Alpanus, Prosper
Doktor Alpanus Prosper ist »der wohltätige Magus« (591) dieser Geschichte und über zweitausend Jahre alt. Er wohnt in der Nähe von Kerepes in einem Landhaus, das vermutlich einmal der Sitz der Fee Rosabelverde war (589). Dort hatte er sich schon zu Zeiten des »würdigen Fürsten Demetrius« angesiedelt (608 f.). Als dann Paphnutius an die Macht kam, stellte er sich zum Schein in dessen Dienst, so dass er der von Paphnutius verfügten Ausweisung der Feen und Zauberer entgehen konnte. Paphnutius ernannte ihn sogar zum »Geheimen Oberaufklärungs-Präsidenten« (609). Seit dem Regierungsantritt Barsanuphs hat er mehr Freiheiten, denn Fürst Barsanuph, so erklärt er Rosabelverde bei ihrem ersten Zusammentreffen, »bekümmert sich, dem Himmel sei es gedankt, nicht viel um das Zauberwesen, er ist ein leutseliger Herr und läßt jeden gewähren, jeden zaubern so viel er Lust hat, sobald er es sich nur nicht merken läßt und die Abgaben richtig zahlt. So leb' ich hier, wie Sie, liebe Dame, in Ihrem Stift, glücklich und sorgenfrei!« (609). Wie Rosabelverde bei dieser Gelegenheit erfährt, war er es, der sie vor der Aufklärungspolizei des Fürsten Paphnutius gewarnt hatte, so dass sie ihre Zaubermittel rechtzeitig in Sicherheit hatte bringen können (609).
Zeuge seines ersten, in jeder Hinsicht zauberhaften Auftretens in der Geschichte ist Balthasar, der den Referendarius Pulcher gerade im Wald vom Selbstmord zurückgehalten hat: Der Magus fährt in seiner märchenhaften, von Einhörnern gezogenen Kutsche an den beiden vorbei und schickt aus dem funkelnden Knauf seines Stockes einen Strahl auf Balthasar, dem sofort klar wird, dass dies der Mann ist, der Zinnobers Zauber wird brechen können (583).
Als Balthasar ihn kurz darauf mit seinem Freund Fabian aufsucht, hat er einen ›kleinen, dünnen, blassen Mann‹ vor sich, der ein indisches Gewand und »ein kleines samtnes Mützchen auf dem Haupte (trug), unter dem schönes Haar in langen Locken hervorströmte« (590 f.). Sein Gesicht strahlt Ruhe und Gutmütigkeit aus, »nur schien es seltsam, daß, wenn man ihn recht nahe, recht scharf anblickte, es war, als schaue aus dem Gesicht noch ein kleineres Gesichtchen wie aus einem gläsernen Gehäuse heraus« (591).
Während Balthasar von seinen Zauberkünsten tief beeindruckt ist, beharrt Fabian darauf, dass all diese wundersamen Erscheinungen lediglich wohl eingesetzte Effekte seien. Als er Alpanus beim Abschied einen »ausgemachten Charlatan« (595) nennt, nimmt dieser das recht heiter auf und belegt ihn mit einem Zauber, der seine Röcke verunstaltet und ihn so von seiner »Zweifelsucht« (624) befreit.
Zuvor lässt er Balthasar vor einen Zauberspiegel treten, in dem Candida und Zinnober erscheinen. Die Schläge, mit denen Balthasar den Zinnober auf Geheiß des Magiers im Spiegel traktiert, erreichen den Zwerg tatsächlich (594) und bringen Balthasar einen Haftbefehl ein, so dass er aus Kerepes fliehen muss (597).
Als Rosabelverde ihn in der Gestalt des Stiftsfräuleins aufsucht, erkennt Alpanus sie mit Hilfe seines Zauberstocks sogleich und provoziert einen magischen Wettstreit zwischen beiden, bei dem ihr zuletzt der goldene Kamm, mit dem sie Zinnobers Zauber regelmäßig erneuert, aus dem Haar fällt und zerspringt. Sie ist untröstlich über den Verlust, aber Alpanus kann sie dann mit Hilfe eines Horoskops, das er für Balthasar gestellt hat, davon überzeugen, dass der Zauber über Zinnober gelöst werden muss. Um »Ihrer Macht, Ihrer Güte, Ihrer Tugend« zu huldigen, verspricht er ihr, dafür zu sorgen, dass Zinnober, nachdem er sein Schicksal ›verbüßt‹ haben wird, »noch zu unverdienter Ehre gelangen« wird. Beide trennen sich in Freundschaft (610 f.).
Alpanus sucht Balthasar im Wald auf und klärt ihn über Zinnobers Herkunft und die Bewandtnis auf, die es mit seinem Zauber hat, erklärt ihm, wie er diesen Zauber endgültig brechen kann, gibt ihm auch ein Mittel, um den armen Fabian von seinem Kleiderzauber zu erlösen, und vermacht ihm sein Landhaus, in dem er mit Candida leben soll. Er selbst hat vor, demnächst nach Indien zu reisen (614 ff.).
Wie versprochen, stellt er Zinnobers Zauber nach dessen Tod wieder her, so dass der Zwerg ein prachtvolles Begräbnis bekommt. Die Hochzeit von Balthasar und Candida stattet er gemeinsam mit der Fee mit allerhand festlichen Zaubern aus, ehe er sich in einem Wagen aus Kristall, »mit zwei schimmernden Libellen bespannt, die der Silberfasan führte«, auf den Weg nach Indien macht (648).
Abb: Prosper Alpanus auf einer Libelle. Einbandillustration zur Erstausgabe von »Klein Zaches«, Berlin 1819 (Rückseite). Aquatinta-Radierung von Carl Friedrich Thiele nach einer Vorlage E.T.A. Hoffmanns. Bildquelle: Staatsbibliothek Bamberg. – Vergrößerte Ansicht bei Wikimedia Commons.