Menasse (Manasse, Manasseh)
Erster Sohn Josephs, Bruder des jüngeren Ephraim. Sein Name bedeutet »Gott hat mich vergessen lassen all meine Bindungen und mein Vaterhaus« (V, 1528). Die Namenswahl sei »nur wenig ernst gemeint«, betont der Erzähler, sondern nur eine »Floskel der Höflichkeit«, denn tatsächlich habe Joseph natürlich nichts vergessen (V, 1534; vgl. auch V, 1590). Menasse ist, anders als sein jüngerer Bruder Ephraim, »sehr hochnäsig, da er sich auf sein Sonnenpriester-Geblüt von seiten der Mutter noch mehr zugute tat als auf den Ruhm seines Vaters« (V, 1780).
Als er und Ephraim den Großvater Jaakob zum ersten Mal sehen, sind sie »infantenhafte Kavaliere von Anfang Zwanzig« (V, 1771) und sichtlich »Kinder der Hochkultur, manikürt, coiffiert, parfümiert und gepinselt«, zwei junge Stutzer, deren »Stutzertum« ihnen freilich nach Überzeugung des Erzählers, sieht man von Menasses Hochnäsigkeit ab, nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, weil es sich »gesellschaftlich von selbst ergab« (V, 1779 f.).
Menasse schlägt »ganz ins Mütterlich-Ägyptische« (V, 1696), ähnelt seiner Mutter Asnath, während sein Bruder Ephraim nach dem Vater kommt und Rahels Augen hat (vgl. V, 1780). Deshalb sagt Juda voraus, dass der Großvater den jüngeren Ephraim vorziehen wird: »Du sollst sehen, Jaakob wird dem Ephraim gönnen und wird in seinem Munde nicht heißen: Manasse und Ephraim, sondern Ephraim und Manasse.« (V, 1696) Und so geschieht es auch: Von der ersten Begegnung mit den beiden Enkelsöhnen an spricht Jaakob beharrlich von »Ephraim und Menasse« (V, 1743 u.ö.). Er verfügt, dass beide in der Erbfolge als seine Söhne gelten sollen »und sollen aufgerufen sein nach meinem Namen« (V, 1782; vgl. Genesis 48,5). Er segnet sie, seinen eigenen Segensbetrug an Isaak nachahmend, mit überkreuzten Armen, so dass seine rechte Hand nicht auf dem älteren Menasse, sondern auf Ephraim liegt »und dieser zum Rechten wurde« (vgl. Genesis 48, 14-20), denn ohne »Segensbetrug ging es in seinen Augen nicht ab« (V, 1785). Auch Menasse werde »zunehmen und ein groß Volk werden«, tröstet er den Sohn, der ihn vergeblich um Korrektur bittet, aber Ephraim werde ein weit größeres Volk werden: »Wie ich's gemacht habe, hab‘ ich‘s gemacht und ist mein Wille sogar, daß es sprichwörtlich werde und eine Redeweise in Israel, also daß, wenn einer jemanden segnen will, so soll er sprechen: ›Gott setze dich wie Ephraim und Menasse.‹ Merk es, Israel!« (V, 1786)
Die beiden Jünglinge sind während der Segenshandlung des »ausländischen Großvaters« nicht recht bei der Sache, eher »etwas wütend, besonders Menasse«, weil sie wegen dieser Zeremonie eine Verabredung zur Gazellenjagd absagen mussten (V, 1784 f.). Auch die Vertauschung berührt sie wenig, und das »mit Recht insofern, als die heilige Fiktion, die sie zu Söhnen Jaakobs […] machte, an ihrem persönlichen Dasein nichts änderte«. Denn sie »verbrachten ihr Leben als ägyptische Edelleute«, und erst »einzelne ihrer Enkel« schlossen sich den Hebräern an, »so daß gewisse Gruppen der Sippschaft, die eines Tages von Keme nach Kanaan zurückwanderte, sich von Ephraim und Menasse herleiteten« (V, 1786). Auch haben »Nachforschungen« des Erzählers ergeben, »daß auf der Höhe ihrer Entfaltung die Leute Menasse‘s um gut zwanzigtausend Seelen mehr betrugen denn Ephraims Leute. Aber Jaakob hatte seinen Segensbetrug gehabt.« (V, 1786 f.)
Vgl. die Übersicht zur Genealogie und die Karte der Stammesgebiete Israels.