Der junge Gelehrte (1747/1754)

Verfasserin: Esther Schmalkuche

Chrysander

Kaufmann, Vater des »jungen Gelehrten« Damis und Vormund Julianes. Damis verhöhnt ihn für seine Angewohnheit, seine Rede dilettantisch mit lateinischen Phrasen zu schmücken. Als sich herausstellt, dass Chrysander seinem Mündel durch einen Prozess ein beträchtliches Erbe sichern kann, will er Juliane mit seinem Sohn verloben. Rücksichtslos setzt er sich darüber hinweg, dass Valer, den Juliane liebt, bereits um ihre Hand angehalten hat. Je nach Aussicht auf seinen Gewinn ändert Chrysander seine Entscheidung mehrfach. Erst als Damis seine Heiratspläne wieder verwirft und Valer ihm Julianes Vermögen in Aussicht stellt, willigt er in die Verbindung Julianes mit Valer ein.

Damis

Der »junge Gelehrte«, Namensgeber des Stücks. Der Sohn des Chrysander versteht sich als Universalgelehrter: Er sei »ein Philolog, ein Geschichtskundiger, ein Weltweiser, ein Redner, ein Dichter« (III, 3; LM I, 342) und beherrsche – obwohl erst 20-jährig – bereits sieben Sprachen (I, 1; LM I, 284). Er hat eine Abhandlung über die Monaden an die Preußische Akademie geschickt und rechnet jeden Tag mit einem Brief aus Berlin, der ihm den Preis der Akademie zuspricht. Damis nutzt jede Möglichkeit, mit seiner Gelehrsamkeit zu prahlen, die sich indes im Verlauf des Stückes als weltfremde Büchergelehrtheit und geistloses Pedantentum enthüllt.

Als Chrysander ihn zu einer Verlobung mit Juliane drängen will, reagiert er zunächst ablehnend. Erst als Lisette Juliane bei ihm schlecht macht, um Chrysanders Pläne zu hintertreiben, ändert er seine Meinung und will Juliane nun gerade wegen ihres angeblich schlechten Charakters heiraten, weil er überzeugt ist, dass eine böse Frau den Ruhm eines Gelehrten unsterblich macht: »Der Charakter eines solchen Eheteufels, wird auf den Meinigen ein gewisses Licht werfen« (III, 4; LM I, 345). Auf diesem Standpunkt beharrt er, selbst als Chrysander die Verbindung wieder lösen will.

Als er erfährt, dass er den Preis der Akademie nicht bekommen wird, gibt er seine Heiratspläne auf: Ein wohlmeinender Freund hat seine Abhandlung gar nicht erst eingereicht, um ihn vor einer weiteren Blamage zu schützen, nachdem er bereits in einer ›Gelehrten Zeitung‹ als schreib- und geltungssüchtiges »Gelehrtchen« verspottet worden ist (III, 15; LM I, 367). Empört beschließt Damis, das »undankbare Vaterland« zu verlassen und sein Genie »fremden Ländern« zur Verfügung zu stellen (ebd.). Und dabei kann er eine Ehefrau nicht gebrauchen (III, 18; LM I, 370).

Valer

Liebt Juliane aufrichtig und rechnet mit Chrysanders Einverständnis zu ihrer Heirat. Als dieser Juliane ihres Erbes wegen mit seinem Sohn Damis verlobt, versucht Valer, Vater und Sohn umzustimmen und appelliert an beider Mitgefühl, Vernunft und Gerechtigkeitssinn. Allerdings behandelt man ihn abschätzig und bagatellisiert seine Lage. Charakterstärke zeigt Valer darin, Damis, den früheren Freund, auf die Lächerlichkeit und Durchschaubarkeit seines Verhaltens hinzuweisen, ohne ihn bloßzustellen.

