nachdem Humboldt ihm ein Rezept für ein vermeintliches Potenzmittel verrät, die Papiere sowie weitere Unterstützung auf der Reise genehmigt.
In La Coruña gehen Humboldt und Bonpland an Bord einer Fregatte, die sie zunächst nach Teneriffa bringt, wo sie einen Vulkan besteigen und die Gärten von Orotava erkunden. Dort kommt es auch zu einem ersten Konflikt zwischen den beiden ungleichen Reisepartnern: Humboldt kann nicht akzeptieren, dass Bonpland seiner Leidenschaft für Frauen nachgibt und sich mit einer unbekannten Frau einlässt: »Der Mensch sei kein Tier, sagte Humboldt. Manchmal doch, sagte Bonpland.« (48)
Früher als geplant, in der Nähe von Trinidad statt in Veracruz, gehen Humboldt und Bonpland von Bord, da ein auf dem Schiff grassierendes Fieber die Expedition gefährden könnte. Gemeinsam erforschen sie ein halbes Jahr Neuandalusien, wobei Humboldt unter anderem in der Tiefe einer Höhle seine verstorbene Mutter neben sich sieht. Als er in seine Hütte zurückkehrt, erwartet ihn eine vom Gouverneur gesandte nackte Frau. Sie versucht ihn zu verführen, aber er sträubt sich.
Humboldt beschließt, den Verbindungskanal zwischen dem Orinoko und dem Amazonas zu entdecken. Eine Sonnenfinsternis betrachtet er nur über eine Projektion, da er zu sehr mit deren Messung beschäftigt ist und keine Zeit hat, den Blick zu heben: »Manche nähmen ihre Arbeit eben ernster als andere!« (80)
Über Caracas und Calbazo, wo sie einen alten Wissenschaftler treffen, der noch nie sein Dorf verlassen hat, reisen sie nach San Fernando. Dort kaufen sie »ein breites Segelboot mit einem Holzverschlag, Lebensmittel für einen Monat und zuverlässige Gewehre.« (105) Zusätzlich heuern sie vier Einheimische an, die ihnen auf der geplanten Flussfahrt helfen sollen: Carlos, Gabriel, Mario und Julio. (106) Gegen Bonplands Willen besteht Humboldt darauf, einen alten, streunenden Hund mitzunehmen. Während des ersten Stopps entdeckt Humboldt bei einem Streifzug durch den Urwald einen Jaguar und flüchtet vor ihm, verbietet allerdings seinen Mitreisenden, das Tier zu jagen und zu erschießen: »Das Tier habe ihn gehen lassen.« Kaum ist er in Sicherheit, beschließt er, den Vorfall in seinem Tagebuch anders darzustellen: »Er würde behaupten, sie wären zurück ins Unterholz gegangen, die Gewehre im Anschlag, doch ohne das Tier zu finden.« (108)
Um sich vor einem starken Regenschauer zu retten, übernachten sie bei Don Ignacio und seiner Familie, die verdreckt, aber mit adligem Gebaren, einsam als Nudisten am Flussufer leben. Am nächsten Tag fahren sie in den Orinoko ein. Um gefährliche Katarakte zu umschiffen, nutzen sie die Hilfe einer nahe gelegenen Jesuiten-Mission. Zwei Eingeborene werden gezwungen, ein kleineres Boot durch die felsigen Stromschnellen zu schiffen, sodass die Expedition weiter flussabwärts wieder an Bord gehen kann. »Er sei sehr dankbar, sagte Humboldt vorsichtig. Aber billigen könne er das nicht.« (113) Auch als er am nächsten Morgen miterlebt, wie ein Eingeborener ausgepeitscht wird, versucht er zunächst zu intervenieren, entscheidet sich aber im Hinblick auf seine Expedition dagegen. Nach drei Tagen, in denen Humboldt unter anderem menschliche Skelette aus einer Grabhöhle gestohlen hat, können sie ihre Reise in ihrem neuen Boot fortführen.
Als die Gruppe erneut in einer Mission Halt macht, kriecht ein nackter Junge in Humboldts Nachtlager. Panisch tritt Humboldt den wehrlosen Jungen und wirft ihn aus seiner Hütte.
»Am nächsten Tag fuhren sie in den Rio Negro ein […]. Bei San Carlos überquerten sie den magischen Äquator.« (127 f.) Am Abend desselben Tages erreichen sie den Verbindungskanal zwischen Orinoko und Amazonas. Bei ihrer ersten Übernachtung dort verschwindet der Hund und wird, nachdem Humboldt am nächsten Tag neun Stunden nach ihm gesucht hat, aufgegeben. »Erst Tage darauf kam wieder eine Siedlung in Sicht.« (131) Dort erforschen Humboldt und Bonpland einen Tag lang, teilweise im Selbstversuch, das Gift Curare und lernen den deutschen Reisenden Brombacher kennen. Abends kostet Humboldt Fleisch, das angeblich von einem gegrillten Affen stammt. Bonpland geht allerdings davon aus, dass es sich um Menschenfleisch gehandelt hat. Humboldt bestreitet dies: »Er bitte um Verzeihung. […] Aber wenn noch einmal jemand die Unterstellung äußere, daß der Patensohn des Herzogs von Braunschweig Menschenfleisch gegessen habe, werde er zur Waffe greifen.« (134)
Schließlich erreichen sie das Ende des Kanals und nach einigem Zögern, ob sie nicht noch weiter zur Quelle des Amazonas fahren sollten, entschließt Humboldt sich in der Mission Esmeralda, der »letzte[n] christliche[n] Siedlung vor der Wildnis« (136), für die Rückfahrt.
Diese verläuft, da stromabwärts, viel schneller, und schon bald können sie in der Jesuiten-Mission wieder auf ihr altes Boot wechseln. Am nächsten Tag geraten sie in ein Unwetter, und Humboldt lässt das Gepäck, die während der Reise angelegten Sammlungen und die Instrumente auf eine kleine Felseninsel verladen. Als Julio, Carlos, Mario und Gabriel versuchen, das Boot am anderen Ufer festzumachen, werden sie mit dem Boot von einer Welle weggetragen und verschwinden. Humboldt und Bonpland bleiben allein auf der Insel zurück. Dort, auf Rettung wartend, beschließt Humboldt, die Kordilleren zu erforschen. Wie sie sich schließlich retten können, ist unklar.
Nach einem längeren Aufenthalt in Havanna, von wo aus sie ihre Fundstücke nach Frankreich schicken, reisen Humboldt und Bonpland über Cartagena und Santa Fé de Bogotá zunächst zum Pichincha, einem Vulkan. Humboldt schafft es bei seinem dritten Versuch, ihn zu besteigen. Die anschließende Besteigung des Chimborazo in den Kordilleren müssen sie abbrechen, da sie eine Schlucht nicht überwinden können und unter Halluzinationen leiden. Dennoch haben sie mit 18.690 Fuß den bisher höchsten Punkt über dem Meeresspiegel erreicht, den je ein Mensch betreten hat.
Während einer Seereise nach Acapulco in Neuspanien lässt sich Humboldt einen Tag lang an den Bug binden, um die Höhe der Wellen zu messen. In Taxco, inzwischen begleitet sie der Journalist Gomez, gibt Humboldt einer örtlichen Silbermine hilfreiche Ratschläge. Bevor sie Mexiko Stadt erreichen, schließt sich ihnen in Cuernavaca noch ein weiterer Journalist, Wilson, an. »Vor der Hauptstadt legte Humboldt Galauniform an.« (200) Abends ist er beim Vizekönig zu Gast. Anwesend sind auch Andres del Rio, ein ehemaliger Mitschüler Humboldts in Freiberg, und der Conde de Moctezuma, »Ururenkel des letzten Gottkönigs und Grande des spanischen Reichs.« (202)
Zwei Tage später besteigen Humboldt und Bonpland den Popocatepetl, wo sich noch ein dritter Journalist namens Duprès anschließt, und besuchen die Ruinen von Teotihuacan, jeweils von einer neugierigen Menschenmasse begleitet. Bonpland kann ihn an diesem Tag zur Heimreise bewegen. Zunächst erkundet Humboldt allerdings noch einen letzten Vulkan, den Jorullo, und kann dort schließlich den Neptunismus widerlegen.
