Kedescha (Kedesche, Kadischtu, Bestrickende)
Tempeldienerin, Tempelprostituierte (griech. Hierodule), die im Roman auch »Bestrickende« genannt wird (IV, 494, V, 1088 u.ö.). – Den von Ischtar (als Liebesgöttin) geplagten Juda (IV, 88) bringt der »Umgang mit Kedeschen und Ischtar-Huren [...] der Baals-Sphäre und ihren Greueln und Narrheiten nahe« (IV, 493). – Kedeschen tragen einen Schleier, weshalb die Brüder Joseph, nachdem der Vater ihm die Ketônet passîm geschenkt hat, derb verspotten: »Seit wann gehen Bestrickende ohne Schleier spazieren?« (IV, 494) Judas Schwiegertochter Thamar verschleiert sich als Kedescha, um ihren Schwiegervater zu verführen (V, 1572 f.).
Die verliebte Mut-em-enet, in der »Wahlklemme zwischen Geistes- und Fleischesehre« (V, 1087), müht sich, den Zwiespalt wegzudenken, indem sie sich selbst als Kedescha vorzustellen versucht, als »die Geweihte und Makellose, die Kedescha, die eine ›Bestrickende‹ war, will sagen eine Hurerin auf der Straße. Ihrer war der Schleier; und ›makellos‹ waren diese Kadischtu, wie das Tier es ist, das eben seiner Makellosigkeit wegen zum Gottesopfer bestimmt ist im Feste« (V, 1088).
Thomas Manns Gewährsmann Jeremias I (327) erläutert mit Bezug auf Thamar und Genesis 38,14 ff.: »Thamar wird kedeša (babyl. kadištu) genannt, d.h. eigentlich ›die Geweihte‹, die Tempelprostituierte, dann Hure. [...] Die Namen Kadeš und Kedeš (Heiligtum?) bezeugen Kedešen-Kult in Kanaan. Im Babylonischen heißt kadištu auch zunächst wie šamhatu, harimtu (›die Bestrickende‹?) ›die dem Dienst der Ištar Geweihte‹ [...], dann die Straßendirne. Das Ištar-Zeichen ist der Schleier. Er gehört deshalb zur Ausstattung der kedeša.« – Weiteres bei Benzinger (128, 356 f.), Mereschkowskij (141 f.), Meissner (II, 68-71), Jeremias (II, 476 f.). – Vgl. auch Hierodule und Enitu.