Er bespricht sich mit Lisette (II,2), hat aber selbst keine Ideen, wie er seinen Wünschen näherkommen könnte, und überlässt alles Lisette. Vor ihrer List mit dem gefälschten Brief schreckt er zurück (II, 2; II, 15), verspricht ihr aber dennoch, ihr eine Aussteuer zu zahlen, wenn sie erfolgreich sein sollte (II,2; LM I, 311). Erst am Ende trägt er aktiv zur Lösung bei, indem er Chrysander mit dem Argument überzeugt, Juliane werde ihm ihr Erbe freiwillig überlassen, und unterstreicht damit erneut die Aufrichtigkeit seiner Liebe: »Ich habe Julianen geliebt, da sie zu nichts Hoffnung hatte. Ich liebe sie auch noch, ohne die geringste eigennützige Absicht« (III, 18; LM I, 370).

Juliane

Schön und tugendhaft, Tochter eines verstorbenen Freundes von Chrysander und seit ihrem elften Lebensjahr dessen Mündel. Als Chrysander erkennt, dass er ihr durch einen Prozess das verloren geglaubte väterliche Vermögen sichern kann, verlobt er sie mit seinem Sohn Damis. Obwohl Juliane Valer liebt und Chrysanders eigennützige Motive durchschaut, stimmt sie der Verbindung aus vermeintlicher Dankespflicht zu. Valers Einwänden entgegnet sie: »Sie sind selbst tugendhaft, Valer, und Ihr Umgang hat mich edler denken gelehrt. Mich Ihrer werth zu zeigen, muß ich meine Pflicht, auch mit dem Verluste meines Glückes, erfüllen« (II, 1; LM I, 306). Die Loyalität der »allzugewissenhafte[n] Juliane« (II,1; LM I, 307) geht sogar so weit, dass sie ihren Vormund zu ihrem eigenen Nachteil darüber aufklärt, dass der Brief seines Dresdener Advokaten, aufgrund dessen Chrysander seine Pläne schon aufgegeben hat, eine Fälschung ist.

Anton

Damis’ Bedienter ist auf den ersten Blick von gutmütig-naivem Charakter. Er zeichnet sich aber, vor allem im Umgang mit Damis, durch seine gewitzte, lebenskluge Art aus. Dass er auf die hochtrabenden Belehrungen seines Herrn mit Spott und Ironie reagiert, bemerkt Damis nur, wenn Anton im Übermut den Bogen überspannt. Wie gut er Damis einzuschätzen weiß, bemerkt auch Chrysander, der ihm eine Belohnung verspricht, sollte er Damis von einer Verlobung mit Juliane überzeugen können. Anton lässt sich allerdings bald von Lisette dafür einnehmen, dies zugunsten von Juliane und Valer zu verhindern. Dafür stellt Lisette ihm nicht nur eine finanzielle Entlohnung durch Valer, sondern auch eine gemeinsame Zukunft in Aussicht.

Lisette

Bediente des Hauses, Mädchen und Vertraute Julianes. Unverhohlen ihre Meinung bekundend, macht sie sich über Damis’ Verblendung lustig, auch wenn er ihr zuvor noch »Mutterwitz« zugestanden hatte (I, 4; LM I, 292). Sie entdeckt, dass Chrysander Julianes Heirat mit Damis aus Geldgier plant. Listig versucht sie, dies zu verhindern und die Verbindung von Juliane und Valer zu ermöglichen.

Nachdem ihr Versuch, Juliane bei Damis in ein schlechtes Licht zu stellen, nicht den gewünschten Erfolg hat, vielmehr Damis‘ Interesse an der Heirat überhaupt erst geweckt hat, überredet sie Anton, Chrysander einen gefälschten Brief seines Dresdener Advokaten zuzuspielen, der ihn von der Aussichtslosigkeit des Gerichtsverfahrens überzeugen soll, mit dem er Julianes Erbe glaubte zurückholen zu können (vgl. II,2; LM I, 309 f.). Dafür verspricht sie Anton die Ehe, die den beiden durch die Mitgift, die Valer ihr zum Dank für ihre Hilfe versprochen hat, möglich wird.

Wer in dieser Ehe die Hosen anhaben wird, steht außer Frage: »Höre doch!«, ermahnt sie ihn, als er ihren Plänen nicht sogleich zustimmt, »du willst mein Mann werden, und einen Willen für dich haben?« (II,3; LM I, 316).