Von Veracruz reisen sie mit dem Schiff erneut nach Havanna, wo sie ein weiteres Schiff nehmen, das sie über den Delaware-Fluss nach Philadelphia bringt. Dort warten eine Kutsche und eine Einladung des Präsidenten nach Washington auf die beiden. »Das Galadiner war miserabel, doch die Würdenträger der Republik hatten sich versammelt.« (212) Humboldt erzählt von ihrer Reise, wobei er sich zunächst in Fakten verliert, dann Präsident Jefferson indirekt angreift, indem er die Sklaverei missbilligt, und schließlich von Fabelwesen, die er gesehen habe, spricht. Ausnahmsweise trinkt er zu viel. Am nächsten Morgen lässt Jefferson sich von ihm die Garnisonsstützpunkte von Neuspanien auf einer Karte einzeichnen. Humboldt merkt an, dass er nie wieder nach Berlin möchte, sondern in Paris leben wird.
Er verbringt auch tatsächlich viele Jahre in Frankreich, muss dann aber auf Anordnung des preußischen Königs doch nach Berlin zurückkehren: »Der König habe nicht mehr dulden wollen, daß sein berühmtester Untertan im Ausland lebe.« (239) Humboldt fehlen die finanziellen Mittel, um ohne die Zuwendungen des Königs auszukommen.
Im September 1828 veranstaltet er den Deutschen Naturforscherkongress in Berlin, zu dem er auch Gauß einlädt. Obwohl es zwischen den beiden Wissenschaftlern große Differenzen gibt, versucht Humboldt, bei der Befreiung von Eugen aus dem Polizeigewahrsam zu helfen.
Im Frühjahr 1829 beginnt er eine neue Expedition nach Russland, die ihn aber nicht zufrieden stellt. Sein Alter und seine Popularität erlauben ihm nicht die Freiheiten, die er aus der Vergangenheit kannte. Die meisten Messungen werden von seinen Assistenten übernommen, die effektivere Methoden kennen. Er übernimmt nur noch repräsentative Aufgaben. Auf der Rückfahrt gerät das Dampfschiff, auf dem sie reisen, in eine Nebelfront, und der Kapitän verirrt sich. Humboldt wird gebeten, die Richtung des Ufers anzugeben, doch er schickt sie offenbar absichtlich in die falsche Richtung: »Einfach verschwinden, sagte Humboldt, am Höhepunkt des Lebens aufs Kaspische Meer fahren und nie zurückkommen?« (289)
Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander von Humboldt (1769-1859)
Humboldt, [Caroline von]
Ehefrau Wilhelm von Humboldts, die Alexander von Humboldt kurz vor seiner Expedition durch Südamerika in Paris kennenlernt. Das Paar hat mehrere Kinder, die streng und nach einem von Wilhelm entwickelten Plan erzogen werden. Ihren Schwager mag sie nicht: »Er sei ihr unheimlich, sagte sie, seine Geschäftigkeit scheine ihr eine Form des Wahnsinns, überhaupt komme er ihr vor wie ein zur Karikatur verzerrtes Abbild ihres Gatten.« (38)
Sie stirbt kurz vor Humboldts Abreise nach Russland. Ihr Gatte und ihr Schwager sind beide an ihrem Sterbebett: »Sie ließ leise und ohne Schmerzen nach, halb im Schlaf und halb dämmernd, öffnete nur noch einmal die Augen, sah zunächst Humboldt an und dann, leicht erschrocken, ihren Ehemann, als fiele es ihr schwer, die beiden zu unterscheiden.« (263) Kurz darauf stirbt sie.
Caroline von Humboldt, geb. von Dacheröden (1766-1829)
Humboldt, Wilhelm von
Als Kind »sah [er] aus wie ein Engel« (20) und »konnte reden wie ein Dichter«. (21) Er durchläuft eine von seiner Mutter und dem Majordomus Kunth durchgeplante Erziehung mit einem Schwerpunkt in der Geisteswissenschaft. Seinem jüngeren Bruder Alexander macht er in der Kindheit das Leben schwer, indem er ihn mutwillig auf zu dünnes Eis schickt oder ihm Gift ins Essen mischt. Er braucht sich aber keine Sorgen um Bestrafung zu machen: Als Liebling der Familie, er spricht mit fünfzehn Jahren bereits sieben Sprachen, würde niemand Alexanders Anschuldigungen Glauben schenken. Bei dem Tod seiner Mutter ist er, anders als sein Bruder, nicht anwesend und entschuldigt sich in einem Brief damit, dass er wegen »dringender Geschäfte in Weimar« (35) nicht kommen könne.
Durch seine eigene Kindheit geprägt, erzieht er auch seine Kinder nach einem strengen pädagogischen Plan. Später wird die von ihm gegründete Universität in Berlin zu einem Ausgangspunkt der studentischen Bewegung, die Eugen Gauß ins Exil bringt. Trotz seines Erfolgs leidet er darunter, nie Kanzler geworden zu sein.
Nach dem Tod seiner Frau stellt er fest, dass ihm, ganz in Gegensatz zu seinem jüngeren Bruder, »Langeweile nie etwas ausgemacht« habe. »Nur alleine habe er nicht sein wollen.« (264) Er schreibt seinem Bruder nun häufiger, die Einsamkeit macht den Witwer »geschwätzig«, wie Alexander meint (271).
So unterschiedlich das Bruderpaar ist, in ihrer rastlosen Geschäftigkeit sind sie sich gleich: Wilhelm diktiert seinem Sekretär auch im Alter, als er ein »dünner, alter Herr mit wächsernem Gesicht und unnatürlich aufrechter Haltung« (241) ist, noch jeden Abend ein Sonett.
Friedrich Wilhelm Christian Carl Ferdinand von Humboldt (1767-1835)
Humboldts Diener
In seiner Zeit als Bergwerksassessor in Freiberg unterhält Humboldt einen Diener, der ihm auch bei seinen galvanischen Selbstversuchen helfen muss. Er muss ihm Aderlasspflaster auf den Rücken kleben, die dadurch entstandenen Blasen aufschneiden und Metallstücke auf die Wunden legen, wozu er sich erst nach lautstarken Beschimpfungen und Kündigungsdrohungen entschließen kann. Als Humboldt aus seiner Ohnmacht »wieder zu sich kam, saß der Diener auf dem Boden, das Gesicht bleich, die Hände blutig.« (32) Danach muss er ihm tote Frösche und Silberstücke auf die Wunden legen und verfällt beim Anblick der springenden Froschleiber in hysterisches Kichern. Als Humboldt ihn auffordert, die aus den Wunden laufende ätzende Flüssigkeit aufzufangen, weigert er sich und darf endlich den Arzt holen. »Der Diener kündigte in der Woche darauf«. (33)
Humboldts Mutter
Mutter von Alexander und Wilhelm von Humboldt. Da ihr Mann schon früh verstarb, hat sie sich »bei niemand anderem als Goethe erkundigt, wie sie ihre Söhne ausbilden solle.« (19) Doch Goethes nebulöse Antwort versteht sie genau so wenig zu deuten wie alle anderen auch.
Während Alexander von Humboldts Zeit in Freiberg, kurz nachdem er die Respirationsmaschine entwickelt hat, wird er an das Sterbebett seiner Mutter gerufen: »Wie es sich gehörte, ritt er auf dem schnellsten Pferde, das zu bekommen war.« (34) Bei seiner Ankunft, sein Bruder kommt nicht, ist ihr Zustand sehr schlecht: »Die Auszehrung hatte sie innerlich verbrannt, ihre Wangen waren eingefallen, ihr Kinn war lang und ihre Nase plötzlich krumm, an den Aderlässen war sie beinahe verblutet.« (35) In der Nacht schreit sie zwei Stunden lang. Am nächsten Vormittag sagt sie ihrem Sohn, »er solle sich gerade halten, so zu lümmeln sei doch keine Art«, und stirbt. (35)
Jahre später, während seiner Südamerikaexpedition, bei der Erkundung einer Höhle der Nachtvögel, in der die Toten leben sollen, sieht Alexander plötzlich die Gestalt seiner Mutter neben sich: »Er blinzelte, doch sie blieb länger sichtbar, als es sich für eine Sinnestäuschung gehörte. Den Umhang unter dem Hals festgeknotet, den Kopf schief gelegt, geistesabwesend lächelnd, Kinn und Nase so dünn wie an ihrem letzten Tag, in den Händen einen verbogenen Regenschirm.« (74) Erst nachdem er die Augen schließt und bis zehn zählt, verschwindet sie.
Im September 1828, bei der Séance, die Gauß und Humboldt besuchen, erscheint sie ihrem jüngsten Sohn erneut: »Sie sei sehr enttäuscht. Sein Werk werde ohne Bedeutung sein, sie wisse jetzt, daß er nur auf ihren Tod gewartet habe, um sich davonzumachen wie ein Herumtreiber, und in der Höhle damals habe er getan, als sehe er sie nicht.« (255)
Marie-Elisabeth von Humboldt, geb. Colomb, verw. von Hollwede (1741-1796)
Humboldts Sekretär
Nach seiner Rückkehr nach Berlin beschäftigt Humboldt einen Sekretär, der unentwegt an seiner Seite ist und mit »aufgeschlagenem Notizblock« (14) darauf wartet, Äußerungen seines Herrn nach dessen Anweisung zu notieren. Dabei genügen eine Handbewegung oder ein Blick Humboldts, um ihn in Aktion zu setzen (vgl. z.B. 217).
