Ferwalter, Mrs.
Mutter von Marie Cresspahls Freundin Rebecca, geb. 1922 in einem Dorf in der östlichen Slowakei, 1944 KZ Auschwitz, später KZ Mauthausen, 1947 Eheschließung mit Mr. Ferwalter aus Budweis, 1958 Emigration in die USA.
45-47 Gesine hat sie bald nach ihrer Ankunft in New York auf einem Spielplatz im Riverside Park kennengelernt, auf dem Mrs. Ferwalter gewöhnlich mit ihrer Tochter die Sabbatvormittage verbringt. Sie hatte Gesine deutsch sprechen gehört und ihr vorgeschlagen, dass die beiden Töchter miteinander spielen könnten. – Sie ist »eine kleine, zu beleibte Frau«, eine »stämmige Person, die gern Hängekleider in roten Farben trägt«, ihr Gesicht ist »zugepackt mit Alter, festgehalten in einem starren Ausdruck von Abscheu, den sie nicht ahnt«. Sie ist Jahrgang 1922, sieht aber aus wie eine Sechzigjährige. – Als Gesine sie zum ersten Mal traf, sah sie »die Nummer, die innen in ihren linken Unterarm tätowiert war«.
Mrs. Ferwalter hat eine Schwäche für alles Europäische, Marie sei ein europäisches Kind. Sie ist Jüdin, stammt aus einem ruthenischen Dorf im Osten der Slowakei. Wurde dort Opfer der Judenverfolgung, 1944 ins Konzentrationslager Mauthausen verschleppt. 1947 heiratete sie Mr. Ferwalter, einen »Sattler, der in Budweis ein kleines Geschäft mit Lederwaren betrieb«. Nach dem »Putsch der Kommunisten« wanderten beide aus und kamen 1958 »über die Türkei, Israel, Canada« in die USA. – »Die Ärzte nennen das Fett in ihren Schultern, ihrem Nacken, am ganzen Leibe einen Ausdruck des KZ-Syndroms«, wozu auch ihre ständige Unruhe und ihre Schlaflosigkeit zählen. – »Sie hat Heimweh nach dem Geschmack des Brotes in Budweis und vielleicht hat sie in diesen sechs Jahren an Gesine festgehalten mit Telefonanrufen und Spaziergängen und Gesprächen im Riverside Park, weil diese Deutsche den Geschmack des Brotes kennt, den sie entbehrt.«
172 »Bei Ferwalters waren wir noch nie zum Essen eingeladen. Wir sind mit ihnen befreundet. Wir bleiben für sie die Gois.«
301 Mrs. Ferwalter empfiehlt Gesine Herrn Kreslil als Tschechisch-Lehrer.
661 Sie lässt sich von Dmitri Weiszand über Gesine ausfragen, erzählt ihm, dass sie Tschechisch-Unterricht bei Prof. Kreslil nimmt.
788-794 »Mrs. Ferwalter hat einen Teil ihres Lebens verloren in den Konzentrationslagern der Deutschen«, aber die »guten Deutschen« sind für sie entschuldigt: »Sie haben es nicht gewußt.« Sie leidet immer noch an den Folgen der KZ-Haft, kann nicht schlafen. – Weiteres über ihre Vorliebe für alles Europäische. – »Von Negern denkt sie unduldsam und glaubt allen Ernstes, Gott habe diese gemacht, in Schmutz und Armut und Sünde zu leben.« Solange Francine bei Cresspahls wohnt, darf Rebecca Marie nicht zu Hause besuchen. – Vertritt ein streng orthodoxes Judentum. Maries freie Erziehung betrachtet sie mit »entsetztem Mißtrauen«. – Die Ferwalters wohnen in einer Seitenstraße des Riverside Drive, alle Fenster ihrer Wohnung gehen zum Hof. – Vor D.E. hat sie zunächst Angst, er erinnert sie an K.Z.-Aufseher. Später schätzt sie ihn und legt sogar ein gutes Wort für »Professor Erichson« ein, als sie zu wissen glaubt, dass Gesine mit de Rosny ein Verhältnis hat. Das hat ihr Mr. Weiszand erzählt.
981-982 Ferwalters feiern das Passah-Fest nach den orthodoxen Regeln. Ihr Passahgeschirr stammt aus Deutschland. Auf Gesines Bitte hatte Karsch es besorgt und zollfrei nach New York geschickt. Es ist ein Service von Rosenthal.
1165-1169 Der Prager Frühling interessiert Mrs. Ferwalter nicht. – Im Mai 1968 bekommt sie die Einbürgerungspapiere, sie kann es »nicht verbergen, daß die Aussicht auf den amerikanischen Paß ihr bevorstand wie eine neue schützende Hülle«. Mrs. Ferwalter teilt Gesine und Marie ihr Glück mit. Die Staatsbürgerschaft eröffnet ihr auch die Aussicht auf individuelle Wiedergutmachung aus Deutschland. Um zu beweisen, dass sie unter deutscher Herrschaft gelebt hat, muss sie Deutschkenntnisse nachweisen. Gesine und Marie helfen ihr, einen Brief auf Deutsch zu schreiben. Mrs. Ferwalter feiert den Tag ihrer Einbürgerung mit einer Taxifahrt und lädt die Cresspahls zum ersten Mal in ihre Wohnung ein.
1785-1789 Sie erzählt Gesine von ihrem Leben in Konzentrationslagern. »So wie wir hier sprechen habe ich mit dem Mengele geredet. Ich wurde selektiert ins Magazin als Einweiserin.« – »Das eigentlich Schlimme war: daß die Deutschen die Juden zwangen, einander umzubringen. Verwandte ins Feuer zu werfen bei lebendigem Leibe.«
Vgl. auch 37. 118. 175. 323. 477. 574. 585. 1133. 1301. 1663.