Enitu

Der Erzähler vergleicht Josephs ›bräutliches‹ Verhältnis zu Gott mit babylonischen Tempelfrauen, die, »der Ischtar oder Mylitta heilig, ehelos aber zu frommer Hingabe verpflichtet, in Tempelzellen wohnten und ›Reine‹ oder ›Heilige‹, auch ›Bräute Gottes‹, ›enitu‹, genannt wurden«: Von ihrem »Lebensgefühl« sei auch etwas in seinem, wozu einerseits »Strenge und Verlobtheit« gehörten, andererseits aber auch »ein gewisser Einschlag von spielender Phantasterei« (IV, 50).

Vor Jaakobs Hochzeit kündigt sein angehender Schwiegervater Laban prahlerisch an, dass er der Braut über die Mitgift hinaus einen kostbaren Brautschleier schenken werde, die Ketônet passîm, in die sie ihr Haupt hüllen werde, denn sie sei eine »Makellose« und solle sein »wie der Enitu eine, gleich der Himmelsbraut, die die Priester alljährlich beim Ischtarfest zu Babel dem Gotte zuführen und führen sie hinauf vor allem Volk über des Turmes Treppen und durch die sieben Tore und nehmen ihr ein Stück ihres Schmuckes und ihres Gewandes an jedem Tore und am letzten das Schamtuch, und führen die heilig Nackende ins oberste Bettgemach des Turmes Etemenanki. Da empfängt sie den Gott auf dem Bette in dunkelster Nacht, und überaus groß ist das Geheimnis« (IV, 294 f.). Jaakob macht dazu nur »Hm« (IV, 295).

»Enitu« (Entu) ist nach Meissner der Titel der »Oberpriesterin« (Meissner II, 69). Die Übersetzung »Bräute Gottes« übernimmt TM von Mereschkowskij (141) und Jeremias (II, 476, Anm. 6), die die Entu/Enitu mit den Kedeschen bzw. Hierodulen gleichsetzen (vgl. Mereschkowskij 141 f., Jeremias II, 476 f.), während Meissner sie von den »eigentlichen Vertreterinnen der Tempelprostitution« (Hierodulen) unterscheidet (Meissner II, 70). – Labans Darstellung des Rituals beim Ischtarfest, das Ischtars Unterweltsfahrt wiederholt (vgl. IV, 456), folgt vermutlich der Beschreibung bei Mereschkowskij (141 f.). 

Letzte Änderung: 18.03.2018  |  Seitenanfang / Lexikon   |  pfeil Zurück