Ignacio, Don
Don Ignacio, »ein kastilischer Adeliger« (109), lebt zusammen mit Frau und Tochter im Urwald am Ufer eines Nebenflusses des Orinoko. »[N]ackt, bärtig und vor Schmutz kaum erkennbar«, (109) bietet er Humboldt und Bonpland, sowie den vier Ruderern, gegen Bezahlung einen Platz zum Schlafen an. Allerdings besitzt er kein Haus, und so müssen die Reisenden unter Stoffplanen nächtigen. Einen Teil der Nacht verbringt Bonpland bei der Tochter des Wirts. Am nächsten Morgen »verabschiedete Don Ignacio sie mit der Geste eines Schloßbesitzers.« (110)
Inés
Als Humboldt nach der Erforschung der Höhle der Nachtvögel in die Chaymas-Mission zurückkehrt, wartet in seinem Zimmer eine nackte Frau mit Namen Inés auf ihn. »Offenbar hatte sie der Gouverneur geschickt, es entsprach wohl seiner Vorstellung von einem derben Scherz unter Männern.« In der langen Wartezeit hat sie aus Langeweile sein Gepäck durcheinander gebracht, seinen Sextanten auseinandergenommen und »das Porträt eines lustigen Zwerges mit gespitztem Mund, in dem sie natürlich nicht Friedrich den Großen erkannte, auf nicht unbegabte Weise bunt angemalt.« (75) Sie versucht ihn zu verführen, hat aber nicht den geringsten Erfolg. Daraufhin verschwindet sie wieder.
Ire
Auf seiner Schifffahrt ins amerikanische Exil hat Eugen einen irischen Kabinengenossen. In der ersten Nacht schnarcht er so laut, dass Eugen nicht schlafen kann. Als eine heftiger Sturm aufzieht, betet der Ire und klagt Eugen sein Leid: »Er habe eine große Familie, sagte er in dürftigem Französisch, er sei für sie verantwortlich, er dürfe nicht sterben. Sein Vater sei hartherzig gewesen und habe nicht lieben können, seine Mutter sei früh gestorben, nun hole Gott auch ihn.« (299) Kurz bevor sie Amerika erreichen, fragt er Eugen, ob sie zusammen eine Firma gründen wollen, und bietet ihm seine Schwester zur Heirat an. Eugen scheint geneigt, beide Angebote anzunehmen.
Jahn, Friedrich
Turnvater Jahn ist der Autor von Eugens Lieblingsbuch Deutsche Turnkunst: »Ausführlich beschrieb der Autor Vorrichtungen, damit man auf ihnen herumklimmen könne. Eine nannte er Pferd, eine andere den Balken, wieder eine anderen den Bock. Der Kerl sei von Sinnen, sagte Gauß, öffnete das Fenster und warf das Buch hinaus.« (9)
Während des Deutschen Naturforscherkongresses im September 1828 in Berlin findet eine geheime Versammlung der örtlichen Studenten statt, bei der auch Eugen anwesend ist und infolgedessen verhaftet wird. Auch Friedrich Jahn soll anwesend sein. Es stellt sich heraus, dass der Mann »bloß einer der vielen Nachahmer« (257) ist und eigentlich Kösselrieder heißt.
Friedrich Ludwig Jahn (1778-1852)
Jefferson, Thomas
Thomas Jefferson, der Präsident der Vereinigten Staaten, lädt Humboldt und Bonpland nach ihrer Südamerikareise in seinen neugebauten Regierungssitz ein. Das abendliche »Galadiner war miserabel« (212). Indirekt kritisiert Humboldt während des Essens Jefferson, der auf seinen Ländereien Sklaven beschäftigt. Am nächsten Morgen hat Humboldt »eine lange Unterredung im elliptisch geformten Arbeitszimmer des Präsidenten.« (213) Humboldt interessiert sich zunächst nur für Jeffersons, von dessen Freund Benjamin Franklin entwickelte Brille mit Bifokalgläsern. Während des Gesprächs lässt er sich von Jefferson überreden, wichtige strategische Punkte Neuspaniens auf einer Karte einzuzeichnen.
Thomas Jefferson (1743-1826, reg. 1801-1809)
Julian, Priester
Eugen lernt einen Priester namens Julian kennen, während er im September 1828 durch Berlin streift: »An einer Ecke kam er mit einem jungen Priester ins Gespräch, aus der Provinz wie er, ebenfalls sehr eingeschüchtert.« Julian findet es interessant, dass Eugen Mathematik studiert. »Sie wünschten einander Glück und nahmen Abschied.« (227)
Junge, kleiner
In einer Mission hinter den Katarakten des Orinoko wird Humboldt nachts im Schlaf von einem kleinen, nackten Jungen geweckt, der sich neben ihn gelegt hat: »Das Kind musterte ihn mit schmalen Tieraugen. […] Trotz der Flamme vor seinem Gesicht zwinkerte er nicht.« (125 f.) Humboldt ist von der stummen Anwesenheit des Jungen vollkommen überfordert, bittet ihn mehrfach zu gehen und wirft ihn dann mit Stiefeltritten aus der Lehmhütte.
Später, in der neuspanischen Hauptstadt glaubt Humboldt das Gesicht des Jungen auf einem aztekischen Kalenderstein zu erkennen: »Er fragte sich, wo er diesem Blick schon begegnet war. Der Jaguar fiel ihm ein, dann der Junge in der Lehmhütte.« (201)
Kant
In Gauß' und Humboldts Jugendzeit stellt Kant den wissenschaftlichen Mittelpunkt Europas dar. Sowohl der Abenteurer als auch der Mathematiker sind um den Respekt des Philosophen bemüht. Während Humboldt nur einen Brief während seiner ersten Reise schickt, besucht Gauß ihn nach der Fertigstellung seiner Disquisitiones Arithmeticae. Trotz seiner Enttäuschung beim Anblick des »Männchen[s]«, das »wulstige Lippen«, eine »vorspringende Stirn« und eine »scharfe, dünne Nase« hat (95), erklärt er ihm seine Erkenntnisse. Kant hat aber bei weitem nicht mehr das Geistesvermögen, um den Ausführungen zu folgen, und bittet schließlich nur noch um Wurst: »Der Lampe soll Wurst kaufen, sagte Kant. Wurst und Sterne. Soll er auch kaufen.« (97)
Immanuel Kant (1724-1804)
Kapitän
In La Coruña besteigen Humboldt und Bonpland, zu Beginn ihrer gemeinsamen Expedition, die Fregatte eines erfahrenen Kapitäns, mit dem Humboldt im Verlauf der Seereise immer wieder aneinandergerät: »Nachmittags um vier legte er sein Gerät beiseite und fragte den Kapitän, wieso er so unexakt arbeite. Er mache das seit dreißig Jahren, sagte der Kapitän. Bei allem Respekt, sagte Humboldt, das erstaune ihn.« (45) So widerspricht der Kapitän auch Humboldts Berechnungen, wann sie Südamerika erreichen: »So genau sei das Auftauchen von Land einfach nicht vorherzusehen.« (50) Dennoch hat Humboldt recht.
Unerwartet treffen sie in Havanna wieder aufeinander, als Humboldt und Bonpland kurz vor Ende ihrer Reise nach Nordamerika wollen und ein Schiff benötigen: »Herrgott, sagt der Kapitän. Sie!« (209) Obwohl beide nicht erneut zusammenarbeiten möchten, muss Humboldt darauf bestehen: »Er müsse aber nun einmal dort hinauf, sagte Humboldt und versprach, unterwegs keine Positionsbestimmungen durchzuführen.« (210) Zum Abschied salutieren sie voreinander.
Kästner
Während eines Besuchs bei seinem in Göttingen studierenden Bruder Wilhelm lernt Humboldt den »Mathematiker Kästner« (27) bei einem Empfang des französischen Konsuls kennen.
Hofrat Zimmermann beruhigt Gauß nach einem verlustreichen Zahnarztbesuch: »Er selbst habe ja Glück gehabt, ihm fehlten bloß fünf, Professor Lichtenberg habe überhaupt nur mehr zwei, und Kästner sei schon lange zahnlos.« (83)
Abraham Gotthelf Kästner (1719-1800)
Kaufmann, russischer
Der russische Kaufman, bei dem Humboldt in Jekaterinenburg wohnt, »trug wie alle Männer hier einen Bart, einen langen Überrock und einen Leibgurt.« (277) Als Humboldt spätabends von einem Essen beim Bürgermeister wieder nach Hause kommt, nötigt der Kaufmann ihn, Wodka zu trinken. Auf Humboldts anfängliche Ablehnung beginnt er »zu schluchzen wie ein Kind« und in schlechtem Französisch zu lamentieren. Humboldt willigt ein und muss daraufhin zwei Tage das Bett hüten, weil ihm vom Wodka so schlecht geworden ist.
