Stettenheim, Kurt von
Deutscher aus der Mark Brandenburg, der nach dem Krieg unvermittelt in Wien auftaucht und sich an Jolanths und Elisabeths Kunstgewerbe beteiligen möchte. Franz Ferdinand beschreibt sein Aussehen ironisch als »gutrassig«, worunter er eine »Mischung von internationalem Tennisspieler und landschaftlich zu fixierendem Rittergutsbesitzer« versteht (318). Zudem hat er einen Schmiss auf der Stirn und benutzt ein Monokel, was ihn für Franz Ferdinand als typischen Preußen markiert. Auch der Umstand, dass er schon nach wenigen Sätzen im Gespräch den Adelstitel sowie das Amt von Franz Ferdinands Onkel, den er einmal getroffen habe, verwechselt, zeichnet ihn in Trottas Augen als Reichsdeutschen aus, der von der Habsburger Monarchie keien Ahnung hat. Außerdem verfügt er über ein unzureichendes Sprachgefühl und benutzt mit Vorliebe Redewendungen wie »Ich wette zehn zu eins und gebe Ihnen meine Hand darauf« (319).
Als dritter Teilhaber benennt er das Atelier in »Jolan-Werkstätte« um und verschickt selbst entworfene Prospekte in die ganze Welt, ohne auf große Resonanz zu stoßen (320). Trotzdem hängt er eine Weltkarte im Atelier auf, auf der alle möglichen Länder und Städte mit Stecknadeln markiert sind, auch solche, die nicht von ihnen beliefert werden. Kiniower zieht Erkundigungen über ihn ein und findet heraus, dass seine Behauptung, er sei am »Tattersall«, einer Berliner Reitbahn, beteiligt, gelogen ist und er allein von den Darlehen lebt, die Franz Ferdinands Mutter ihm gewährt, die ihn zum völligen Unverständnis ihres Sohnes »Charmant!« findet (321 f.).
Er lebt »unbekümmert« und gibt großzügig Geld aus, lädt Franz Ferdinands Freunde ein, die ihn nicht leiden können, und vertreibt sich die Zeit mit immer anderen Mädchen (325). Da sein Vater »Zahlungen habe«, lässt er sich von Trottas Mutter in dessen Abwesenheit erneut einen Scheck über 10000 Kronen, ein Fünftel ihres verbliebenen Ersparten, ausstellen (326). Wenig später verschwindet er ohne einen Abschiedsgruß, er gibt lediglich über ein Telegramm Bescheid, er werde wiederkommen (328). Tatsächlich taucht er wieder auf, als der »bekannte Rabinowitsch, Sie kennen ihn nicht?« in Wien eine Firma gründet. Wenig später verschwindet er gemeinsam mit Jolanth und Elisabeth, wie Franz Ferdinand vermutet, nach »Hollywood« (339).