Kirsch, Richard

»Soldat der US-Luftwaffe, achtzehn Jahre alt« (II, 40) aus Columbus, Ohio (II, 117). Er ist ein entfernter Verwandter von Frau Behrend, die er auf Wunsch seines Vaters Wilhelm Kirsch aufsuchen will (II, 129).

Seine deutsche Verwandtschaft ist ihm eher gleichgültig, und die Deutschen »beschäftigten Richard nicht mehr als andere alte Völker: oberflächlich« (II, 38). Er versteht sich als Abgesandter einer siegreichen Kultur, die in einem verworrenen Land Ordnung zu schaffen hat wie einst Augustus in Griechenland (II, 38). »Kreuzritter der Ordnung waren sie, Ritter der Vernunft, der Nützlichkeit und angemessener bürgerlicher Freiheit; sie suchten kein Heiliges Grab« (II, 39). Er fühlt sich »frei von Feindschaft und Vorurteilen«, Gefühlen, die er als »von der Zivilisation überwundene Krankheiten wie Pest, Cholera und Pocken« betrachtet (II, 38). Er »war geimpft, er war hygienisch erzogen und ausgeschlackt« (II, 39).

Beim Anflug auf die Stadt überlegt er: »›wenn ich etwas älter wäre, vierundzwanzig vielleicht statt achtzehn, dann hätte ich auch mit achtzehn Jahren hier fliegen, hier zerstören und sterben können […], wir wären ihr Tod gewesen, wir wären vor ihren Scheinwerfern in den Himmel getaucht, wo wird das einmal sein? wo werde ich ausüben, was ich lerne? wo werde ich Bomben werfen? wen werde ich bombardieren? hier? diese?‹« (II, 40)

Richard trifft Frau Behrend nicht in ihrer Wohnung an. Die Tochter der Hausbesorgerin schickt ihn zur Lebensmittelhändlerin (II, 127), deren Andeutungen, Carlas Beziehung zu einem »Neger« betreffend, er missversteht und durch die er sich in eine Geschichte hineingezogen fühlt, mit der er nichts zu tun haben will: »was geht mich die Tochter der Frau Behrend an? es ist, als ob ich in etwas versinke, es ist die Herkunft, das alte Zuhause des Vaters […], die Enge, es sind Sümpfe.« Er lässt Frau Behrend ausrichten, dass er am Abend im Bräuhaus sein würde, wo sie ihn, wenn sie wolle, treffen könne (II, 130).

Im Stehausschank des Italieners, in dem er ein deutsches Mädchen kennenzulernen hofft, verstrickt er sich mit dem Wirt in eine Diskussion darüber, wie man Europa gegen den Osten verteidigen müsste (II, 176). Als der Italiener Hitler als ›großen Mann‹ bezeichnet, droht ein Streit. Richard bricht das Gespräch ab, »weil es ihm peinlich war, sich zu streiten, und weil er sich ärgerte. Er war nicht hergekommen, um sich zu streiten. Er konnte sich nicht streiten […]. Er war aber auch nicht hergekommen, um seine amerikanischen Grundsätze zu verleugnen; die Grundsätze, auf die er so stolz war.« Aber der Vorfall verunsichert ihn: »Er dachte ›man verliert hier jeden Halt‹« (II, 177).

Auf dem Weg zum Bräuhaus trifft er ein Fräulein, das er anspricht. Er hat Bedenken, da man ihn vor deutschen Mädchen mit Krankheiten gewarnt hat (II, 190). Im Bräuhaus bemerkt er, dass er beobachtet wird, und vermutet (richtig), dass es sich um Frau Behrend handeln könnte. Um der Begegnung zu entgehen, küsst er das Fräulein (II, 194).

Kurz darauf wird er Zeuge des Aufruhrs vor dem Klub der amerikanischen Soldaten. Er eilt seinem Landsmann Christopher Gallagher zu Hilfe, der die Menge zu beruhigen versucht. Richard fühlt sich aufgerufen, »Amerika zu verteidigen, das schwarze Amerika, das hinter ihm lag, das dunkle Amerika, das sich hinter zerbrochenen Fenstern und wehenden roten Vorhängen versteckte« (II, 208). Dabei wird er von den Steinen getroffen, die die Menge nach Washington wirft (II, 210).