Kösselrieder
Ein Mann, der sich auf der geheimen Studentenversammlung in Berlin, an der Eugen Gauß teilnimmt, als Turnvater Jahn ausgibt und eine Rede hält: »Er war schlank und sehr groß, hatte eine Glatze und einen langen grauen Bart.« (230) Am Tag zuvor hatte er Gauß und Eugen bei einer Passkontrolle geholfen: »Da mischte sich der Mann am Nebentisch ein. Das alles werde enden! Deutschland werde frei sein, und gute Bürger würden unbehelligt leben und reisen, gesund an Körper und Geist, und kein Papierzeug mehr brauchen.« (12) Eine ähnlich nationalistische Rede hält er auch bei der Versammlung, wird aber durch eine Razzia unterbrochen und festgenommen: »Der Bärtige sah plötzlich viel schmaler und auch nicht mehr groß aus. […] Es sei alles ein Mißverständnis, er könne es erklären.« (233) Er »heiße Kösselrieder und komme aus Schlesien«. (234)
Kunth
Der Erzieher der beiden Humboldt-Brüder ist »ein magerer Herr mit großen Ohren.« (20) Mit einem Münzwurf entscheidet er über die Bildungswege der Jungen: Er macht Wilhelm zu einem »Mann der Kultur« (20) und Alexander zu einem »Mann der Wissenschaft« (20). Diese Ausbildung setzt er streng und ausgiebig durch. Neben den üblichen Fächern unterrichtet er sie auch in Okkultismus: »Das sei nötig, erklärte Kunth, die Begegnung mit dem Dunkel sei Teil des Heranwachsens, wer metaphysische Angst nicht kenne, werde nie ein deutscher Mann.« (21) Nach dem Tod der Mutter verspricht Alexander von Humboldt ihm, dass er weiterhin bei der Familie angestellt bleiben wird.
Gottlob Johann Christian Kunth (1757-1829)
La Condamine
Der Leiter der Jesuitenmission, Pater Zea, erzählt Humboldt und Bonpland die Geschichte von La Condamine, Bouguer und Godin, die vor Jahrzehnten von der Akademie der Wissenschaften in Paris nach Südamerika ausgesandt worden waren, »um die Meridianlänge des Äquators festzustellen.« (115) Obwohl die Expedition sich alle Mühe gegeben hatte, genau und korrekt zu arbeiten, stimmten die Messergebnisse nie überein, was zu Streitigkeiten unter den drei Forschern führte. Bouguer und Godin verschwanden daraufhin im Urwald. »La Condamine habe es am längsten ausgehalten. Acht Jahre im Wald, beschützt von nur einer Handvoll fieberkranker Soldaten.« Auf dem Rückweg − er wurde von der Akademie zurückbeordert − fertigte er Karten an und kategorisierte Menschen und Tiere, außerdem benannte er den Amazonas, auf dem er vier Monate gereist war. Er fand auch die Verbindung zwischen Amazonas und Orinoko, die vor ihm bereits Aguirre entdeckt hatte und deren Existenz schließlich von Humboldt bewiesen wird. Zurück in Paris, habe er nie wieder von den Seltsamkeiten gesprochen, die er im Urwald erlebt habe.
Charles-Marie de La Condamine (1701-1774)
La Mettrie
Henriette Herz bezeichnet La Mettries L’homme machine als »verabscheuungswürdiges Pamphlet« (23) und schickt es ungelesen an den jungen Alexander von Humboldt zurück, der es ihr empfohlen hatte. Dieser ist von der Aussage des Buches beeindruckt: »Der Autor behaupte ernstlich, der Mensch sei eine Maschine, ein automatisch agierendes Gestell von höchster Kunstfertigkeit.« (23) Darüber gerät er auch mit seinem älteren Bruder Wilhelm in einen Streit, der dieses Verständnis von Menschlichkeit ablehnt.
Julien Offray de La Mettrie (1709-1751). Seine Schrift L’homme machine erschien zuerst 1748.
Lama
Auf seiner Russlandreise kommt Humboldt bis an die Grenze zu China. Dort trifft er in einem kalmückischen Tempel auf einen »kleine[n], rotgelb gekleidete[n] Lama«, der schon gehört hat, »daß ein Mann unterwegs sei, der alles wisse.« (285) Er gibt Humboldt zu verstehen, dass es darauf ankomme, dass der Mensch von innen »stark und groß« werde: »Wer das nicht verstehe, werde rastlos, laufe durch die Welt wie der Sturm, erschüttere alles und wirke nicht.« (286) Dann bittet er Humboldt, seinen kürzlich verstorbenen Hund wieder zum Leben zu erwecken, und nimmt Humboldts Erklärung, dass er das nicht könne, nicht ernst, sondern als indirekte Botschaft. Auch in Humboldts Weigerung, seiner Einladung zum Tee zu folgen, glaubt er, eine Botschaft zu vernehmen, so dass Humboldt verzweifelt ausruft, es gebe keine Botschaft. (287)
Lampe
Nachdem Gauß die Disquisitiones Arithmeticae veröffentlicht hat, reist er nach Königsberg, um Kant zu treffen. Als er nach einer langen Reise die Wohnung des Philosophen erreicht, wird er von dessen Diener zunächst abgewiesen. Erst nachdem er ihm mehrere Empfehlungsschreiben vorgelegt und erneut energisch darauf bestanden hat, sein Vorbild zu sehen, gibt Lampe nach: »Ach je, murmelte er dann, ging hinein und ließ die Tür offen.« (95)
Martin Lampe (1734-1806)
Leutnant
Nach seinem Besuch bei Kant, auf dem Rückweg von Königsberg, sitzt Gauß mit einer Gruppe von anderen Passagieren, unter anderem einem dicken, geschwätzigen Leutnant, in einer Kutsche. »Als der Leutnant ihn nach seiner Meinung zum spanisch-französischen Bündnis fragte, wußte er nichts zu antworten.« (97)
Lichtenberg
Humboldt, zu dieser Zeit noch Student, lernt den »wichtigsten Experimentalphysiker Deutschlands, Professor Georg Christoph Lichtenberg« (27) während eines Empfangs des französischen Konsuls in Göttingen kennen. Lichtenberg »drückte ihm weich die Hand und starrte, bucklig, doch mit makellos schönem Gesicht, ein Klumpen aus Fleisch und Intelligenz, belustigt an ihm empor.« (27) Er schreibt an einem Roman: »Das Werk heiße Über Gunkel, handle von nichts und komme überhaupt nicht voran.« (27)
Hofrat Zimmermann beruhigt Gauß nach einem verlustreichen Zahnarztbesuch: »Er selbst habe ja Glück gehabt, ihm fehlten bloß fünf, Professor Lichtenberg habe überhaupt nur mehr zwei, und Kästner sei schon lange zahnlos.« (83)
Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799) – Von Herrn Gunkel ist in den ›Sudelbüchern‹ (A 57) die Rede.
Lorenzi
Lorenzi veranstaltet die Séance, auf der Humboldt und Gauß den Gendarmeriekommandanten Vogt suchen, und verlangt dafür Eintritt. Er ist ein »blasser Mann mit gezwirbeltem Spitzbart« (253) und trägt »ein goldbesticktes Hemd, Samthosen und abgenutzte Pantoffeln.« (253) Zunächst spricht er in gebrochenem Deutsch und mit italienischem Akzent, vergisst diese angeblichen Sprachschwierigkeiten aber später und enttarnt sich so.
Mädchen, junges
Bei der Séance, auf der Humboldt und Gauß den Gendarmeriekommandanten Vogt suchen, wirkt ein siebzehnjähriges Mädchen als Medium: »Sie trug ein weißes Nachthemd, ihr Gesicht war verschwitzt, die Haare klebten ihr in der Stirn.« (253 f.) Während sie in Trance ist, jammert, stöhnt und schreit sie und bewegt sich heftig, wobei ihr Nachthemd verrutscht und sich öffnet. Humboldt erträgt das nur mit Mühe, Gauß findet, »die Kleine sei nicht übel.« (255) Nachdem sie alle Nachrichten aus dem Jenseits übermittelt hat und wieder klar wird, lächelt sie verwirrt.
Mädchen, kleines
Auf ihrer Reise durch Neuandalusien entdecken Humboldt und Bonpland ein etwa dreizehn Jahre altes Mädchen in zerrissener Kleidung im hohen Gras. Sie ist ohnmächtig und beginnt zu schreien, als Bonpland sie mit etwas Medizin aufweckt. Während Bonpland sorgenvoll versucht sie zu beruhigen, ist Humboldt ungeduldig und will weiterziehen. Auch die Andeutung, was mit dem Mädchen geschehen sein könnte, versteht und akzeptiert Humboldt nicht: »Jemand müsse ihr Furchtbares angetan haben! Was denn, fragte Humboldt.« (105) Sie nimmt Wasser an, möchte aber nicht essen. Sie rennt plötzlich davon, ohne sich zu bedanken.
Malzacher
Der Zoologe Malzacher wird Gauß von Humboldt auf dem Deutschen Naturforscherkongress in Berlin im Jahre 1828 vorgestellt: »Erfreut, sagte Gauß, erfreut. Er war nahe am Losweinen.« (243)
Mann, alter
In Calabozo, noch vor ihrer Reise auf dem Orinoko, treffen Humboldt und Bonpland einen alten Mann, der, obwohl er sein Dorf noch nie verlassen hat, einige Erfindungen entwickeln konnte, unter anderem den Galvanismus. Humboldt klärt ihn allerdings darüber auf, dass dies alles in Europa schon längst bekannt sei: »Das habe er ja nicht wissen können, sagte er. Man sei so weit weg von allem.« (103) Sie versuchen, ihm Geld zu schenken, was er ablehnt, und lassen ihn dann mit seiner Enttäuschung allein.
Moctezuma, Conde de
Der Conde de Moctezuma, »Urenkel des letzten Gottkönigs und Grande des spanischen Reichs« (202) lebt in Kastilien, ist allerdings wegen Geschäften in Neuspanien und daher auch anwesend, als Humboldt und Bonpland mit dem Vizekönig zu Abend essen. Er ist ein »kleiner, schweigsamer Herr mit dunkler Hautfarbe und außergewöhnlich eleganter Kleidung.« (202)
Während des Essens gibt er an, nur spanisch zu sprechen und nicht die Sprache seiner aztekischen Vorfahren. Außerdem kann er das Kalenderrad, nach dem Humboldt ihn fragt, genauestens beschreiben, verweigert dann aber weitere Auskunft: »Darüber wisse er nicht das geringste, sagte der Conde. Er sei kein Indianer, sondern spanischer Grande.« (204) Anschließend äußert er sich negativ über seinen Vorfahren, der von Cortés bei der Eroberung der aztekischen Hauptstadt gefangen genommen wurde (Moctezuma II.).
Moebius
Als Gauß eine Anstellung in Göttingen annimmt, muss er zu seinem Leidwesen auch Kollegien halten. Er ist überzeugt: »Von allen Menschen, die er je getroffen hatte, waren seine Studenten die dümmsten.« Er gibt sich besondere Mühe bei der Vermittlung des Lehrstoffs. »Doch die Prüfung schaffte nur ein junger Mann mit wäßrigen Augen. Sein Name war Moebius, und als einziger schien er kein Kretin zu sein.« (154)
August Ferdinand Möbius (1790-1868)
Mutis
Am Tag vor der Besteigung des Chimborazo schreibt Bonpland einen Abschiedsbrief, in dem er auch davon berichtet, dass er und Humboldt in Santa Fé de Bogotá bei dem Biologen Mutis gewohnt hätten: »Ständig habe der Baron von Pflanzen sprechen wollen, immer wieder habe Mutis erwidert, daß sich derlei Themen in Gesellschaft nicht ziemten.« (166) Weiter berichtet Bonpland, dass er mit den Kräutern seines Gastgebers sein Fieber habe senken können und zu dessen Kammerzofe eine spezielle Verbindung aufgenommen habe.
José Celestino Mutis (1732-1808)
Napoleon
Humboldts und Gauß‘ Erfolge als Wissenschaftler werden stetig von Napoleons Krieg gegen Preußen begleitet. Gauß hegt einigen Respekt vor Napoleons intellektuellen Fähigkeiten: »Angeblich diktierte er bis zu sechs Briefe zugleich.« (152) Johanna muss ihren Mann allerdings erst über die politischen Verwicklungen aufklären: »Göttingen gehöre zu Hannover, dessen Personalunion mit der englische Krone durch Frankreichs Siege gebrochen sei und das Napoleon dem neuen Königreich Westfalen angegliedert habe, regiert von Jérôme Bonaparte.« (153) Dennoch ziehen sie nach Göttingen.
Später, beim Treffen von Gauß und Humboldt in Berlin 1828, renommieren beide voreinander mit ihren unterschiedlichen Beziehungen zu Napoleon. Humboldt meint, »Napoleon habe ihn und Bonpland immer gehaßt, weil dreihundert seiner Wissenschaftler in Ägypten weniger ausgerichtet hätten als sie beide in Südamerika.« Dass sie nach ihrer Rückkehr Stadtgespräch in Paris gewesen seien, sei dem Kaiser gar nicht recht gewesen. »Seinetwegen, sagte Gauß, habe Bonaparte auf den Beschuß Göttingens verzichtet. Das habe er gehört, sagte Humboldt, aber er bezweifle das, es habe wohl eher strategische Gründe gehabt. Wie auch immer, später habe Napoleon ihn als preußischen Spion aus dem Land weisen wollen.« (217)
Napoleon Bonaparte (1769-1821)
Nina
Gauß besucht Nina, eine russische Prostituierte, zunächst während seiner Studienzeit in Göttingen, dann auch während seiner Ehen. Sie ist nicht die einzige Prostituierte, die er besucht, aber die, »die ihm am besten gefiel«. (86) So verspricht er ihr, sie zu heiraten und ihre Sprache zu lernen. Nur das zweite Versprechen kann er halten: Als Nina zu ihrer Schwester nach Ostpreußen zieht, schenkt sie ihm ein russisches Wörterbuch. Nach Johannas Tod, ist Gauß gewillt, Nina zu heiraten, aber Bartels hält ihn davon ab. Noch im Alter fragt er sich, »ob vielleicht sie, und nicht Johanna, die Frau seines Lebens gewesen war.« (267)
Ohe zur Ohe, Graf Hinrich von der
Während seiner Tätigkeit als Landvermesser im Königreich Hannover besucht Gauß den Grafen Hinrich von der Ohe zur Ohe, um mit ihm über drei Bäume und einen Schuppen zu verhandeln, die für die Messungen weichen müssen. Da er erst spät eintrifft, muss er im Herrenhaus übernachten und wird von dem unwirschen Diener in einer verschmutzten Kammer mit Holzpritsche untergebracht.
Am nächsten Morgen trifft Gauß den alten Grafen in dessen Garten: »Dieser war mit erstaunlicher Sorgfalt angelegt: Palmen, Orchideen, Orangenbäume, bizarr geformte Kakteen und allerlei Pflanzen, die Gauß nicht einmal auf Bildern gesehen hatte.« (185) Der Graf empfängt Gauß in »einem Lehnstuhl, noch immer im Schlafrock, mit wirrem Haar und nackten Füßen« (186). Bei der Verhandlung über die Bäume und den Schuppen lässt er Gauß stehen, überrascht ihn aber mit seinem Wissen über seine wissenschaftlichen Arbeiten und Lebensumstände. Schließlich überlässt er Gauß die Bäume und den Schuppen kostenlos.
Peter Hinrich von der Ohe zur Ohe (1773-1853)
Ossipow
Leiter eines Goldseifenwerks in Jekaterinenburg, das Humboldt während seiner Russlandreise besucht. »Den Berghauptmann namens Ossipow beschäftigte die Frage, was man gegen das Grubenwasser tun könne.« (277) Humboldt versucht ihm zu erklären, dass er mehr Pumpen bräuchte, die zwar kostspielig seien, aber auch mehr Ertrag fördern könnten: »Ossipow sah ihn fragend an.« (277) Erst als Humboldt ihm sagt, dass sich die Pumpen dadurch selbst bezahlen, versteht er und ist überglücklich.
Pastor
Als Schüler des Gymnasiums bekommt Gauß durch Bartels‘ Vermittlung einen Freitisch bei einem Pastor. Gleich beim ersten Mittagessen warnt der Pastor ihn vor dem Stolz, der eine Todsünde sei: »Wie klug man auch sei, man habe demütig zu bleiben.« Gauß versteht nicht: »Gott habe einben geschaffen, wie man sei, dann aber solle man sich ständig dafür bei ihm entschuldigen. Logisch sei das nicht.« Bartels besorgt ihm daraufhin einen neuen Freitisch bei Hofrat Zimmermann. (60 f.)
Pavel
Der kleine vierzehnjährige Junge, von dem man sagt, dass er zurückgeblieben sei, findet einen Stein, den Humboldt bei seiner Inspektion eines russischen Eisenwerks in der Ebene von Wissokaja Gora als Diamanten erkennt. Daraufhin bricht Freude unter den Arbeitern aus, und Pavel kriegt »freundschaftliche, doch sehr feste Ohrfeigen.« (279)
Pedell
Der Pedell (wohl der Berliner Universität), ein kleiner, alter Mann, verrät der Gendarmerie die geheime Versammlung der Berliner Studenten im September 1828, an der auch Eugen teilnimmt: »Er habe es ja gewußt, sagte der alte Mann zu den Gendarmen. Man habe nur beobachten müssen, wie sie alle in Zweiergruppen losmarschiert seien. Zum Glück seien die so dumm.« (233) Noch während der ersten Verhaftungen holt er Verstärkung.
Pfaff
Gauß‘ »Doktorratsprüfung fand unter Aufsicht von Professor Pfaff statt. Auf sein gekritzeltes Ansuchen hin erließ man ihm das mündliche Examen, es wäre auch zu lächerlich gewesen.« (87) Als er seine Urkunde abholen möchte, muss er zunächst warten. Die Zeit nutzt er, um in den Göttinger Gelehrten Anzeigen einen Bericht über Humboldts Aufenthalt in Neuandalusien zu lesen, den Wilhelm von Humboldt nach einem Brief seines Bruders verfasst hat. Pfaff und Zimmermann trauen sich zuerst nicht, ihn dabei zu stören, und Pfaff übergibt ihm schließlich zögernd die Urkunde.
Als Gauß, inzwischen bereits mit Johanna verheiratet, von Braunschweig zurück nach Göttingen geht, schenkt er Pfaff sein Fernrohr. (153)
Johann Friedrich Pfaff (1765-1825)
Pilâtre de Rozier
Als Humboldt während seines Studiums seinen älteren Bruder in Göttingen besucht, entdecken die beiden am Nachthimmel einen Heißluftballon, den Wilhelm sogleich Pilâtre de Rozier, dem »Mitarbeiter der Montgolfiers«, zuordnet, der sich gerade in Braunschweig aufhalte. Beide scheinen begeistert: »Bald würden alle Menschen in die Luft steigen.« (28)
Eigentlich befindet sich Pilâtre de Rozier »mit eigenem Fluggerät und zwei Assistenten« auf dem Weg nach Stockholm, wird aber in Braunschweig aufgehalten, da der Herzog eine Vorführung des Ballons wünscht: »Pilâtre fügte sich. Er hätte es wissen müssen, sagte er müde, in Hannover sei das gleiche passiert, in Bayern ebenso.« (63 f.) Durch Penetranz und sein Interesse an Sternen schafft es Gauß, zu der Zeit noch ein Junge, dass Pilâtre de Rozier ihn mitfahren lässt: »Gauß klammerte sich an den Korbrand, und erst als er den Mund zumachte, wurde ihm klar, daß er die ganze Zeit geschrien hatte. So sieht Gott die Welt, sagte Pilâtre« (66) Die Fahrt ist für Gauß‘ Wissensdurst viel zu kurz. Sie endet mit einer Bruchlandung und mit Gauß‘ Erkenntnis, dass »alle parallelen Linien einander berührten.« (67) Pilâtre versteht kein Wort, aber als Gauß sich zum Dank vor ihm verbeugt, »freute [er] sich, lachte und strich ihm über den Kopf« (68)
Als Wilhelm von Humboldt sein Studium in Göttingen aufnahm (1788) und Carl Friedrich Gauß Stipendiat des Herzogs von Braunschweig war (1792-1795), war Jean-François Pilâtre de Rozier (1757-1785) schon mehrere Jahre tot.
Polizist
Als Humboldt Gauß vor dem Deutschen Naturforscherkongress im September 1828 in Berlin begrüßt und sie dabei für eine Fotografie von Daguerre posieren, werden sie von einem Polizisten gestört: »Dies sei eine Zusammenrottung, sagte der Polizist. Entweder man gehe sofort auseinander, oder er werde amtshandeln.« (16) Humboldt und sein Sekretär beginnen eine Diskussion mit ihm, doch Gauß beendet die Situation und ruiniert damit auch die Fotografie, indem er ungeduldig seine Position verlässt.
Rio, Andres del
Ehemaliger Kommilitone Humboldts an der Freiberger Bergakademie. Als Humboldt bei dem Versuch, eine noch unerforschte Kammer einer Freiberger Mine zu erschließen, beinahe stirbt, wird er von dem Spanier gerettet (34).
Kurz vor dem Ende seiner Südamerikaexpedition trifft Humboldt ihn in der neuspanischen Hauptstadt (Mexiko-Stadt) wieder. Andres del Rio ist inzwischen Leiter der dortigen Bergbauakademie. Auch beim späteren Abendessen mit dem Vizekönig ist er anwesend, bei dem Humboldt den Vizekönig und den Conde de Moctezuma mit seiner Kritik des Silberabbaus in Neuspanien provoziert: »Der Vizekönig warf dem blaß gewordenen Andres del Rio einen Blick zu.« (203)
Andrés Manuel del Río (1764-1849)
Rose
Auf seiner Expedition nach Russland wird Humboldt von zwei Assistenten begleitet: dem Zoologen Ehrenberg und dem Mineralogen Rose. »Rose war über zwei Meter groß und schien stets feuchte Haare zu haben.« (264) Er trägt, wie sein Kollege, eine dicke Brille.
Während Humboldt an den verschiedenen Reisestationen überwiegend mit Repräsentationspflichten beschäftigt ist, erledigen Ehrenberg und Rose den wesentlichen Teil der Forschungs- und Sammelarbeiten und übernehmen dabei auch zunehmend die Regie. So vermisst Rose schon in Dorpat die Hügel der Gegend, und auch an den übrigen Stationen betreiben er und Ehrenberg die Vermessungs- und Sammelarbeiten auf eigene Faust, ohne Humboldt zu fragen.
Beide bevormunden den gealterten Forscher in nahezu allen Fragen der Reise, und als Humboldt sich über die Organisation seiner Expedition beschwert, antwortet Rose: »Man könne nicht immer, wie man wolle«. (274) Obwohl Rose die meisten von Humboldts Methoden veraltet findet, möchte er doch nicht dessen Errungenschaften schmälern: »Kein vernünftiger Forscher mache es anders, sagte Rose. Jeder kenne schließlich Humboldts Schriften.« (276) Die Bevormundung geht sogar soweit, dass Humboldt keine eigene Reisebeschreibung verfassen soll – Rose hat dazu den Auftrag des Königs erhalten: »Mit der Beschreibung sei er betraut, damit brauche Humboldt sich nicht abzugeben.« (288)
Auf dem Rückweg, während einer Dampferfahrt im dichten Nebel, bittet Rose Humboldt um dessen navigatorische Expertise und muss ihm versichern, dass sie für immer verschwinden würden, wenn er sie in die falsche Richtung schickte, woraufhin Humboldt nach links zeigt. »Rose ging zum Kapitän und wies ihn in die entgegengesetzte Richtung. Eine halbe Stunde später erreichten sie die Küste.« (290)
Gustav Rose (1798-1873)
Rotter
Der Chemiker Rotter wird Gauß von Humboldt auf dem Deutschen Naturforscherkongress in Berlin im Jahre 1828 vorgestellt: »Erfreut, sagte Gauß, erfreut. Er war nahe am Losweinen.« (243)
Schiller
Als Humboldt bereits Bergwerksassessor ist, teilt sein Bruder ihm brieflich aus Jena mit, dass Schiller ihn kennenlernen möchte. Als sie sich tatsächlich während Humboldts Vorbereitungen zu seiner ersten Expedition in Weimar treffen, wobei auch Wilhelm von Humboldt, Goethe, Wieland und Herder anwesend sind, sitzt Schiller auf einem Sofa und »gähnte verstohlen.« (37) – Bei einem Abendessen 1828 in Berlin erwähnt Eugen gegenüber Humboldt Schillers Freiheitsgedanken: »Er habe sich immer besser mit Goethe verstanden, sagte Humboldt. Schiller sei seinem Bruder näher gewesen.« (221)
Friedrich Schiller (1759-1805)
Schobel, Frau
Humboldts Zimmerwirtin in Salzburg, wo er sich auf die Südamerika-Expedition vorbereitet. Dazu gehört auch die Erweiterung seiner Leidensfähigkeit: »Der ganze Kniff sei, sich nie etwas durchgehen zu lassen, sagte er zu Frau Schobel, seiner Zimmervermieterin, und bat um noch ein Glas der grünlichen Molke, vor der es ihn so ekelte.« (38)
Soldat, spanischer
Die Mission Esmeralda, der Umkehrpunkt von Humboldts und Bonplands Reise, wird geleitet von einem alten spanischen Soldaten. Er erzählt seinen Gästen unglaubliche Geschichten über die Bewohner des Dschungels. Humboldt versucht ihm zu erklären, dass Felszeichnungen in hundert Meter Höhe zu einer Zeit entstanden sind, als die Berge niedriger waren, doch ihm gefällt seine Erklärung, dass die Menschen früher Flügel gehabt hätten, besser. »Menschen flögen nicht, sagte Humboldt. Selbst wenn er es sähe, würde er es nicht glauben. Und das sei dann Wissenschaft? Ja, sagte Humboldt, genau das sei Wissenschaft.« (138) Zu ihrer Abreise schenkt der Soldat Humboldt zwei Papageien und bittet ihn, sich in der Hauptstadt für seine Versetzung zu verwenden. »Es sei ja nicht auszuhalten.« (138)
Studenten, zwei
Auf seinem Streifzug durch Berlin im Jahr 1828 kehrt Eugen in ein Wirtshaus ein, wo alsbald »zwei Studenten in Schlapphosen und mit modisch langem Haar sich zu ihm setzten.« (27 f.) Nachdem sie sich vergewissert haben, dass auch Eugen für die Freiheit ist, nehmen sie ihn zu der geheimen Versammlung mit, auf der angeblich auch Turnvater Jahn sprechen soll. Obwohl sie die Losung vergessen haben, wird ihnen nach längerem Raten Eintritt gewährt.
Tempeldiener
Bei seiner Russlandexpedition kommt Humboldt zu einem kalmückischen Tempel. »Ein Tempeldiener in gelber Robe und mit geschorenem Kopf führte sie ins Innere.« (285) Damit Humboldt mit dem Lama des Tempels sprechen kann, übersetzt der Tempeldiener dessen Chinesisch ins Russische, das Wolodin für Humboldt ins Deutsche übersetzt.
Universitätsprofessor, russischer
Humboldt trifft während seiner Russlandexpedition auch einen russischen Universitätsprofessor, einen bärtigen, glatzköpfigen Mann mit runden Brillengläsern, der ihm ein Fläschchen kosmischen Äthers schenkt: »Das Fläschchen war so schwer, daß man es nur mit zwei Händen heben konnte, und sein Inhalt strahlte solche Dunkelheit aus, daß noch in einiger Entfernung die Dinge undeutlich wurden.« (284)
Urquijo, Manuel de
Zur Zeit von Humboldts und Bonplands Aufbruch nach Südamerika ist Minister Manuel de Urquijo der heimliche Herrscher in Spanien. »Jeder wußte, daß er mit der Königin schlief. Der König war machtlos […]. An Urquijo führte kein Weg vorbei, denn die Kolonien waren für Ausländer gesperrt, und eine Ausnahme hatte es noch nie gegeben«. (42 f.) »Der Minister war fettleibig, nervös und sorgenvoll.« (43) Da der Erhalt seiner Macht vom Erhalt seiner Potenz abhängt, bittet er Humboldt, den er für einen Arzt hält, um ein Potenzmittel. »Viel sei zu tun, sagte Urquijo. Die Inquisition sei noch mächtig, zur Abschaffung der Sklaverei sei es ein weiter Weg.« (43) Humboldt schreibt ihm ein Rezept auf, dessen Zutaten zu besorgen Jahre brauchen würde. Der Minister ist trotzdem zufrieden und stellt ihm die Reisepapiere aus. (44) – Später, in Südamerika, hören die beiden Reisenden von Urquijos Sturz. »Noch sei es ein Gerücht, aber allmählich mehrten sich die Anzeichen, daß der Minister die Gunst der Königin verloren habe.« (169)
Mariano Luis de Urquijo y Muga (1769-1817)
Vizekönig
In der neuspanischen Hauptstadt (Mexiko-Stadt) isst Humboldt beim Vizekönig zu Abend. Dabei brüskiert er seinen Gastgeber durch offene Kritik am Zustand der Silberminen. Dennoch bietet ihm der Vizekönig wortlos das Amt des Bergwerksministers in Neuspanien an: »Unmöglich, sagte Humboldt und hob die Hände. Er sei Preuße, er könne nicht für ein anderes Land Dienst tun.« (203)
José Joaquín Vicente de Iturrigaray y Aróstegui (1742-1815, reg. 1803-1808)
Vogt, Gendarmeriekommandant
Der Kommandant der Berliner Polizei wird Gauß während des Naturforscherkongresses in Berlin im September 1828 vorgestellt. »Der Gendarmeriekommandant war zwei Meter groß, hatte den Schnurrbart eines Seehundes, und sein Händedruck war fürchterlich.« Er setzt sich für die Wissenschaft ein, lässt Humboldt wissen, und »plane, alle Berliner Gendarmen mit Kompassen auszustatten. So könne man neue Daten über die Feldfluktuation in der Hauptstadt sammeln.« (243).
Nach Eugens Festnahme suchen Gauß und Humboldt seine Unterstützung und finden ihn bei einer nächtlichen Séance, bei der er über ein Medium Kontakt zu seiner verstorbenen Mutter aufzunehmen versucht, um Informationen zu dem von ihr versteckten Vermögen zu bekommen. Dies bleibt ebenso wenig erfolgreich, wie der Versuch, sich von Humboldt und Gauß bestechen zu lassen, als sie ihn bitten, Eugen aus dem Gefängnis zu entlassen. (251-259) Über die Anschuldigungen und Beleidigungen, die Gauß ihm dabei an den Kopf wirft, ist er so erbost, dass er am nächsten Morgen in Eugens Zelle stürmt und ihm mit zwei Ohrfeigen den Kiefer ausrenkt. (295)
Vogts Ehefrau
Nach Eugens Festnahme suchen Gauß und Humboldt mitten in der Nacht nach Gendameriekommandant Vogt, treffen in dessen Haus aber nur seine Frau an, die zunächst vorgibt, nicht zu wissen, wo ihr Mann ist. Doch der eheerfahrene Gauß weiß: »Eine Frau, deren Mann einmal die Woche nachts weggehe, wisse sehr genau, wo er stecke, und wenn er es nicht verrate, dann erfahre sie es trotzdem.« (251) Sie gibt schließlich zu, dass ihr Mann bei einer Geisterbeschwörung sei. »Da sehe man es wieder, sagte Gauß, während sie die Treppe hinuntergingen. Frauen könnten nichts für sich behalten.« (252)
Wahrsager
Nach der Überwindung der Katarakte des Orinoko erreichen Humboldt und Bonpland ein Dorf, in dem ihnen ein Wahrsager aus der Hand lesen möchte. »Er war nackt, bunt bemalt und trug Federn auf dem Kopf.« (123) Humboldt möchte dies nicht, doch Bonpland ist interessiert. Der Wahrsager sagt ihm voraus, dass er lange Zeit in Südamerika bleiben werde. Als er Humboldt gegen seinen Willen doch aus der Hand liest, ist er verblüfft: »Da sei nichts. Keine Vergangenheit, keine Gegenwart, keine Zukunft. Da sei gewissermaßen keiner zu sehen.« (125)
Weber, Wilhelm
Als der Experimentalphysiker aus Halle Gauß beim Naturforscherkongress in Berlin vorgestellt wird, hat Gauß zunächst nur Augen für seine schöne Frau. Zwar kann er Gauß weder durch seine Forschungen noch durch die Tatsache beeindrucken, dass er dessen Disquisitiones besser studiert hat als die Bibel, doch als er Selbstbewusstsein zeigt (»er sei nicht irgendwer«), wird der Mathematiker auf ihn aufmerksam. Gauß gewährt dem jungen Mann »mit schmalem Gesicht und hellen Augen« (244) zunächst eine Stunde seiner Zeit und verschafft ihm später eine Professur in Göttingen. (267)
Fortan tauschen Weber und Gauß, der sich inzwischen durch die Anregung des Jüngeren auch mit Experimentalphysik befasst, sich über magnetische Messungen aus (267 f., 272 f.) und entwickeln gemeinsam einen telegraphischen Apparat. (281 f.) Dissens zwischen beiden herrscht lediglich über die Astrologie, die Weber ernst nimmt, Gauß dagegen für eine ›Torheit‹ hält, und über die Wahrscheinlichkeitsrechnung, die Gauß mit seiner Sterbestatistik betreibt, deren Tauglichkeit für individuelle Vorhersagen Weber aber bezweifelt. (281)
Wilhelm Eduard Weber (1804-1891)
Werner, Abraham
Abraham Werner lehrt in der Bergbauakademie in Freiberg den Neptunismus: »Diese Lehre nannte sich Neptunismus und wurde von beiden Kirchen und Johann Wolfgang Goethe verfochten. In der Freiberger Kapelle ließ Werner Seelenmessen für seine die Wahrheit noch leugnenden Gegner lesen.« (29) Bei deren Bekehrung nimmt er rabiate Mittel in Kauf: »Einmal hatte er einem zweifelnden Studenten die Nase gebrochen.« (29) Werner ist »einer der letzten Alchimisten: Mitglied geheimer Logen, Kenner der Zeichen, denen die Dämonen gehorchten. […] Intelligent wirkte er dennoch nicht.« (29) Seinem Studenten gibt er zu verstehen, dass es für einen Neptunisten (der Humboldt zu sein vorgibt) unerlässlich sei, verheiratet zu sein. Humboldt wird allerdings bis zu seinem Tod nicht heiraten und den Neptunismus mit Messungen im aktiven Vulkan Jorullo widerlegen. »Wenn er an den großen Abraham Werner denke, er buchstabierte den Namen, tue ihm das beinahe leid«, diktiert er den begleitenden Journalisten. (208)
Abraham Gottlob Werner (1749-1817)
Wieland
Humboldt lernt Wieland in Weimar kennen, als er dort vor seinem Aufbruch nach Südamerika seinen Bruder besucht. Goethe, Schiller und Herder sind auch anwesend: »Goethe machte eine Handbewegung in Richtung der bunten Zimmer, der Gipsabgüsse römischer Statuen, der Männer, die sich im Salon mit gedämpften Stimmen unterhielten. Humboldts älterer Bruder sprach über die Vorteile des Blankverses, Wieland nickte aufmerksam, auf dem Sofa saß Schiller und gähnte verstohlen.« (37)
Christoph Martin Wieland (1733–1813)
Wildenow
Der Botaniker Wildenow lehrt an der Universität in Frankfurt an der Oder, an der Alexander und Wilhelm von Humboldt ihr Studium beginnen (»Es war keine gute Hochschule«). »Beim Botaniker Wildenow sah der Jüngere zum erstenmal getrocknete Tropenpflanzen« und beschließt daraufhin, »das Leben« zu erforschen. (26)
Carl Ludwig Willdenow (1765-1812) war nicht Professor in Frankfurt/Oder, sondern seit 1798 am Berliner Collegium medico-chirurgicum und seit 1810 an der Berliner Universität. Humboldt lernte in Frankfurt sein Werk Florae Berolinensis Prodromus (1787) kennen.
Wilson
Wilson ist Nordamerikaner und schreibt für den Philadelphia Chronicle. Er schließt sich Humboldt und Bonpland in Cuernavaca an, nur kurze Zeit nach seinem Kollegen Gomez: »Natürlich stünden die Vereinigten Staaten im Schatten des großen Nachbarn, sagte Wilson. Doch auch ihr junges Staatswesen habe eine Öffentlichkeit, die mit wachsendem Interesse die Taten von General Humboldt verfolge.« (199) Später veröffentlicht er Scientist and Traveller: My Journeys with Count Humboldt in Central America, das nach Humboldts Meinung den Fakten einige »Gewalt antue«. (217)
Wolodin
Ein Geologe der Petersburger Akademie, der sich Humboldts Russland-Expedition auf dem Weg nach Sankt Petersburg anschließt. Humboldt vergisst seine Anwesenheit immer wieder, »so daß er jedesmal zusammenzuckte, wenn Wolodin mit seiner leisen und ruhigen Stimme etwas einwarf. Es war, als widerstünde etwas an diesem blassen Wesen der Fixierung im Gedächtnis oder als beherrsche es in besonderer Perfektion die Kunst der Tarnung.« (270) Von Humboldts Vermessung der Wolga bei Nischnij Nowgorod ist er beeindruckt: »Das sei, sagte Wolodin zu Rose, als erlebte man eine Reise in der Zeit, als wäre man in ein Geschichtsbuch versetzt, so erhaben sei es. Ihm sei zum Weinen!« (275)
Zar
Während seiner Russland-Expedition trifft Humboldt den russischen Zaren in Sankt Petersburg. Der Zar versichert seinem Gast, dass es eine Ehre für ihn sei und dass er Humboldts Bruder noch deutlich in seiner Erinnerung habe: »In guter? Nun ja, sagte der Zar, offen gestanden habe er ihn immer ein wenig gefürchtet.« (271) Auf seiner Rückreise, trifft Humboldt den Zaren erneut in Sankt Petersburg; diesmal um das Band des Sankt-Annen-Ordens verliehen zu bekommen: »Stirnrunzelnd legte der Zar das Band um seine Schultern, es wurde Vivat gerufen und Bravo, und Humboldt bemühte sich, nicht gebeugt zu stehen.« (291)
Nikolaus I. von Russland (1796-1855)
Zea, Pater
Pater Zea ist Leiter einer Jesuitenmission am Orinoko, deren Geistliche »schwer bewaffnet, vierschrötig und Soldaten ähnlicher als Priester« sind (113). Er hilft Humboldt und Bonpland zunächst bei der Überwindung der gefährlichen Katarakte des Orinoko, indem er zwei Eingeborene ein kleineres, wendigeres Schiff durch die Stromschnellen fahren lässt. Da diese offenbar unfreiwillig ausgewählt wurden, lässt er ihnen Fußfesseln anlegen und tut Humboldts Einwände ab: »Ach woher, rief Pater Zea, das habe nichts zu bedeuten und liege nur an der Unberechenbarkeit dieser Menschen. Sie meldeten sich freiwillig, und dann könne man sie plötzlich nicht mehr finden. Auch sähen sich alle so ähnlich!« (113 f.) Auch sonst ist sein Umgang mit den Eingeborenen nicht eben zimperlich und eine Geduldsprobe für Humboldts aufklärerische Überzeugungen.
Am Abend lädt er seine Gäste zu einem Essen ein und erzählt ihnen von den Vorgängern Humboldts, La Condamine, Bouguer und Godin, die Jahrzehnte zuvor die Meridianlänge des Äquators vermessen sollten und alle an der widerspenstigen Natur verzweifelt seien. Dabei gerät er mit Humboldt in einen Disput über den Sinn von Landvermessungen: »Den Äquator messen, fuhr Pater Zea fort. Also eine Linie ziehen, wo nie eine gewesen sei. Ob sie sich dort draußen umgesehen hätten? Linien gebe es woanders.« (115)
Pater Zeas »kostbarster Besitz« (118) ist ein Papagei, der »im Idiom eines ausgestorbenen Stammes« (118) spricht. Nach drei Tagen können Bonpland und Humboldt ihre Reise fortsetzen. Auf ihrer Rückreise machen sie erneut Halt in Pater Zeas Mission, der sie allerdings zur raschen Weiterreise nötigt: Bei ihrem ersten Zusammentreffen hatte Humboldt menschliche Skelette aus einer Höhle gestohlen, was ihm die Eingeborenen immer noch nachtragen. (139)
Zimmermann
Hofrat Zimmermann, »hager und leutselig« (61), ist Professor in Braunschweig und einer von Gauß frühen Förderern, der ihm auch zu einer Audienz beim Herzog von Braunschweig verhilft. Später bringt Gauß ihm ein Manuskript, in dem er seine neue Methode darlegt, Siebzehnecke zu konstruieren: »Das sei ein großer Moment, sagte Zimmermann schließlich. […] Ihm sei nach Beten zumute. Das müsse gedruckt werden, am besten unter dem Namen eines Professors. Es sei nicht üblich, daß Studenten schon publizierten.« (83) Schon wenige Tage später erscheint im Intelligenzblatt der Allgemeinen Literaturzeitung ein Artikel, in dem er Gauß‘ Ergebnisse vorstellt. (84)
Zimmermann verhilft Gauß auch zu dessen zweiter Audienz beim Herzog und regt diesen dazu an, eine Sternwarte für Gauß zu bauen. Als Gauß keine weiteren Audienzen beim Herzog mehr bekommt, beschwert er sich bei Zimmermann. »Der Professor sah ihn an wie eine Erscheinung und fragte, ob er wirklich nicht wisse, daß Krieg sei.« (151)
Auch Humboldt macht Zimmermanns Bekanntschaft. Während eines Besuchs bei seinem in Göttingen studierenden Bruder Wilhelm wird er auf einem Empfang des französischen Konsuls neben Kästner und Lichtenberg auch Zimmermann vorgestellt. (27)
Eberhard August Wilhelm von Zimmermann (1743-1815)